Leitsatz (amtlich)
Bei einem standardisierten Messverfahren drängt sich eine weitere Beweisaufnahme auf bzw. liegt diese nahe, wenn konkrete Anhaltspunkte für technische Fehlfunktionen des Messgerätes behauptet werden.
Verfahrensgang
AG Hagen (Entscheidung vom 12.05.2006) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufghoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Hagen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil wegen fahrlässig begangener Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 100,00 EUR verurteilt. Zudem hat es wegen ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am 12. Juli 2005 gegen 10.28 Uhr in Hagen mit seinem Pkw Porsche 911-996 Coupé mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXX die Eckeseyer Straße mit einer Höchstgeschwindigkeit von 83 km/h. Damit überschritt er die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nach Abzug der Messtoleranz von 3 km/h um 30 km/h. Die Messung wurde aus einer Entfernung von 166 m mit einem Laser-Geschwindigkeitsmessgerät der Marke RIEGL LR90-235/P (Seriennummer S. 83696) vorgenommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat Erfolg. Auf die zulässig erhobene Verfahrensrüge war das angefochtene Urteil aufzuheben. Der Betroffene hat mit seiner Verfahrensrüge u.a. geltend gemacht, das Amtsgericht habe einen Beweisantrag zu Unrecht nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abgelehnt, mit dem der Verteidiger des Betroffenen die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache verlangt hatte, dass das verwendete RIEGL-Messgerät bei der vorliegenden Messdistanz von 166 m mit einer Fehlerquelle behaftet ist, durch welche die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit des Porsche 911-996 Coupé erheblich geringer als die mit dem Gerät gemessene Geschwindigkeit gewesen sein kann.
1.
Der Rüge liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:
Der Verteidiger stellte für den Betroffenen in der Hauptverhandlung vom 12. Mai 2006 folgenden Beweisantrag:
"Ich beantrage zum Beweis der Tatsache, dass die gemessene Geschwindigkeit nicht der tatsächlichen Geschwindigkeit entspricht und nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine erheblich niedrigere Geschwindigkeit gefahren werden konnte, im Hinblick auf die Bauart des Porsche und die fehlende nicht protokollierte Nullmessung, die Einholung eines Sachverständigengutachtens."
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass bei dem gefahrenen Porsche bei einer Messentfernung von 100 bis 200 m trotz Anvisierung des Kennzeichens die Gefahr bestehe, dass der Laserstrahl an parallel zur Fahrtrichtung ausgerichteten Bauteilen wandere und damit eine zu hohe Geschwindigkeit angezeigt werde, ohne dass das Messgerät eine Fehlmessung ausgebe. Zur Begründung wurde auf die Ausführungen des Sachverständigen Löhle in dem Fachbuch "Fehlerquellen bei polizeilichen Messverfahren" von Beck/Löhle, 8. Aufl. 2006 , S. 50 ff. verwiesen, welches dem Amtsgericht auszugsweise zur Verfügung gestellt worden war.
Die gestellten Anträge lehnte das Gericht durch Beschluss in der Hauptverhandlung nach vorheriger Beweiserhebung durch Verlesung des Messprotokolls und durch Vernehmung der Messbeamten mit folgender Begründung ab, die offenbar auf die Anwendung des § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abzielt:
"Bei der Messung bei einem Laserhandgerät der Marke Riegl handelt es sich um ein allgemein geprüftes standardisiertes Messverfahren. Erhebliche Anhaltspunkte für eine Fehlmessung im vorliegenden Fall ergeben sich nach dem Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme nicht, so dass das Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur weiteren Überzeugungsbildung nicht für geboten hält."
Im angefochtenen Urteil wird zudem noch ausgeführt, dass auch der Umstand, dass die Messentfernung lediglich 166 m betragen und damit erheblich geringer als in weiteren mitgeteilten Messfällen gewesen sei, nicht auf einen Messfehler schließen lasse. Dieser Umstand sei dadurch hinreichend erklärt, dass der Messbeamte nach seinen Angaben das Fahrzeug möglicherweise erst spät erkannt habe. Gegen einen bauartbedingten Messfehler spreche ausschlaggebend die Angabe des als Zeugen gehörten Messbeamten, er visiere allgemein das Nummernschild eines gemessenen Fahrzeuges an. Dies sei auch im vorliegenden Falle so erfolgt, ohne dass das Gerät Messfehler angezeigt habe. Vor diesem Hintergrund habe sich das Gericht bei seiner Überzeugungsbildung auf fehlerfreie Ergebnisse eines standardisierten Messverfahrens stützen können, da sich bei einer Fehlmessung zwingend Fehlermeldungen hätten ergeben müssen.
2.
Diese Begründung trägt die Ablehnu...