Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 05 T 565/11) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen
den Beschluss des Amtsgerichts Ahlen vom 28.06.2011
wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Parteien haben den Ausgangsrechtsstreit vor dem Amtsgericht Ahlen, in dem es um Räumung und Zahlung rückständiger Mietzinsforderungen ging durch gerichtlichen Vergleich vom 09.02.2011 beendet. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs wurden gemäß Ziffer 7 des Vergleichs gegeneinander aufgehoben. Das Terminsprotokoll enthält ferner den Zusatz:
"Die in dem Vergleich getroffene Kostenregelung der Parteien entspricht der Kostenregelung, die im Falle eines Beschlusses nach § 91 a ZPO auch durch das Gericht getroffen wäre." Den Beklagten war vor Vergleichsabschluss für den Rechtsstreit und den Abschluss des Vergleichs Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt worden.
Auf die nach Nr. 1211KV GKG auf 1,0 entsprechend 196,00 € reduzierte Verfahrensgebühr hatten die Beteiligten zu 1) und 2) zu Prozessbeginn einen Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 588,00 € eingezahlt. Ausweislich der Gerichtskostenrechnung vom 08.04.20011 sind an die Beteiligte zu 1) und 2) 392,00 € durch die Staatskasse zu erstatten. Ein Betrag von 98,00 € wurde auf die Kostenschuld der Beklagten verrechnet.
Hiergegen haben die Beteiligten zu 1) und 2) am 15.04.2011 Erinnerung nach § 66 Abs. 1 GKG eingelegt. Sie sind der Ansicht, der von den Beklagten zu übernehmende hälftige Gerichtskostenanteil in Höhe von 98,00 € sei an sie in Hinblick auf die Regelung § 31 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 GKG von der Gerichtskasse zu erstatten. Sie sind der Auffassung: Die Beklagten seien auf Grund des Protokollzusatzes vom 09.02.2011 wie Entscheidungsschuldner im Sinne des § 29 Nr. 1 GKG und nicht wie Übernahmeschuldner nach § 29 Nr. 2 GKG zu behandeln. Der ungekürzte Ansatz der 3,0 Verfahrensgebühr sei daher unbillig.
Das Amtsgericht hat die Erinnerung der Beteiligte zu 1) und 2) durch Beschluss vom 24.05.2011 zurückgewiesen, da sich die von den Beteiligten zu 1) und 2) geforderte analoge Anwendung des § 31 Abs. 3 GKGverbiete. Das Amtsgericht hat die Beschwerde zugelassen.
Auf die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) hat das Landgericht die Kostenrechnung des Amtsgerichts Ahlen vom 08.04.2011 abgeändert und angeordnet, dass an die Beteiligten zu 1) und 2) weitere 98,00 € und damit insgesamt 490,00 € aus der Staatskasse zu erstatten sind. Gleichzeitig hat das Landgericht die weitere Beschwerde zugelassen.
Gegen diesen Beschluss hat die Vertreterin der Landeskasse unter dem 15.11.2011 weitere Beschwerde eingelegt und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Sie vertritt die Auffassung, dass die vom Landgericht praktizierte analoge Anwendung des § 31 Abs. 3 GKG auf Grund der abschließenden Regelung der Haftung von Kostenschuldnern im GKG unzulässig sei.
II.
Die gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG zulässige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) hat Erfolg.
Die Erinnerung der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Gerichtskostenansatz in der Kostenrechnung vom 08.04.2011 ist vom Amtsgericht zu Recht zurückgewiesen worden.
1.
Die Inanspruchnahme der Beteiligten zu 1) und 2) als Zweitschuldner gemäß § 22 Abs. 1 GKG für die im Ausgangsverfahren nach Nr. 1211 KV GKG reduzierte 1,0 Verfahrensgebühr und die Verrechnung der Hälfte dieser Gebühr auf die Gebührenschuld der Beklagten als Übernahmeschuldner nach § 22 Abs. 2 GKG ist rechtens.
Die Regelung des § 31 Abs. 3 GKG, wonach der Prozessgegner einer mittellosen Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, nicht als Zweitschuldner in Anspruch genommen werden darf, wenn der mittellosen Partei die Gerichtskosten auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung auferlegt wurden, findet im vorliegenden Fall keine Anwendung.
Diese Vorschrift gilt nicht in den Fällen, in denen die mittellose Partei - wie hier - die Gerichtskosten nach § 29 Nr. 2 GKG, z.B. durch Vergleich, übernommen hat. Damit sollen Manipulationen zum Nachteil der Landeskasse verhindert werden (vgl. BT-Drucksache 15/1971, S. 153).
Mit der Einfügung des Absatzes 3 in § 31 GKG hat der Gesetzgeber den Unterschied einer Kostenübernahme durch Vergleich gegenüber einer solchen auf Grund einer gerichtlichen Kostenentscheidung verdeutlicht. Danach stellt vergleichsweise erzielte Kostenregelung der Parteien qualitativ etwas anderes dar als die gerichtliche Kostenentscheidung, die von den Parteien nicht beeinflusst werden kann (vgl. BT-Drucksache, a.a.O.). Diese Abgrenzung ist vom Bundesverfassungsgerichts als sachgerecht bestätigt worden (vgl. BVerfGE 51, 295 ff.; BVerfG MDR 2000, 1157). Sie gilt selbst dann, wenn sich die Kostenregelung möglicherweise an dem verhältnismäßigen Obsiegen und Unterliegen nach dem Erkenntnisstand des Gerichts zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses orientiert (Oestreich/Hellstab/Trenk...