Leitsatz (amtlich)

1) Die im vereinfachten Verfahren nach Musterprotokoll vorgesehene Befreiung des Geschäftsführers von dem Verbot des In-sich-Geschäfts (§ 181 BGB) betrifft den Gründungsgeschäftsführer der Gesellschaft.

2) Wird dieser nach Beendigung des Gründungsakts abberufen, wirkt die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht für den Nachfolgegeschäftsführer.

 

Normenkette

GmbHG § 2; BGB § 181

 

Verfahrensgang

AG Steinfurt (Beschluss vom 15.07.2010; Aktenzeichen HRB 8723)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Am 14.1.2010 meldete der Geschäftsführer C die nach Musterprotokoll (Anlage zu § 2 Abs. 1a S. 2 GmbHG) erfolgte Gründung der "N Verwaltung Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" mit Sitz in X und mit dem Unternehmensgegenstand "Verwaltung eigenen Vermögens" zur Eintragung in das Handelsregister an. Die Anmeldung enthält unter II. Ziff. 1 folgende Vertretungsregelung:

"Die Gesellschaft hat nur einen Geschäftsführer, der die Gesellschaft alleine vertritt. Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, vertritt dieser allein. Mehrere Geschäftsführer vertreten gemeinsam.

Der Umfang der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers ist gegenüber Dritten unbeschränkt."

Unter III. der Anmeldung heißt es:

"Zum Geschäftsführer wurde bestellt:

Herr C (...)"

Die Eintragung in das Handelsregister C2 erfolgte am 3.2.2010 unter der Registernummer HRB ...1.

Mit notariellen Kauf- und Abtretungsverträgen vom 10.3.2010 erwarben die Beteiligte und Frau T2 die Geschäftsanteile der Gesellschaft. Sie beschlossen in notariell beurkundeter Gesellschafterversammlung am 10.3.2010 (UR-Nr. .../... des Notars T in X) die Änderung der Firma in "T1-Gesellschaft Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)", die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft nach J und die Neufassung des Unternehmensgegenstands in "Geschäftsführung der Firma V (haftungsbeschränkt) & Co. KG". Zur neuen Geschäftsführerin wurde Frau T2 bestellt. Die Eintragung in das Handelsregister T1 zu Registernummer HRB ... erfolgte am 22.3.2010.

In der Gesellschafterversammlung am 17.5.2010 wurde die bisherige Geschäftsführerin T2 abberufen und die Beteiligte zur neuen, einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführerin bestellt. Ihre Bestellung meldete die Beteiligte in notariell beglaubigter Form (UR-Nr. .../... des Notars M in J) zur Eintragung in das Handelsregister an.

Das Registergericht beanstandete mit Zwischenverfügung vom 26.5.2010 und mit weiterer Verfügung vom 10.6.2010, dass die allgemeine Vertretungsregelung der Gesellschaft die Einzelvertretungsbefugnis und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht vorsehe. Die Vertretungsbefugnis und Befreiung nach der Mustersatzung wirke nicht zugunsten der Beteiligten als Nachfolgerin des Gründungsgeschäftsführers. Mit Beschluss vom 15.7.2010 wies das Registergericht die Anmeldung insoweit zurück. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 29.7.2010, der das AG nicht abgeholfen hat.

II. Die Beschwerde ist nach den §§ 58 Abs. 1, 382 Abs. 3 FamFG statthaft sowie frist- und formgerecht gem. §§ 63 Abs. 1, 64 FamFG eingelegt. Der Beteiligten steht ein eigenes Beschwerderecht zu, mit dem sie ihre Eintragung als Geschäftsführerin mit dem angemeldeten Inhalt weiter verfolgen kann, § 59 Abs. 1 FamFG (vgl. BayObLG FGPrax 2000, 40; OLG Köln FGPrax 2001, 214; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl., § 59 Rz. 86).

Die zulässige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Da die betroffene Gesellschaft nach dem am 14.1.2010 geschlossenen Gesellschaftsvertrag zwei Gesellschafter hat, gilt das Musterprotokoll b) der Anlage zu § 2 Abs. 1a S. 2 GmbHG. Das Musterprotokoll weicht hinsichtlich der Vertretung der Gesellschaft von dem abstrakten Verbot von In-Sich-Geschäften (§ 181 BGB) ab und verlangt, dass die Gesellschaft einen namentlich benannten Geschäftsführer hat. In Nr. 4 des Musterprotokolls heißt es:

"Zum Geschäftsführer der Gesellschaft wird Herr/Frau ..., geboren am ..., wohnhaft in ..., bestellt. Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit."

Insoweit enthält das Musterprotokoll nach allgemeiner Ansicht keine abstrakte Regelung der Geschäftsführung für jeden auch zukünftigen Geschäftsführer der Gesellschaft, sondern nur eine Regelung der Befugnisse des bestellten, nämlich des in der Urkunde namentlich benannten Geschäftsführers. Denn mit dem vereinfachten Verfahren nach Musterprotokoll soll die Gründung einer GmbH in Standardfällen erleichtert werden (vgl. Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 2 Rz. 16). Wird nach Beendigung des Gründungsakts der Gründungsgeschäftsführer abberufen und ein neuer Geschäftsführer bestellt, wirkt die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB deshalb nicht fort (OLG Rostock GmbHR 2010, 872; T GmbHR 2009, 827; Hueck/Fastri...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?