Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 7 Ns - 702 Js 4683/16 - 33/17) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Strafrichter - Rheda-Wiedenbrück hat den Angeklagten mit Urteil vom 22. Februar 2017 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die gegen das Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Bielefeld durch das angefochtene Urteil vom 22. März 2018 verworfen.
Mit seiner hiergegen gerichtete Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt,
die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision des Angeklagten hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache. Dies ergibt sich aus dem Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 3 StPO, der von dem Angeklagten im Rahmen seiner Revisionsbegründung in zulässiger Weise, § 344 Abs. 2 StPO, ausgeführt worden ist.
1.
Der Schuldspruch kann keinen Bestand haben, denn das gegen die Vorsitzende gerichtete Ablehnungsgesuch vom 20. Februar 2018 war begründet, §§ 338 Nr. 3, 24 StPO.
a)
Die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist nach § 24 Abs. 2 StPO gerechtfertigt, wenn der Angeklagte aufgrund des ihm bekannten Sachverhalts bei verständiger Würdigung der Sache Grund zu der Annahme hat, der abgelehnte Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen könne (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 24, Rdnr. 8). Maßstab für die Besorgnis der Befangenheit ist, ob der Richter den Eindruck erweckt, er habe sich in der Schuld- und Straffrage bereits festgelegt (BGH, Urteil vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, juris; Urteil vom 9. August 2006 - 1 StR 50/06, NJW 2006, 3290; Beschluss vom 30. Juli 2013 - 4 StR 190/13, juris). Dazu ist entscheidend auf den nach außen deutlich gewordenen Eindruck von der inneren Haltung des Richters abzustellen, ohne dass es maßgeblich darauf ankommt, inwieweit dieser Eindruck tatsächlich der inneren Haltung des Richters entspricht (BGH, Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 455/11, NStZ-RR 2012, 211).
aa)
Eine solche Einstellung kann sich auch aus Erklärungen vor der Hauptverhandlung gegenüber dem Angeklagten ergeben (KK-StPO/Scheuten, 7. Aufl., § 24, Rdnr. 12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 24, Rdnr. 16). Einem Richter ist es zwar nicht verwehrt, zwecks Förderung des Verfahrens mit Prozessbeteiligten auch außerhalb der Hauptverhandlung Fühlung aufzunehmen und eine bestimmte Prozesshandlung, unter Umständen auch die Rücknahme eines Rechtsmittels, anzuregen. Dabei hat er stets die gebotene Zurückhaltung zu wahren (BGH, Urteil vom 5. September 1984 - 2 StR 347/84, NStZ 1985, 36, 37; Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 455/11, NStZ-RR 2012, 211, 212). Der Rat des Vorsitzenden einer Berufungskammer zur Zurücknahme eines Rechtsmittels wegen geringer Erfolgsaussichten muss daher in vorsichtiger Form erteilt werden (KG Berlin, Beschluss vom 30. April 1987 - (4) 1 Ss 106/87 (51/87), juris). Die Besorgnis der Befangenheit kann begründet sein, wenn der Vorsitzende dabei zum Ausdruck bringt oder auf andere Weise den Eindruck erweckt, bereits festgelegt zu sein, etwa einen nach Form und Inhalt unangemessenen Einschüchterungsversuch oder eine unzulässige Willensbeeinflussung unternimmt, so dass ein besonnener Angeklagter die Befürchtung hegen muss, das Gericht werde sich nur unwillig und voreingenommen mit dem Rechtsmittel befassen (OLG Hamm, Beschluss vom 23. Oktober 1997 - 2 Ss 816/97, BeckRS 1997, 31399932; OLG Nürnberg, Beschluss vom 20. November 2007 - 2 St OLG Ss 133/07, juris, Rdnr. 20; OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. Januar 2006 - 1 Ss 5/06, juris, Rdnr. 12, 21, 22).
bb)
Die gebotene Zurückhaltung hat die Vorsitzende der Berufungskammer hier vermissen lassen. Der Senat legt der Beurteilung der Befangenheitsrüge - die nach Beschwerdegrundsätzen zu erfolgen hat (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 338, Rdnr. 27 m.w.N.) - den Sachverhalt zugrunde, der sich der dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richterin vom 22. Februar 2018 entnehmen lässt.
(1)
Aufgrund der Inhalte der mit dem Verteidiger am 17. Mai 2017 und am 13. Juli 2017 geführten Telefonate, über die der Angeklagte von dem Verteidiger informiert wurde, konnte bei dem Angeklagten unter Gesamtwürdigung aller Umstände die Besorgnis entstehen, die Vorsitzende wolle ihn zu einer Rücknahme der Berufung drängen.
(2)
Dabei hält es der Senat für zulässig, dass die Vorsitzende den Verteidiger unmittelbar nach Eingang der A...