Leitsatz (amtlich)

Das abgeschlossene Studium der katholischen Theologie vermittelt besondere Kenntnisse, die i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 BVormVG für die Führung einer Betreuung nutzbar sind.

 

Normenkette

BVormVG § 1 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Münster (Beschluss vom 22.09.2006; Aktenzeichen 5 T 802/05)

AG Tecklenburg (Aktenzeichen 6-VII F 3408)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird die Entscheidung des AG Tecklenburg vom 10.6.2005 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die dem Betreuer für den Zeitraum vom 20.1.2004 bis zum 15.12.2004 zu bewilligende Vergütung wird anderweitig auf 1.263,25 EUR und der Aufwendungsersatz auf 174,97 EUR festgesetzt.

Der Anspruch richtet sich in voller Höhe gegen die Staatskasse.

Der weiter gehende Antrag wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1) wurde durch Beschluss des AG Tecklenburg vom 16.1.2004 (6-XVII F 3408) zunächst vorläufig für den Betroffenen zum Berufsbetreuer mit umfassenden Aufgabenkreisen bestellt. Durch Beschluss vom 6.2.2004 wurde die Betreuerbestellung in der Hauptsache bestätigt. Der Betroffene verstarb am 13.12.2004.

Mit Schreiben vom 23.4.2005, bei Gericht eingegangen am 25.4.2005, beantragte der Beteiligte zu 1), für seine Tätigkeit als Berufsbetreuer in dem Zeitraum vom 20.1.-15.12.2004 eine Vergütung von 1.265,83 EUR sowie Aufwendungsersatz von 224,47 EUR ohne Mehrwertsteuer festzusetzen. Den Zeitaufwand für seine Betreuungstätigkeit hat der Beteiligte zu 1) in dem seinem Antrag beiliegenden Tätigkeitsnachweis mit 2.450 Minuten angegeben. Die beantragte Vergütung sei nach einem Stundensatz von 31 EUR zu berechnen. Mit Schreiben vom 10.6.2005 reduzierte er den geltend gemachten Aufwendungsersatz um 49,50 EUR auf 174,97 EUR.

Durch Beschluss vom 10.6.2005 setzte das AG unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 18 EUR eine Vergütung von 735 EUR und eine Auslagenerstattung von 165,97 EUR gegen die Staatskasse fest.

Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 1) rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, sein Studium der katholischen Theologie an der philosophisch-theologischen Hochschule L/T sei zu Unrecht bei der Bestimmung der Höhe der Vergütung nicht berücksichtigt worden.

Das LG hat nach Anhörung der Staatskasse durch Beschluss vom 22.9.2005 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Gegen diesen Beschluss, der ihm am 27.9.2005 zugestellt wurde, hat der Beteiligte zu 1) am 11.10.2005 zu Protokoll der Rechtspflegerin sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der er weiterhin die Bemessung der Vergütung nach einem Stundensatz von 31 EUR begehrt.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 56g Abs. 5 S. 2, 27, 29 FGG infolge Zulassung durch das LG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass seine sofortige erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg, weil die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht. Da für eine Sachentscheidung weitere tatsächliche Feststellungen nicht mehr erforderlich waren, konnte der Senat selbst abschließend entscheiden.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer gem. § 56g Abs. 5 S. 1 FGG zulässigen sofortigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) ausgegangen. Seine Beschwer übersteigt den Betrag von 150 EUR.

Dem Beteiligten zu 1) steht aufgrund seines Theologiestudiums ein Stundensatz von 31 EUR zu.

Die nach § 1836a BGB aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung beträgt für jede Stunde der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit 18 EUR. Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so erhöht sich diese Vergütung auf 31 EUR, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossenen Ausbildung erworben sind (§ 1 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 2 BVormVG, § 1908i Abs. 1 S. 1 BGB). Der Beteiligte zu 1) kann, wovon das LG zu Recht ausgegangen ist, eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossenen Ausbildung vorweisen. Er hat 1972 die wissenschaftliche Abschlussprüfung in katholischer Theologie an der philosophisch-theologischen Hochschule L/T abgelegt. Ausweislich der Bescheinigung des Bistums M war diese Abschlussprüfung staatlich anerkannt. Die Absolventen dieses Studienganges wurden nicht nur in den Pfarrdienst, sondern auch in den staatlichen Schuldienst als Religionslehrer übernommen.

Besondere Kenntnisse i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 BVormVG sind Kenntnisse, die - bezogen auf ein bestimmtes Sachgebiet - über ein Grundwissen deutlich hinausgehen (BayObLG v. 27.10.1999 - 3Z BR 282/99, BayObLGZ 1999, 339 ff. = FamRZ 2000, 844). Für die Führung einer Betreuung nutzbar sind Fachkenntnisse, die ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befähigen, seine Aufgaben zum Wohl des Bet...

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