Leitsatz (amtlich)
›Zur Ergänzung einer Kostenentscheidung um die unterlassene Auslagenentscheidung. die zugunsten des Nebenklägers hätte ergehen müssen.‹
Gründe
I.
Gegen den Verurteilten ist durch Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 20. Juni 2000 wegen Raubes in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Seine dagegen gerichtete Berufung hat der Verurteilte in der Berufungshauptverhandlung vor der 1. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bochum - auswärtige Strafkammer Recklinghausen - am 14. Dezember 2000 zurückgenommen. Die Strafkammer hat daraufhin folgende Kostenentscheidung verkündet:
"Der Angeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und seine notwendigen Auslagen, nachdem er die Berufung zurückgenommen hat.
Über die der Nebenklägerin in der Berufungsinstanz erwachsenen notwendigen Auslagen hat das Landgericht Bochum keine Entscheidung getroffen.
Gegen diesen Beschluss, der in Abwesenheit der Nebenklägerin und ihres Rechtsbeistandes verkündet und weder ihr noch dem ihr beigeordneten Rechtsanwalt W. zugestellt worden ist, wendet sie sich mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 24. April 2001.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den angefochtenen Beschluss dahingehend zu ergänzen, dass dem Verurteilten auch die der Nebenklägerin in der Berufungsinstanz erwachsenen notwendigen Auslagen auferlegt werden.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 464 Abs. 3 Satz 1 StPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Gemäß § 464 Abs. 3 Satz 1 StPO ist die - auch die unterbliebene ( vgl. OLG Hamm NDR 1986, 1048; OLG Düsseldorf VRS 96, 99; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 464 Rdnr. 8 ) - Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen mit der sofortigen Beschwerde angreifbar, es sei denn,,,eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer ist nicht statthaft" (vgl. § 464 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz StPO) . Nicht statthaft ist die Anfechtung dann, wenn sie schon nach der Art der Hauptentscheidung nicht zulässig ist oder wenn die betroffene Person unabhängig von der Frage der Beschwer nicht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt ist (vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 128.m.w.Nachw.).Die Kosten- und Auslagenentscheidung ist demgemäss u.a. unanfechtbar, wenn in der Hauptsache der Instanzenzug beendet ist. In diesem Fall ist kein sachlicher. Grund ersichtlich, dass die Rechtsordnung für Nebenentscheidungen einen weitergehenden Instanzenzug zur Verfügung stellen soll als für die Hauptentscheidung selbst (SchlHOLG JurBüro 1987, 556). Diese Erwägungen treffen für den Fall einer Berufungsrücknahme jedoch nicht zu, denn falls das Landgericht über die Berufung des Angeklagten entschieden hätte, wäre gegen diese Entscheidung grundsätzlich das Rechtsmittel der Revision und daneben auch die Kostenbeschwerde statthaft gewesen. Etwas anderes kann auch nicht gelten, wenn das Rechtsmittel in der Berufungsinstanz zurückgenommen worden ist.
Ebenso wenig ergibt sich die Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde aus dein beschränkten Anfechtungsrecht der Nebenklägerin gemäß § 400 Abs. 1 StPO. Zwar wäre die Nebenklägerin nicht zur Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils berechtigt gewesen mit dem Ziel, dass eine andere Rechtsfolge verhängt wird, jedoch war der gegen den Angeklagten ergangene Schuldspruch infolge seiner unbeschränkten Berufungseinlegung noch nicht in Rechtskraft erwachsen (vgl. Löwe-Rosenberg-Hilger, StPO, 25.Aufl., § 464 Rdnr. 58, der auf den Senatsbeschluss vom 2". Februar 1998 in 2 Ws 13/98, abgedr. in NStZ-RR 1999, 541 verweist)
Die sofortige Beschwerde ist auch. rechtzeitig eingelegt worden. Der angefochtene Beschluss ist in Abwesenheit der Nebenklägerin und ihres Vertreters verkündet worden. Eine förmliche Zustellung des Beschlusses ist bislang nicht erfolgt, vielmehr ist dem Vertreter der Nebenklägerin der Inhalt des Beschlusses formlos durch Schreiben des Amtsgerichts Recklinghausen vom 10. April 20Q1, das ihm am 18. April 2001 zugegangen ist, mitgeteilt worden. Die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gemäß § 311 Abs. 2 StPO ist somit nicht in Lauf gesetzt worden ( vgl. Kleinknecht/ Meyer-Goßner, a.a.O., § 311 Rdnr. 2).
Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Gemäß § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO sind dem Angeklagten bei Rücknahme seines Rechtsmittels die dadurch dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Der Angeklagte ist in erster Instanz u.a. wegen einer Tat verurteilt worden - nämlich wegen fahrlässiger Körperverletzung -, die im Sinne des § 472 Abs. 1 Satz 1 StPO die Nebenklägerin,,betrifft". Gemäß § 395 Abs. 3 StPO war die Beschwerdeführerin demnach zum Anschluss als Nebenklägerin berechtigt und ist zu Recht durch Beschluss des Amtsgerichts Recklinghausen vom 6. Januar 2000 wirksam als Nebenklägerin unter Beiordnung von Rechtsanwalt W. aus Recklinghausen zugelassen worden.
Dem Verurteilten sind die Au...