Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung eines Sondernachfolgers an Zustimmung zu baulicher Veränderung. Wohnungserbbaurechtssache

 

Leitsatz (amtlich)

Hat ein Wohnungseigentümer mit formloser ausdrücklicher Zustimmung allernachteilig betroffenen Wohnungseigentümer (hier:aller Miteigentümer) eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums vorgenommen, dann kann ein Sondernachfolger die Beseitigung nicht verlangen (Anschluß an KG OLGZ 1989, 305 und Senat MittRhNotK 1990, 131).

 

Normenkette

BGB § 1004; WEG § 10 Abs. 2-3, § 14 Nr. 1, § 22

 

Verfahrensgang

LG Essen (Zwischenurteil vom 11.12.1989; Aktenzeichen 7 T 290/89)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1) tragen die gerichtlichen Kosten dieses Rechtszuges.

Außergerichtliche Kosten dieser Instanz sind nicht zu erstatten.

Der Gegenstandswert dieses Rechtszuges beträgt 2.000,– DM.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1) bis 3) bilden die Wohnungserbbaurechtsgemeinschaft des Hauses … der die Teilungserklärung des Architekten … vom 14. März 1978 zugrunde liegt.

Den Beteiligten zu 1) gehört die Erdgeschoßwohnung, den Beteiligten zu 2) die im ersten Obergeschoß gelegene Wohnung und den Beteiligten zu 3) die Wohnung im Dachgeschoß des Hauses.

Von einem Balkon in der Wohnung der Beteiligten zu 2) führt eine nachträglich angebaute Stahlwendeltreppe in den Garten, an dem den jeweiligen Inhabern der Erdgeschoßwohnung und der Wohnung im ersten Obergeschoß jeweils ein Sondernutzungsrecht an der rechten bzw. linken Hälfte zusteht.

Die Treppe wurde von den Rechtsvorgängern der Beteiligten zu 2), den Eheleuten … errichtet, und zwar mit Zustimmung der Beteiligten zu 3) und des Rechtsvorgängers der Beteiligten zu 1), des Zeugen …; fertiggestellt war sie am 30. Juni 1986. Zum Gegenstand einer förmlichen Beschlußfassung oder einer Vereinbarung der damaligen Wohnungseigentümer ist der Anbau der Treppe nicht gemacht worden.

Die Beteiligten zu 1) haben die Erdgeschoßwohnung aufgrund des Kaufvertrages vom 5. August 1987 erworben und sind am 5. November 1987 in die Wohnung eingezogen. Bei Abschluß des Kaufvertrages über das Wohnungserbbaurecht, der den üblichen Gewährleistungsausschluß beim Ankauf gebrauchter Immobilien enthält, war ihnen das Vorhandensein der Treppe bekannt.

Die Beteiligten zu 1) verlangen nunmehr die Beseitigung der Treppe von den Beteiligten zu 2) mit der Begründung, daß es sich um eine bauliche Veränderung handele, für die eine ordnungsgemäße Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer nicht vorliege. Sie machen geltend, die Benutzung der Treppe sei mit unzumutbaren Lärmbelästigungen verbunden; außerdem sei von der Treppe aus ohne weitere ein Einblick in ihr Schlafzimmer und auf ihre Terrasse möglich.

Nach vergeblicher außergerichtlicher Aufforderung an die Beteiligten zu 2), die Treppe zu beseitigen, haben die Beteiligten zu 1) mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 27. Mai 1988 beim Amtsgericht … (im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt, den Beteiligten zu 2) (Antragsgegnern) aufzugeben, die von ihrer Wohnung im Obergeschoß, in den Garten führende an der Außenfront des Hauses angebrachte Treppe zu entfernen.

Die Antragsgegner halten das Begehren der Antragsteller für rechtsmißbräuchlich, weil ihnen der Zustand des Hauses im Zeitpunkt des Ankaufs der Wohnung bekannt gewesen sei.

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung mit den Beteiligten durch Beschluß vom 1. März 1989 antragsgemäß den Beteiligten zu 2) aufgegeben, die streitige Treppe zu entfernen; die gerichtlichen Kosten hat das Amtsgericht den Antragsgegnern auferlegt, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten jedoch nicht angeordnet und den Gegenstandswert auf 2.000,– DM festgesetzt.

Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten zu 2) rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, der die Beteiligten zu 1) entgegengetreten sind.

Das Landgericht hat in öffentlicher Sitzung der vollständig besetzten Zivilkammer am 11. Dezember 1989 mit den Beteiligten mündlich verhandelt und vergeblich versucht, eine gütliche Einigung zu erzielen. Sodann hat es durch Beschluß vom selben Tage die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und den Beseitigungsantrag der Antragsteller zurückgewiesen; es hat die Gerichtskosten beider Instanzen den Beteiligten zu 1) (Antragstellern) auferlegt, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten jedoch nicht angeordnet und den Geschäftswert ebenfalls auf 2.000,– DM festgesetzt.

Gegen diese Entscheidung, die ihren Verfahrensbevollmächtigten am 3. Januar 1990 zugestellt wurde, wenden sich die Beteiligten zu 1) mit ihrer durch Anwaltsschriftsatz vom 16. Januar 1990 eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde, die am folgenden Tage beim Landgericht eingegangen ist. Sie erstreben die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung. Die Antragsgegner halten die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts für zutreffend.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig nach §§ 43, 45 WEG i.V.m.

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