Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafvollzug. gerichtliche Zuständigkeit für die Anfechtung der Verlegung in eine andere JVA. Bindungswirkung einer Verweisung gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 a Abs. 2 S. 1 und 3 GVG.
Leitsatz (amtlich)
1. Wendet sich ein Strafgefangener gegen die Anordnung seiner Verlegung in eine andere JVA, handelt es sich insofern auch dann um einen Anfechtungsantrag und nicht lediglich um einen Verpflichtungsantrag, wenn zugleich um die Rückverlegung in die ursprüngliche JVA gebeten wird und eine Mitwirkung der aufnehmenden JVA an der Umsetzung dieser Rückverlegung erforderlich wäre.
2. Wird ein solcher Anfechtungsantrag in einen mangels Vorbefassung der aufnehmenden JVA unzulässigen Verpflichtungsantrag umgedeutet, stellt sich eine entsprechend § 83 S. 1 VwGO i.V.m. § 17 a Abs. 2 S. 1 GVG ergangene Verweisung durch die für die verlegende JVA zuständige Strafvollstreckungskammer an die für die aufnehmende JVA zuständige Strafvollstreckungskammer als willkürlich dar und kommt ihr schon deshalb keine Bindungswirkung zu. Ohnehin hat der Senat Bedenken, ob eine entsprechend § 83 S. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 S. 1 GVG erfolgte Verweisung an eine andere Strafvollstreckungskammer entsprechend § 17a Abs. 2 S. 3 GVG überhaupt Bindungswirkung entfalten kann.
Normenkette
StVollzG §§ 110-111, 120 Abs. 1 S. 2; StPO § 14; GVG § 17a Abs. 2; VwGO § 83 S. 1
Verfahrensgang
LG Siegen (Entscheidung vom 06.09.2018; Aktenzeichen 71 StVK 441/18) |
LG Wuppertal (Entscheidung vom 16.11.2018) |
Tenor
Auf den Vorlagebeschluss der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Wuppertal vom 16. November 2018 gegen den Verweisungsbeschluss der 1. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen vom 06. September 2018 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 11. Dezember 2018
beschlossen:
Der Beschluss der 1. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen vom 06. September 2018 - 71 StVK 441/18 - wird aufgehoben.
Für die Untersuchung und Entscheidung der Sache bleibt die 1. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen zuständig, § 120 Abs.1 Satz 2 StVollzG i.V.m. § 14 StPO.
Gründe
I.
Der Betroffene befindet sich seit dem 30. April 2018 im Strafvollzug.
Im Anschluss an eine am 30. Juli 2018 stattgehabte Vollzugsplankonferenz, in der ihm die Eignung für den offenen Vollzug abgesprochen wurde, wurde er aus dem offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt Attendorn in den geschlossenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt Remscheid verlegt, wo er sich seit dem 02. August 2018 befindet.
Gegen den die Verlegung in den geschlossenen Vollzug anordnenden Bescheid der Justizvollzugsanstalt Attendorn wendet sich der Betroffene - verbunden mit der Bitte um Rückverlegung in den offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt Attendorn - mit seinem an das Landgericht Siegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 StVollzG vom 04. September 2018.
Die 1. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen hat sich für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren mit Beschluss vom 06. September 2018 in entsprechender Anwendung des § 83 VwGO i.V.m. § 17 Buchst. a Abs. 2 und Abs. 3 GVG an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Wuppertal verwiesen. Zur Begründung hat das Landgericht Siegen u.a. ausgeführt, "auf Grund der erfolgten Verlegung habe nicht mehr der Behördenleiter der JVA Attendorn über eine Rückverlegung zu entscheiden, sondern der Behördenleiter derjenigen JVA, in der sich der Strafgefangene zum Zwecke der Strafverbüßung befindet. ... Bei dem gemischten Antrag des Verurteilten - Anfechtung der Verlegung und Antrag auf Rückverlegung - liegt der Schwerpunkt auf der Maßnahme der Rückverlegung. Denn dies ist der Erfolg, den er erstrebt. Die Rückverlegung ist jedoch nur durch den Behördenleiter der JVA Remscheid anzuordnen. Der Leiter der JVA Attendorn kann dies nicht bewirken. Eine isolierte Anfechtung der Verlegungsentscheidung durch den Behördenleiter der JVA Attendorn würde hier allenfalls zu einem Entfallen der betreffenden Entscheidung führen, ohne aber die Rückverlegung - um die es im Wesentlichen geht - zu erreichen."
Mit Beschluss vom 16. November 2018 hat sich die 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Wuppertal ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und die Sache mit der Begründung, die erfolgte Abgabe seitens des Landgerichts Siegen sei willkürlich und deshalb nicht bindend, zur Bestimmung des zuständigen Gerichts dem Oberlandesgericht Hamm vorgelegt.
II.
1.
Da zwischen zwei Gerichten in dem Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm ein negativer Zuständigkeitsstreit besteht, ist das Oberlandesgericht Hamm als gemeinsames oberes Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen, § 120 Abs. 1 Satz 2 StVollzG i.V.m. § 14 StPO.
2.
Zuständig für die Entscheidung über den Antrag des Betroffenen gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 StVollzG ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen, in deren Bezirk sich die Justizvollzugsanstalt Attendorn befindet, §§ 110, 111 Abs. 1 Nr. 2 StVollzG.
Für die En...