Leitsatz (amtlich)
1. Beenden die Parteien den Rechtsstreit durch Prozessvergleich, gilt für den Erstattungsanspruch des Streithelfers wegen der Bezugnahme in § 101 Abs. 1 ZPO die Regel des § 98 ZPO sinngemäß auch für die Kosten des Streithelfers im Verhältnis zum Gegner der unterstützten Partei
2. Zur Höhe des Streitwertes für die Nebenintervention.
Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 3 O 215/17) |
Tenor
Die Klägerin trägt die Kosten der Streithilfe erster Instanz zu 70 % und zweiter Instanz zu 67 %. Im Übrigen trägt die Streithelferin die Kosten der Streithilfe selbst.
Der Streitwert der Nebenintervention wird auf 83.858,33 EUR festgesetzt
Gründe
A) Mit Schriftsatz vom 19.07.2019 hat die Streithelferin der beklagten Stadt beantragt, der Klägerin ihre Kosten entsprechend der Regelung im Vergleich vom 09.04.2019 aufzuerlegen.
Dem Antrag ist zu entsprechen.
I. Der Antrag der Streithelferin, eine Kostengrundentscheidung über die ihr durch die Nebenintervention entstandenen Kosten zu treffen, ist zulässig.
Wird der Rechtsstreit - wie hier - durch einen Prozessvergleich abgeschlossen, ohne dass der Streithelfer am Vergleich beteiligt wird, entscheidet das Gericht, bei dem der Rechtsstreit in diesem Zeitpunkt anhängig war, durch Beschluss über die Pflicht zur Tragung der durch die Nebenintervention entstandenen Kosten (vgl. BGH NJW 2014, 1021, Tz. 6).
1. Demnach ist der Senat zur Entscheidung berufen, da der Rechtsstreit bei Vergleichsschluss vor dem Senat anhängig war (vgl. OLG Frankfurt a.M. MDR 1990, 929).
2. Den für die zu treffende Kostenentscheidung erforderlichen Antrag (vgl. hierzu Musielak/Voit/Flockenhaus, 16. Aufl. 2019, ZPO § 101 Rn. 9) hat die Streithelferin gestellt.
3. Schließlich ist der Antrag entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht fristgebunden (vgl. BeckOK ZPO/Jaspersen, 33. Ed. 1.7.2019, ZPO § 101 Rn. 20; Musielak/Voit/Flockenhaus, a. a. O.).
Insbesondere findet im Streitfall § 321 Abs. 1 ZPO keine entsprechende Anwendung, da es an einer Vergleichbarkeit der Interessenlage im Falle einer Urteilsergänzung fehlt. Denn infolge einer Fristversäumung erlischt die Rechtshängigkeit des übergangenen Anspruchs (Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl., § 321 ZPO Rn. 12). Die Regelung dient daher letztlich der Rechtssicherheit im Hinblick auf den zeitnahen Eintritt der Rechtskraft des Urteils. Das gilt jedoch dann nicht, wenn - wie hier - der Rechtstreit nicht durch eine der Rechtskraft fähige gerichtliche Entscheidung beendet worden ist, daher ein Bedürfnis nach alsbaldiger Klärung im vorbezeichneten Sinne nicht besteht (vgl. OLG Köln NJOZ 2006, 2369, 2371).
II. Der Antrag der Streithelferin ist auch begründet.
Beenden die Parteien den Rechtsstreit durch Prozessvergleich, beeinträchtigt das den Erstattungsanspruch des Streithelfers nicht. Vielmehr gilt wegen der Bezugnahme in § 101 Abs. 1 ZPO die Regel des § 98 ZPO sinngemäß auch für die Kosten des Streithelfers im Verhältnis zum Gegner der unterstützten Partei (Zöller/Herget, a. a. O., § 101 ZPO Rn. 6, 8).
Die durch eine unselbstständige (nicht streitgenössische) Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91, 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen, § 101 Abs. 1 ZPO. Der sich hieraus ergebende Grundsatz der Kostenparallelität führt dazu, dass der Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten inhaltlich dem Kostenerstattungsanspruch entspricht, den die von ihm unterstützte Hauptpartei gegen den Gegner hat. Das gilt nicht nur für richterliche Kostenentscheidungen nach Maßgabe der §§ 91 - 97 ZPO, sondern, wie sich aus der Bezugnahme des § 101 Abs. 1 ZPO auf § 98 ZPO ergibt, auch bei Vereinbarungen der Parteien (nur) über die Verteilung der sie betreffenden Prozesskosten in einem Vergleich, den sie ohne Beteiligung des Nebenintervenienten geschlossen haben. Eine solche Vereinbarung ist demnach gemäß §§ 101 Abs. 1, 98 ZPO maßgeblich auch für die Verteilung der durch die Nebenintervention verursachten Kosten (vgl. BGH NJW 2011, 3721, Tz. 5; 2014, 1021, Tz. 8).
Im Falle eines Vergleichs bestimmt sich die Kostentragungspflicht nach § 98 S. 1 ZPO, wonach die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben sind, wenn nicht die Parteien etwas anderes vereinbart haben. Maßgeblich ist danach nicht nur die gesetzliche Regelung der Vergleichskosten, sondern auch eine hiervon abweichende und der gesetzlichen Zweifelsregelung vorgehende Vereinbarung der Hauptparteien im Vergleich (BGH NJW 2014, 1021, 1022, Tz. 10).
Die Regelung in § 101 Abs. 1 ZPO iVm § 98 S. 1 ZPO ist zwingend. Sie lässt eine anderweitige Verteilung der Interventionskosten, etwa nach billigem Ermessen, nicht zu (vgl. BGH NJW 2011, 3721, Tz. 6; OLG Koblenz NJW-RR 2015, 191, 192, Tz. 6).
Im Streitfall haben die Parteien eine Regelung ihrer Kostentragungspflicht im Vergleich getroffen. Danach tragen von den erstinstanzlichen Kosten des Rechts...