Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung einer Geschäftsgebühr auf Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts
Normenkette
RVG § 58 Abs. 2; RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Iserlohn (Beschluss vom 18.10.2006) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des AG - FamG - Iserlohn vom 18.10.2006 wie folgt abgeändert:
In Abänderung des Festsetzungsbeschlusses des AG - FamG - Iserlohn vom 12.6.2006 werden die der Beteiligten zu 1) aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 851,44 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat auch in der Sache Erfolg.
Ihr steht eine Vergütung aus der Staatskasse zu, wie mit ihrem - korrigierten - Kostenfestsetzungsantrag vom 13.12.2005 geltend gemacht.
Sie macht - im Ergebnis - zu Recht geltend, dass vorliegend eine Kürzung ihrer Vergütung als beigeordnete Rechtsanwältin nicht stattfindet.
I. Dies ergibt sich entgegen ihrer Ansicht indes nicht aus der in der Literatur und Rechtsprechung zum Teil vertretenen Ansicht, wonach ein beigeordneter Rechtsanwalt auch den Teil der Geschäftsgebühr, den er sich auf die Verfahrensgebühr anrechnen lassen muss, zunächst nach § 58 II RVG verrechnen kann (so u.a. Enders in JurBüro 2005, 281 ff. sowie OLG Frankfurt in JurBüro 2007, 149 f.). Diese Ansicht, wonach der Rechtsanwalt Vorschüsse und Zahlungen, welche er von seinem Mandanten erhalten hat, erst dann auf seinen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse verrechnen muss, wenn die Differenz zwischen der Vergütung als Wahlanwalt und derjenigen als beigeordneter Anwalt größer ist als der nach den Vorbemerkungen 3 Abs. 4 des VV zum RVG anzurechnende Teil der Geschäftsgebühr, ist nach Ansicht des Senats in dieser Allgemeinheit nicht haltbar. Eine Begründung für diese Ansicht findet sich in den angegebenen Zitatstellen nicht.
II. Die Frage, ob und in welchem Umfang Vorschüsse und Zahlungen auf eine Geschäftsgebühr gem. Ziff. 2400 RVG a.F. (Ziff. 2300 n.F.) zu verrechnen sind, wenn diese Geschäftsgebühr auf eine in dem nachfolgenden Verfahren entstehende Verfahrensgebühr zur Hälfte anzurechnen ist, ist in dem RVG nicht ausdrücklich geregelt. Die Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr auf eine sich anschließende Verfahrensgebühr rechtfertigt sich daraus, dass der Aufwand des Rechtsanwalts in dem Rechtsstreit ungleich geringer ist, wenn er bereits vorgerichtlich mit der Angelegenheit befasst war. Zudem soll durch die Anrechnung eine außergerichtliche Erledigung gefördert werden. Die Anrechnungsvorschrift des § 58 Abs. 2 RVG soll hingegen eine Ungleichbehandlung des beigeordneten Rechtsanwalts gegenüber einem Wahlanwalt vermeiden, wenn er für seine Tätigkeit von anderer Seite als von der Staatskasse erhält.
Aufgrund einer Auslegung anhand von Sinn und Zweck dieser Vorschriften ergibt sich aber - entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) - auch nicht, dass die Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr in jedem Fall und unabhängig von der Vorschrift des § 58 II RVG auf die Verfahrensgebühr des beigeordneten Rechtsanwalts zu erfolgen hat. Dafür, dass mit der Anrechnungsvorschrift nach den Vorbemerkungen 3 Abs. 4 des VV zum RVG die Vergütung des Rechtanwalts, die dieser als Wahlanwalt erhalten hat, uneingeschränkt auf die geringere Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts angerechnet werden soll, ist nichts ersichtlich. Diese Anrechnung würde eine unangemessene Kürzung der Gebühren des beigeordneten Rechtsanwalts bedeuten, da die volle Anrechnung der hälftigen Gebühr des Wahlanwalts, welche - ab Streitwerten von 3.000 EUR - höher ist, auf die geringere Gebühr des beigeordneten Rechtsanwalts in keinem Verhältnis zu dem Umfang der außergerichtlichen Tätigkeit einerseits und demjenigen der gerichtlichen Tätigkeit andererseits steht.
Andererseits dürfte auch die Ansicht, dass der beigeordnete Rechtsanwalt von seinem Mandanten erhaltene Vorschüsse und Zahlungen erst dann auf seinen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse verrechnen muss, wenn die Differenz zwischen der Vergütung als Wahlanwalt und derjenigen als beigeordneter Anwalt größer ist als der anzurechnende Teil der Geschäftsgebühr, nicht richtig sein. Diese Ansicht ist mit dem Wortlaut der Vorbemerkungen 3 Abs. 4 des VV zum RVG nicht zu vereinbaren, wonach die Anrechnung der Geschäftsgebühr nur auf die Verfahrensgebühr der Ziff. 3100, und nicht auf sämtliche Gebühren, zu erfolgen hat.
III. Zumindest in dem vorliegenden Fall ist die Vergütung der Beschwerdeführerin nicht wegen der Anrechnungsvorschrift der Vorbemerkungen 3 Abs. 4 des RVG-VV zu kürzen. Der Mandantin der Beschwerdeführerin wurde nämlich nur teilweise - bis zu einem Wert von 4.000 EUR - Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Beschwerdeführerin ist gleichwohl uneingeschränkt für ihre Mandanten in dem gerichtlichen Verfahren tätig geworden.
Dies bedeutet, dass die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr eines Wahlanwaltes, also auf diejenige Verfahrensgebühr zu erfolgen hat, die tatsächlich - nach einem S...