Leitsatz (amtlich)
1. Bei der erstmaligen Begründung einer Reallast müssen das Stammrecht und die aus ihr fließenden Ansprüche auf die Einzelleistungen notwendig in einem einheitlichen Rang i.S.d. § 879 BGB stehen.
2. Eine Reallast kann deshalb nicht mit dem Inhalt bestellt werden, dass die Rückstände Rang nach den übrigen aus der Reallast folgenden Ansprüchen (Stammrecht) haben, das Stammrecht somit im Falle der Zwangsversteigerung als bestehen bleibend in das geringste Gebot aufzunehmen ist.
3. Wegen Abweichung von der Entscheidung des BayObLG vom 11.10.1990 (BayObLGZ 1990, 282) wird die Sache dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.
Normenkette
BGB § 1105
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 5 T 27/02) |
Tenor
Die Sache wird gem. § 79 Abs. 2 GBO dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I. Mit Übertragungsvertrag vom 25.10.2001 übertrug der Beteiligte zu 1) das ihm gehörende, im Grundbuch von D. Blatt 396 eingetragene Grundstück zum Zwecke der Vorwegnahme der Erbfolge und zur Sicherung seiner Versorgung im Alter auf seine Tochter, die Beteiligte zu 2). Nach § 3 des genannten Vertrages verpflichtete sich die Beteiligte zu 2), an den Beteiligten zu 1) vom 25.1.2002 an auf dessen Lebenszeit eine monatliche Rente von 250 Euro zu zahlen. § 3 sah weiter eine Wertsicherungsklausel vor, die in der Folgezeit vom zuständigen Bundesamt genehmigt wurde. In Abs. 8 des genannten Paragraphen sahen die Beteiligten u.a. folgende Regelung vor:
„Zur Sicherung seiner Rentenverpflichtung bestellt die Übertragsnehmerin, ein Übertragsgeber an den Grundstücken eingetragen im Grundbuch des AG D. von Stadt D. Blatt 396, Gemarkung Stadt D. Flur 14, Flurstücke 379, 381, 380 und 382 eine Reallast gleichen Inhalts. Es ist Inhalt der Reallast, dass Rückstände Rang nach den übrigen aus der Reallast folgenden Ansprüchen (Stammrecht) haben; untereinander haben die älteren Rückstände Rang nach den jüngeren. Abweichend von § 12 ZVG ist deshalb im Falle der Zwangsversteigerung aus der Reallast das Stammrecht in das geringste Gebot aufzunehmen.”
Unter dem 7.11.2001 überreichte der Notar … u.a. die Ausfertigung des Übertragungsvertrags vom 25.10.2001 mit den Anträgen, das Eigentum entspr. umzuschreiben und die Reallast gem. § 3 des Übertragsvertrages einzutragen.
Das Grundbuchamt – Rechtspfleger – wies die Anträge der Beteiligten auf Umschreibung des Eigentums und Eintragung der Reallast mit Beschluss vom 18.12.2001 mit der Begründung zurück, eine Vereinbarung gem. § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauVO könne nicht Inhalt einer Reallast gem. §§ 1105 ff. BGB sein. Dies führe gem. § 16 Abs. 2 GBO zur Zurückweisung auch des Antrags auf Eigentumsumschreibung.
Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 3.1.2002 Beschwerde eingelegt. Das Grundbuchamt – Rechtspfleger – hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem LG zur Entscheidung vorgelegt. Das LG hat mit Beschluss vom 21.2.2002 die Beschwerde zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten, die sie mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 15.3.2002 bei dem LG eingelegt haben.
II. Die weitere Beschwerde der Beteiligten ist statthaft, formgerecht eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 78, 80 GBO). Die Beteiligten sind zur Einlegung dieses Rechtsmittels schon deshalb befugt, weil ihre erste Beschwerde erfolglos geblieben ist.
In der Sache hält der Senat das Rechtsmittel für unbegründet, weil die Entscheidung des LG nicht auf Verletzung des Rechts beruht (§ 78 S. 1 GBO). Der Senat ist in der hier maßgeblichen Rechtsfrage der Auffassung, dass die Eintragung der Reallast mit dem Inhalt, dass abwzweigend von § 12 ZVG im Falle der Zwangsversteigerung aus der Reallast das Stammrecht in das geringste Gebot aufzunehmen sei, nicht zulässig ist. So zu entscheiden, sieht sich der Senat indes gehindert durch den auf die weitere Beschwerde ergangenen Beschluss des 2. Zivilsenats des BayObLG (BayObLG v. 11.10.1990 – BReg. 2 Z 114/90, BayObLGZ 1990, 282 = MDR 1991, 154 = DNotZ 1991, 805 = RPfleger 1991, 50). Der Senat hat deshalb gem. § 79 Abs. 2 GBO die Sache dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.
1. Nach Auffassung des Senats ist hier folgende rechtliche Beurteilung geboten:
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässigen ersten Beschwerde der Beteiligten ausgegangen.
In der Sache hält die Entscheidung des LG rechtlicher Nachprüfung stand.
Auch der Senat hält die in § 3 Abs. 5 des Übertragungsvertrages getroffene Vereinbarung, dass abweichend von § 12 ZVG im Falle der Zwangsversteigerung aus der Reallast das Stammrecht in das geringste Gebot aufzunehmen sei, nicht für eintragungsfähig.
Bei der Reallast wird unterschieden zwischen der Grundstücksbelastung als Ganzes (Stammrecht, § 1105 BGB) und den ihr entspringenden Einzelleistungen (§ 1105 Abs. 1, §§ 1107, 1108, 1111 Abs. 2 BGB). Beide (Reallast als Ganzes = Stammrecht und das Recht auf die Einzelleistungen) sind als Grundstücksbelastung dinglic...