Normenkette
BGB § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1; ZPO § 233 ff; VVG § 22
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 18 O 222/14) |
Tenor
Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Die Berufung ist nach diesem Hinweisbeschluss zurückgenommen worden.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte als Bezugsberechtigte einer von ihrem verstorbenen Ehemann abgeschlossenen Risikolebensversicherung auf Auszahlung der Versicherungssumme in Anspruch, die die Beklagte nach Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung verweigert.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtene Urteils verwiesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte den Versicherungsvertrag wirksam angefochten habe. Der Ehemann der Klägerin habe bei Beantragung der Versicherung arglistig über seinen Gesundheitszustand getäuscht, indem er unstreitige Arztbesuche und insbesondere einen stationären Krankenhausaufenthalt im abgefragten Zeitraum nicht angegeben habe. Dass der Ehemann diesen Krankenhausaufenthalt bei Antragstellung vergessen habe, sei entgegen dem Vortrag der Klägerin nicht anzunehmen, weil dies angesichts von Anlass und Dauer der Behandlung nicht plausibel sei.
Die Anfechtung sei entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht auch wirksam ihr gegenüber erklärt worden, weil sie und nicht die Erben des Ehemannes als Bezugsberechtigte Erklärungsadressat der Anfechtung sei. Dies ergebe sich schon aus § 7 Abs. 16 der ABRis 2008, die wirksam in den Vertrag einbezogen seien, und im Übrigen daraus, dass die Ansprüche aus dem Vertrag allein der Klägerin als Bezugsberechtiger zustanden und nicht in die Erbmasse gefallen seien.
Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigtem der Klägerin am 08.06.2015 zugestellt worden. Am 10.07.2015 ist der Berufungsschriftsatz vom 07.07.2015 beim Berufungsgericht eingegangen. Trotz des Vermerks "vorab per Fax" ließ sich ein Faxeingang am 07.07.2015 nicht feststellen.
Am 10.08.2015 ist die Berufungsbegründung vom 09.08.2015 per Fax beim Berufungsgericht eingegangen, worauf dem Klägervertreter mit Schreiben vom 26.08.2015, zugestellt am 08.09.2015, mitgeteilt worden ist, dass die Berufung verspätet eingelegt worden und als unzulässig zu verwerfen sei. Darauf hat der Klägervertreter für die Klägerin mit Schriftsatz vom 09.09.2015, welcher am selben Tag per Fax beim Berufungsgericht eingegangen ist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und vorgetragen, seine Büroangestellte habe den Berufungsschriftsatz am 07.07.2015 weisungsgemäß mit dem kanzleieigenen Fax-Gerät an die Fax-Nummer des Berufungsgerichtes übersandt, worauf das Gerät mit Sendebericht vom 07.07.2015 einen Sendevorgang von 3.45 Minuten und als Sendeergebnis "ok" bestätigt habe. Der Klägervertreter legt zur Glaubhaftmachung den Sendebericht vom 07.07.2015, ein entsprechendes Sendejournal vom 21.07.2015 sowie eine eidesstattliche Erklärung der Kanzleiangestellten vom 10.09.2015 vor.
In der Sache hält die Klägerin mit ihrer Berufung daran fest, dass die Anfechtung der Beklagten nicht wirksam sei.
Die Täuschung der Beklagten über den Krankenhausaufenthalt des verstorbenen Ehemannes sei nicht arglistig erfolgt. Das LG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass derjenige, der sich auf das Vergessen eines anzeigepflichtigen Umstandes berufe, die Beweislast dafür trage, dass der Umstand zum Zeitpunkt der Erklärung vergessen war. Damit werde die Beweislast für die vom Versicherer behauptete arglistige Täuschung ausgehöhlt.
Im Übrigen falle der nicht mitgeteilte Krankenhausaufenthalt auch nicht in den abgefragten 5-Jahreszeitraum.
Zudem sei die Klägerin nicht die richtige Erklärungsadressatin für die Anfechtungserklärung. Das LG sei insoweit zu Unrecht davon ausgegangen, dass die von der Beklagten vorgelegten AVB wirksam in den Versicherungsvertrag einbezogen seien. Richtigerweise hätte die Anfechtung daher gegenüber den Erben des verstorbenen Ehemanns erklärt werden müssen, die mit dem Tod des Versicherungsnehmers Vertragspartner der Beklagten geworden seien.
II.1. Der Klägerin ist auf ihren Antrag gem. § 238 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren, weil sie mit ihrem fristgerechtem Antrag gem. §§ 234, 235 ZPO glaubhaft gemacht hat, dass sie die Frist unverschuldet iSd § 233 ZPO versäumt hat. Zwar lässt sich die Übersendung der Berufungsschrift per Fax am 07.07.2015 in der Fax-Eingangsstelle des Berufungsgerichts nicht feststellen. Jedoch hat der Klägervertreter mit Vorlage des Sendeberichts und Sendejournals seines Faxgerätes glaubhaft gemacht, dass am 07.07.2015 eine Faxsendung an das Berufungsgericht versandt worden ist, die vom Umfang der Berufungsschrift nebst Anlagen entsprach. Mit Vorlage der eidesstattlichen Versicherung seiner Kanzleiangestellten ist...