Leitsatz (amtlich)
1.
Fahrzeuganhänger mit großflächiger Werbung können genehmigungspflichtige Anlagen der Außenwerbung sein.
2.
Wer über die Erforderlichkeit einer Genehmigung für die Aufstellung eines Werbeanhängers irrt, befindet sich in einem Verbotsirrtum.
3.
Ein solcher Verbotsirrtum ist vermeidbar, da die Genehmigungsbedürftigkeit auch für den Durchschnittsbürger erkennbar ist.
Verfahrensgang
AG Herford (Aktenzeichen 11 OWi 111/06) |
Tenor
1.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
2.
Die Sache wird dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
3.
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Errichtung einer baulichen Anlage ohne die erforderliche Genehmigung zu einer Geldbuße von 150 Euro verurteilt. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts richtete der Betroffene im Winter 2005/2006 einen einachsigen Anhänger als Werbefläche für seinen KFZ-Betrieb in C ein. Die Werbefläche hatte eine Größe von 8,7 qm und wies auf den den Betrieb des Betroffenen unter Angabe der Anschrift und einer Telefonnummer hin. Den Anhänger stellte der Betroffene sodann zu Werbezwecken auf einem freien Grundstück an der T-Straße in I, ca. 11 Meter von der T-Straße entfernt, auf. Dort fiel er Anfang März Mitarbeitern des Bauamtes der Stadt I auf.
Gegen das Urteil hat der Betroffene fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und begehrt die Zulassung der Rechtsbeschwerde der Sache nach zur Fortbildung des Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt,
die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen und die Rechtsbeschwerde nach §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen ( § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) und dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen ( § 80a Abs. 3 OWiG), da dies zur Fortbildung des Rechts geboten war. Zwar ist die Frage, ob ein Fahrzeuganhänger eine genehmigungspflichtige Anlage im Sinne der §§ 84 Abs. 1 Nr. 13; 63 1 Abs. 1 S. 2; 13 BauO NW ist, in der Rechtsprechung des OVG Münster geklärt. Noch nicht hinreichend obergerichtlich geklärt sind allerdings diesbezügliche Fragen der Schuld, insbesondere des fahrlässigen Handelns und des Verbotsirrtums.
Dies ist eine Entscheidung des Einzelrichters des Senats, Richter am Oberlandesgericht ....
III.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg, da das angefochtene Urteil keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen aufweist.
1.
Der Schuldspruch ist frei von Rechtsfehlern. Zu Recht hat das Amtsgericht den Angeklagten wegen des fahrlässigen Errichtens einer baulichen Anlage ohne die erforderliche Genehmigung gem. § 84 Abs. 1 Nr. 13 BauONW verurteilt.
a)
Nach § 84 Abs. 1 Nr. 13 BauONW handelt ordnungswidrig, wer eine bauliche Anlage oder andere Anlage oder Einrichtung i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 BauONW ohne Baugenehmigung nach § 75 BauONW errichtet. Bei dem Werbeanhänger handelt es sich um eine "andere Anlage oder Einrichtung" i.S.d. § 1 Abs. 2 BauO, an die in § 13 BauONW Anforderungen gestellt werden. Dass auch solche Fahrzeuge wie der vorliegende Werbeanhänger eine Anlage der Außenwerbung sein können, ist durch die Rechtsprechung des OVG Münster bereits hinreichend geklärt. Danach können auch Anhänger als ortsfeste Einrichtungen anzusehen sein - obwohl es sich eigentlich um Fahrzeuge handelt -, wenn solche an sich nichts ortsfesten Objekte längere Zeit oder immer wieder für kürzere Zeit an bestimmter Stelle abgestellt werden und nach ihrem erkennbaren Bestimmungszweck von günstigen Standorten aus ortsfeste Werbung betreiben sollen (OVG Münster Beschl. v. 17.02.1998 - 11 A 5274/96; OVG Münster Beschl. v. 22.07.2003 - 10 B 890/03; vgl. auch: Buntenbroich/Voß-Schalk BauONW Stand: September 1999, § 13 Rdn. 11 ff.). Das hat das Amtsgericht im vorliegenden Fall zutreffend erkannt.
Für die Errichtung einer solchen Werbeanlage bedurfte der Betroffene daher nach § 63 BauONW einer Genehmigung, die er nicht hatte. Für das Vorliegen einer Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach § 65 Abs. 1 Nr. 33 ff. BauNW ergeben die ausreichenden Feststellungen keinerlei Anhalt.
Der Senat weist darauf hin, dass auch die fehlende datumsmäßige Bestimmung der Errichtung hier unschädlich ist. Der Tatzeitraum ist durch die Angaben "Winter 2005/2006" und des Zeitpunktes der Entdeckung hinreichend eingegrenzt und die Tat ist durch die übrigen Feststellungen hinreichend bestimmt.
b)
Zu Recht hat das Amtsgericht den Betroffenen auch wegen einer fahrlässigen Begehung der Ordnungswidrigkeit verurteilt. Diese Schuldform ist in § 84 Abs. 1 BauONW ausdrücklich (vgl. § 10 OWiG) aufgeführt.
Zutreffend sind auch die Ausführungen im angefochtenen Urteil, dass es sich bei dem Irrtum des Betroffenen über die Genehmigungsbedürftigkeit, von dem das Amtsgericht ausgeht, um einen (vermeidbaren) "Verbotsirrtum" handelt, der die Vorwerfbark...