Leitsatz (amtlich)
Einem Erbenermittler steht kein private Geheimhaltungsinteressen überwiegendes berechtigtes Interesse auf Einsicht in Nachlassakten zu, wenn Ziel seines Begehrens die Erlangung von Anfangsinformationen ist, auf deren Grundlage er eigene Ermittlungen zur Feststellung von Erben aufzunehmen beabsichtigt, nachdem das Nachlassgericht das Fiskuserbrecht bereits festgestellt hat.
Normenkette
FGG § 34 Abs. 1; FamFG § 13; BGB § 1964
Verfahrensgang
LG Hagen (Beschluss vom 08.12.2009; Aktenzeichen 3 T 75/09) |
AG Lüdenscheid (Aktenzeichen 9 VI 325/08) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte betreibt ein Büro für Erbenermittlungen mit Sitz in C. Er begehrt die Einsichtnahme in die gerichtlichen Nachlassakten.
Die Erblasserin verstarb kinderlos und unverheiratet. Eine letztwillige Verfügung hinterließ sie nicht. Mit Beschluss vom 20.04.2005 ordnete das Amtsgericht die Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben an und bestellte den Notar Dr. L in M zum Nachlasspfleger. Nachdem gesetzliche Erben auch nach öffentlicher Aufforderung (§ 1965 BGB) nicht ermittelt werden konnten, stellte das Amtsgericht mit Beschluss vom 27.10.2008 fest, dass ein anderer Erbe als das Land Nordrhein-Westfalen nicht vorhanden ist (§ 1964 BGB).
Unter Bezugnahme auf die öffentliche Aufforderung beantragte der Beteiligte - neben einer Reihe weiterer Erbenermittler - am 11.09.2008 die Übersendung der Nachlassakten nebst Beiakten an das Notariat II in C, hilfsweise vorab die Erteilung von Auskünften über nächste Angehörige der Erblasserin. Dies lehnte das Amtsgericht mit Beschluss vom 15.09.2008 ab. Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Beteiligten vom 18.09.2009, die das LG mit Beschluss vom 08.12.2009 zurückwies.
Der Beteiligte hält an seinem Begehren auf Gewährung von Einsicht in die Nachlassakten mit seiner weiteren Beschwerde vom 17.12.2009 fest. Er beabsichtigt die Fortführung eigener Nachforschungen zur Ermittlung noch unbekannter Erben der Erblasserin. Die Nachlasspflegschaft ist seit dem 19.03.2009 beendet.
II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG, die auf das vorliegende Verfahren gemäß Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG noch Anwendung finden, statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten folgt bereits daraus, dass seine Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
Das zulässige Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
Das LG ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten ausgegangen. Gegen die Verweigerung oder die Beschränkung der Akteneinsicht steht dem Antragsteller die Beschwerde zu, §§ 19 Abs. 1, 20 FGG, § 11 Abs. 1 RPflG.
In der Sache hat das LG im Ergebnis rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Einsichtnahme in die Nachlassakten nicht gegeben sind.
Soweit ein Recht auf Akteneinsicht nicht bereits aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG folgt, kann das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen die Akteneinsicht insoweit gestatten, als ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird, § 34 Abs. 1 FGG. Hat das Nachlassgericht gemäß § 1964 BGB festgestellt, dass ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist, gewährt § 78 Abs. 1 S. 1 FGG bei glaubhaft gemachtem berechtigten Interesse ein subjektives Recht auf Einsicht der dieser Feststellung vorausgegangenen Ermittlungen. Die Entscheidung gemäß § 34 Abs. 1 FGG ist eine Ermessensentscheidung, die im Rechtsbeschwerdeverfahren einer eingeschränkten Prüfung unterliegt. Bei § 78 Abs. 1 S. 1 FGG handelt es sich demgegenüber um eine gebundene Entscheidung, die eine Pflicht zur Gewährung von Einsicht in die dort bestimmten Aktenstücke begründet (Keidel/Kahl, FG, 15. Aufl. § 34, Rdnr. 3, 15; § 78, Rdnr. 1). Beide Vorschriften gestatten die Einsicht in die Gerichtsakten jedem nur insoweit, als er ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht. Das ist sowohl Tat- als auch Rechtsfrage. Es handelt sich bei den Begriffen "berechtigtes Interesse" und "Glaubhaftmachung" um sog. unbestimmte Rechtsbegriffe (Keidel/Kahl, a.a.O., § 34, Rdnr. 24 m.w.N.), mit der Folge, dass die Nachprüfung der tatsächlichen Verhältnisse dem Gericht der weiteren Beschwerde grundsätzlich verwehrt ist. Ob die festgestellten Tatumstände in ihrer Gesamtheit die Merkmale des unbestimmten Rechtsbegriffs erfüllen, ist jedoch eine Rechtsfrage, die der unbeschränkten Nachprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegt (vgl. OLG Hamm FGPrax 2007, 177 = Rpfleger 2007, 324; OLG Zweibrücken Rpfleger 2003, 89; Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., § 27, Rdnr. 27). Diese Nachprüfung durch den Senat führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass das LG ein berechtigtes Interesse des Beteiligten an einer Einsicht in die Nachlassakten mit Recht verneint hat.
Allerdings lassen sich die Erwägungen, aus denen ein eigenständiges Rec...