Leitsatz (amtlich)

1. Haben die geschiedenen Ehegatten einander wieder geheiratet, kann der Anspruch auf Familienunterhalt zu einer Anpassung nach § 33 VersAusglG führen.

2. Voraussetzung ist, dass ohne die Kürzung der Versorgung der Beitrag des Ausgleichspflichtigen zum Familienunterhalt höher wäre als der des Berechtigten.

 

Normenkette

BGB § 1360; VersAusglG § 33 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Blomberg (Aktenzeichen 3 F 159/23)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 21.08.2023 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Blomberg vom 08.08.2023 abgeändert und wie folgt gefasst:

Die Kürzung der laufenden Versorgung des Antragstellers bei der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Präsidentin der U., PersNr. N01, wird in Höhe von 273,89 EUR im Monat mit Wirkung ab dem 01.07.2023 ausgesetzt.

Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Der Verfahrenswert wird auf 1.261,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am 00.00.2004 geschlossene Ehe des Antragstellers und der Beteiligten A. (im Folgenden: Ehefrau) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Blomberg vom 10.04.2019 zum Az. 3 F 130/18 rechtskräftig geschieden. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs wurde unter anderem geregelt, dass im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der U. Versorgung zugunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 258,32 EUR monatlich, bezogen auf den 30.06.2018, übertragen wird.

Der am 00.00.1958 geborene Antragsteller erhält von der U. Rente in Form eines Besoldungsbezuges in Höhe von 2.088,62 EUR brutto. Aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs werden hiervon grundsätzlich monatlich 276,43 EUR in Abzug gebracht. Die U. hat bereits mit Bescheid vom 16.12.2021 die Kürzung i.H.v. 2,54 EUR nach den §§ 35, 36 VersAusglG ausgesetzt, weshalb die Kürzung derzeit lediglich noch 273,89 EUR beträgt.

Die am 00.00.1973 geborene Ehefrau erzielt als Reinigungskraft in einem Kindergarten auf Basis eines sog. Minijobs ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 446,00 EUR.

Am 00.00.2023 haben der Antragsteller und seine Ehefrau zum zweiten Mal geheiratet.

Mit Schreiben vom 15.06.2023 hat der Antragsteller persönlich die Eheschließung beim Amtsgericht - Familiengericht - angezeigt und darauf hingewiesen, dass damit der Versorgungsausgleich "entfallen dürfte". Er komme seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Ehefrau selbstverständlich nach.

Auf den Hinweis des Familiengerichts, dass das Ziel seines Schreibens nicht nachvollzogen werden könne, hat der nunmehr anwaltlich vertretene Antragsteller einen Anpassungsantrag nach § 33 VersAusglG gestellt und (sinngemäß) beantragt, die Kürzung seiner anpassungsfähigen Anrechte bei der U. Versorgung in Höhe von derzeit 274,00 EUR mit Wirkung ab dem ersten Tag des Monats nach Antragstellung auszusetzen (Bl. 56 f. GA).

Er hat hierzu vorgetragen, dass seine Ehefrau keine laufende Versorgung erhalten könne und dass sie nicht in der Lage sei, durch eigene Einkünfte ihren unterhaltsrechtlichen Mindestbedarf beim Zusammenleben mit einem Ehegatten sicherzustellen. Sein - des Ausgleichspflichtigen - Beitrag zum Familienunterhalt unter Berücksichtigung der ungekürzten Rente oder Versorgung sei höher als der seiner ausgleichsberechtigten Ehefrau.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 08.08.2023 hat das Amtsgericht - Familiengericht - den Anpassungsantrag zurückgewiesen und zur Begründung (unter Verweis auf die Literaturmeinung BeckOKG/Maaß, 01.05.2023, VersAusglG § 33 Rn. 33 ff.) ausgeführt, beim Familienunterhalt nach § 1360 BGB handele es sich nicht um einen Anspruch auf Unterhalt im Sinne der Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB. Da die Vorschrift keinen Anspruch des einen Ehegatten gegen den anderen auf eine unabhängig vom beiderseitigen Einvernehmen bestimmbare Leistung gewähre, fehle es an der von § 33 Abs. 1 VersAusglG vorausgesetzten Situation, die von der Verpflichtung einer ohne die Kürzung zu zahlenden Geldrente ausgehe. Zudem müsse die Ehefrau darlegen, warum sie nur einer zeitweisen Tätigkeit nachgehe und wie sie ihren Lebensunterhalt zwischen Scheidung und zweiter Eheschließung bestritten habe. Denn auch die Ehefrau sei zu Familienunterhalt verpflichtet, der konkret zu beziffern sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Er vertritt die Auffassung, dass es sich bei § 1360 BGB sehr wohl um einen Anspruch im Sinne der Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB handele. Zwar sei der Familienunterhalt auf Naturalunterhalt und nicht auf Zahlung einer Geldrente gerichtet. Es sei aber durchaus möglich, den Familienunterhalt in Geldbeträgen auszudrücken. Der Antragsteller verweist insofern auf den sog. Taschengeldanspruch und auf den Anspruch auf Zahlung einer Geldrente für den Fall der Pflegebedürftigkeit und Heimunterbringung eine...

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