Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnungsbefugnis des Kostenschuldners bei Kostenfestsetzung zugunsten des Rechtsanwalts

 

Leitsatz (amtlich)

Ist ein Kostenfestsetzungsbeschluss zugunsten der mit Verfahrenskostenhilfe prozessierenden Partei ergangen, dann kann der Kostenschuldner ihr gegenüber so lange aufrechnen, bis dieser Kostenfestsetzungsbeschluss dadurch außer Kraft tritt, dass zugunsten des beigeordneten Rechtsanwalts ein neuer Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen wird.

 

Normenkette

ZPO § 126

 

Verfahrensgang

AG Olpe (Beschluss vom 07.01.2013; Aktenzeichen 22 F 312/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 15.1.2013 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG - Familiengericht - Olpe vom 7.1.2013 aufgehoben.

Der Kostenfestsetzungsantrag der Bevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 26.11.2012 wird zurückgewiesen.

Die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 254,07 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. In dem Ausgangsverfahren hat der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich i.H.v. 4.500 EUR geltend gemacht. Durch gerichtlichen Vergleich vom 30.5.2012 hat sich die Antragsgegnerin verpflichtet, an den Antragsteller 1.100 EUR zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs sind dem Antragsteller zu 3/4 und der Antragsgegnerin zu 1/4 auferlegt worden. Durch Beschluss des AG vom 12.6.2012 ist der Verfahrenswert auf 4.500 EUR festgesetzt worden.

Mit Schriftsatz vom 1.6.2012 haben die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gem. § 106 ZPO beantragt, Kosten i.H.v. 1.204,64 EUR festzusetzen. Die Vertreter des Antragstellers haben durch Schriftsatz vom 9.7.2012 beantragt, Kosten i.H.v. 1.160,85 EUR nach § 106 ZPO festzusetzen.

Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21.9.2012 hat das AG unter Absetzung von Fahrtkosten auf Seiten des Antragstellers den Antragsteller verpflichtet, einen Betrag von 254,07 EUR an die Antragsgegnerin zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 26.11.2012 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin beantragt, den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21.9.2012 zu seinen Gunsten umzuschreiben.

Mit Beschluss vom 7.1.2013 hat das AG einen neuen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, wonach aufgrund des Vergleichs vom 30.5.2012 vom Antragsteller an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin ein Betrag von 254,07 EUR zu erstatten sind. Des Weiteren wurde festgestellt, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.9.2012 außer Kraft tritt.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er weist darauf hin, dass bereits am 8.10.2012 die Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem in diesem Verfahren erwirkten Titel erklärt wurde. Die Forderung der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller sei damit erloschen. Eine Berechtigung nach § 126 ZPO, die Gebühren im Namen der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin festzusetzen, bestehe nicht mehr.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 ZPO zulässige Beschwerde hat Erfolg. Der Kostenfestsetzungsantrag der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin ist unbegründet.

Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin haben für die Antragsgegnerin nach § 106 ZPO einen eigenen Kostenfestsetzungsantrag gestellt. Dies ist ungeachtet der Vorschrift des § 126 ZPO möglich, weil die Kostenerstattungsansprüche der Partei aus den §§ 91 ff. ZPO und des beigeordneten Rechtsanwalts nach § 126 ZPO nebeneinander stehen (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2012, 1968; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 126 Rz. 9). Dem folgend hat das AG am 9.7.2012 einen Kostenfestsetzungsbeschluss zugunsten der Antragsgegnerin erlassen. Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel eingelegt worden.

Die Forderung der Antragsgegnerin ist durch die durch Schriftsatz vom 8.10.2012 erklärte Aufrechnung erloschen. § 126 Abs. 2 S. 1 ZPO steht einer Aufrechnung nicht entgegen. Nach der ganz herrschenden Meinung muss ein Rechtsanwalt jedenfalls dann eine Erfüllung gegenüber der Partei gegen sich gelten lassen, wenn zugunsten der Partei ein Kostenfestsetzungsbeschluss erwirkt wurde (OLG Koblenz FamRZ 2012, 1968; Motzer in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl. 2013, § 126 Rz. 13; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 126 Rz. 18; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 6. Aufl. 2012, Rz. 787). Wenn ein vollstreckbarer Titel gegen einen Kostenschuldner vorliegt, muss es diesem erlaubt sein, an den Gegner zu zahlen bzw. ihm gegenüber aufzurechnen. Unerheblich ist insoweit, ob der Verfahrensbevollmächtigte seine Forderung bereits geltend gemacht hat (Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 126 Rz. 18).

Wenn aber die Forderung erloschen ist, ist eine erneute Festsetzung nach § 126 ZPO zugunsten des Verfahrensbevollmächtigten (diese Vorschrift ermöglicht keine Titelumschreibung nach § 727 ZPO, vgl. Motzer in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl. 2013, § 126 Rz. 9) nicht mehr möglich (OLG Koblenz FamRZ 2012, 1968).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

 

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