Verfahrensgang
AG Bad Oeynhausen (Entscheidung vom 13.06.2012; Aktenzeichen 4 a Ds 238/11) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bad Oeynhausen - Jugendrichter - zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bad Oeynhausen - Jugendrichter - sprach den Angeklagten mit Urteil vom 13. Juni 2012 des Landfriedensbruchs in Tateinheit mit versuchter Sachbeschädigung schuldig. Es erteilte ihm die Weisung, achtzig Stunden unentgeltlicher gemeinnütziger Arbeit zu erbringen und setzte einen Freizeitarrest gegen ihn fest. Dabei bezog es eine Auflage aus einer früheren Verurteilung ein.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, die er auf die Verletzung materiellen Rechts stützt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Die rechtzeitig eingelegte und form- und fristgerecht begründete Revision des Angeklagten hat - zumindest vorläufig - Erfolg.
Das Urteil ist auf die Sachrüge hin aufzuheben, da sowohl die Feststellungen als auch die Beweiswürdigung in den Urteilsgründen lückenhaft sind und daher die Verurteilung des Angeklagten nicht tragen:
1. Die Tatsachenfeststellungen lassen keine vollständige revisionsrechtliche Überprüfung des Urteils zu. Hierin liegt ein sachlich-rechtlicher Fehler des Urteils. Nach § 267 Abs. 1 S. 1 StPO (i. V. m. § 2 Abs. 2 JGG) müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Das erfordert eine in sich geschlossene und vollständige Darstellung aller äußeren und inneren Tatsachen, damit erkennbar wird, auf welche tatsächliche Grundlage der Tatrichter seine rechtliche Beurteilung gestützt hat (BGH NStZ 1990, 496). Alle Elemente der Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld müssen durch Tatsachen belegt sein (OLG Hamm, NStZ-RR 2002, 167).
Diesen Voraussetzungen wird das angefochtene Urteil nicht in vollem Umfang gerecht. Das Amtsgericht führt als Feststellungen zur Sache Folgendes aus:
"Am 03.09.2011 nahm der Angeklagte gegen 14:00 Uhr an einer Demonstration gegen einen zeitgleich stattfindenden Aufmarsch der rechten Szene in der K teil. Im Bereich N-Straße./Ecke T-Straße vermummte sich ein Teil der zumeist vollständig in dunkel gekleideten ca. 300 Angehörigen der Gruppe, in der sich der Angeklagte befand, der mit einer Jeans und einem dunklen Kapuzenpullover und dunklen Sportschuhen bekleidet war, sich das Gesicht jedoch nicht vermummt hatte, zeitweise sich jedoch die Kapuze seines Pullovers überzog.
Der Angeklagte schleppte mit 5 - 10 weiteren, nicht identifizierten Personen Sperrmüll, der an der Straße gelagert war, auf die Fahrbahn und zündete diesen mit einem Feuerzeug an. Anschließend war[f] er einen nicht identifizierten, offenbar brennenden Gegenstand in eine Altpapiertonne, die daraufhin zu qualmen begann. Die gesamte Gruppe begab sich daraufhin zur M-Straße, wo der Angeklagte mit anderen Personen aus der großen Gruppe einen Bauzaun und Baustellenschilder auf die Fahrbahn warf und vergeblich versuchte, Rohre und Kabel aus dem Boden zu ziehen."
Die Urteilsgründe enthalten keine ausreichenden Angaben dazu, ob § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB in der Variante der Gewalttätigkeiten gegen Sachen erfüllt ist. Die Tatsachenfeststellungen des Urteils müssen das Handeln des Täters und alle weiteren rechtlich bedeutsamen Umstände so genau beschreiben, dass eine Subsumtion aller Tatbestandsmerkmale möglich wird und so geprüft werden kann, ob der Täter den Tatbestand verwirklicht hat oder ob er freizusprechen ist. Daran fehlt es:
a) Den Feststellungen lässt sich zwar entnehmen, dass sich der Angeklagte als Täter an Gewalttätigkeiten gegen Sachen beteiligte, indem er den Sperrmüll anzündete, einen brennenden Gegenstand in die Altpapiertonne warf, mit anderen Personen einen Bauzaun und Baustellenschilder auf die Fahrbahn warf und versuchte, an der Baustelle Rohre und Kabel aus dem Boden zu ziehen. Keine Gewalttätigkeit gegen Sachen ist demgegenüber das bloße Verbringen von Sperrmüll auf die Straße, weil diese Handlung nicht ohne weiteres geeignet ist, zu Sachbeschädigungen zu führen (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl. 2012, § 125 Rz. 4). Auch wurden die Gewalttätigkeiten nach den Feststellungen aus einer Menschenmenge, nämlich der Gruppe von rund 300 Demonstranten, in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise begangen.
b) Der Tatbestand des § 125 Abs. 1 StGB setzt jedoch weiter voraus, dass die Gewalttätigkeiten "mit vereinten Kräften" begangen werden.
(1) Ob dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt ist, kann anhand der vorhandenen Feststellungen nicht beurteilt werden. Denn dafür kommt es nicht allein auf das Verhalten des Angeklagten, sondern auch auf das Verhalten der Menschenmenge im Übrigen und auf ihre Interaktion mit dem Angeklagten an; hierzu fehlen tatsächlic...