Leitsatz (amtlich)

1. Derjenige, dem nach § 894 BGB ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung zusteht, ist zur Einlegung der Beschwerde gegen eine unter dem Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs stehende Eintragung auch dann befugt, wenn diese Eintragung auf seinen eigenen Antrag vorgenommen wurde.

2. Setzt sich die Nacherbfolge im Wege der dinglichen Surrogation (§ 2111 BGB) an einem Grundstück fort, das der Vorerbe im Wege der Erbauseinandersetzung aus dem Nachlass erworben hat, so kann nach dem Eintritt des Nacherbfalls die Eigentümereintragung auf den Nacherben berichtigt werden.

3. Der dingliche Bestand des Surrogationserwerbs des befreiten Vorerben wird nicht dadurch berührt, dass die in Vollzug des Erbauseinandersetzungsvertrages getroffene Verfügung über ein anderes Nachlassgrundstück sich möglicherweise als teilunentgeltlich darstellt, weil jenes Grundstück einen höheren Verkehrswert als das auf den Vorerben übertragene Grundstück hat.

 

Normenkette

BGB §§ 2111, 2113 Abs. 2, § 2139; GBO § 22 Abs. 1, § 71

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 11 T 383/01)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Grundbuchamtes vom 22.11.2001 werden aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, in Abt.II des Grundbuchs zugunsten des Beteiligten zu 2) einen Amtswiderspruch gegen die Eintragung der Beteiligten zu 1) als Eigentümerin in Erbengemeinschaft neben dem Beteiligten zu 2) einzutragen.

 

Gründe

I. Am 29.9.1999 verstarb Herr O., der als Eigentümer des vorgenannten Grundstücks im Grundbuch eingetragen war. Zum Nachlass des Erblassers gehörte ferner ein 1/2Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch von N. Band 72 Bl. 2855 verzeichneten Grundstück. Nach seinem Tod erteilte das AG S. am 25.8.2000 mit berichtigter Fassung vom 14.11.2000 einen gemeinschaftlichen Erbschein, der die Beteiligte zu 1) und Frau I.O. zu je 1/2Anteil als Erbinnen auswies, Letztere jedoch mit dem einschränkenden Vermerk (§ 2363 BGB), dass sie lediglich befreite Vorerbin und der Beteiligte zu 2) Nacherbe mit der Maßgabe ist, dass der Nacherbfall mit dem Tode der Vorerbin eintritt. Der Erteilung dieses Erbscheins liegt ein gemeinschaftliches Testament zugrunde, das der Erblasser mit seiner vorverstorbenen Ehefrau in privatschriftlicher Form errichtet hatte. Darin heißt es auszugsweise:

„1. Der Längstlebende von uns kann das Haus in 43 Essen, S.-Str. 13, im Notfall verkaufen – mit der gleichzeitigen Bitte an meinen Neffen R.A. (gegen Unkostenerstattung) hierbei behilflich zu sein. Meine Schwester O. erhält bis zu ihrem Lebensende unentgeltliches Wohnrecht in dem Haus Essen, S.-Str. 13 (Entgelte für Nebenkosten sind jedoch von ihr zu zahlen). Sollte das Haus vom Längstlebenden (G. oder A.) nach deren Tode noch nicht verkauft sein – so soll das Haus bzw. den Überrest O. erhalten. … kann das Haus verkaufen und den Überrest bzw. von … vor ihrem Tode noch nicht verkauftes Haus soll nun Neffe A.F. . (z.Zt. …) erhalten.

2. Der Längstlebende von uns (G. oder A.) kann das Haus in N. im Notfall verkaufen – mit der gleichzeitigen Bitte an meinen Neffen A.F. hierbei behilflich zu sein (Vergütung s.o.). Sollte das Haus nach dem Tode des Längerlebenden nicht verkauft sein bzw. den Überrest soll dann die Nichte von G.B. T. erhalten.”

Die Beteiligte zu 1) und die Vorerbin O. schlossen in notarieller Urkunde vom 13.12.1999 (UR-Nr.… Notar) einen Teilerbauseinandersetzungsvertrag, in dem sie sich auf eine Auslegung der letztwilligen Verfügung in der Weise verständigten, dass sie zu je 1/2Anteil als Erben eingesetzt seien, Frau I.O. jedoch lediglich als befreite Vorerbin und der Beteiligte zu 2) als Nacherbe berufen sei. Der im Nachlass vorhandene Grundbesitz solle entsprechend der Anordnung im Testament verteilt werden. Dabei sei eine etwaige Differenz der Verkehrswerte der Immobilienobjekte nicht auszugleichen, weil insoweit davon ausgegangen werden solle, dass ein bestehender Mehrwert dem begünstigten Miterben als Vorausvermächtnis zustehen solle. Sodann haben die Miterbinnen unter Vorbehalt einer Auseinandersetzung des Restnachlasses das hier betroffene Grundstück Frau I.O. den 1/2Miteigentumsanteil an dem Grundstück in N. der Beteiligten zu 1) zugewiesen und entsprechend die Auflassung erklärt. Auf Grund dieser Auflassung hat das Grundbuchamt am 29.11.2000 Frau I.O. als Eigentümerin sowie in Abt.II Nr. 3 einen Nacherbenvermerk zugunsten des Beteiligten zu 2) eingetragen.

Frau I.O. ist am 11.6.2001 nachverstorben. Der Beteiligte zu 2) hat daraufhin am 19.6.2001 zunächst beantragt, ihn aufgrund des Nacherbenvermerks als Eigentümer einzutragen. Auf einen Hinweis des Grundbuchamtes hat er einen gemeinschaftlichen Erbschein des AG S. vom 2.8.2001 erwirkt und vorgelegt, in dem er (auf Grund eingetretener Nacherbfolge) neben der Beteiligten zu 1) als Erbe ausgewiesen ist. Das Grundbuchamt hat dem Beteiligten zu 2) sodann am 15.8.2001 einen weiteren Hinweis des Inhalts erteilt, zu der von ihm angestrebten Eintragung als Alleineigentümer sei eine Erbauseinandersetzun...

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