Entscheidungsstichwort (Thema)
unerlaubte Beschäftigung von Ausländern
Verfahrensgang
AG Dortmund (Urteil vom 11.03.1977; Aktenzeichen 87 OWi 11 Js 1134/76) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Dortmund zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen § 229 Abs. 1 Nr. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in sechs Fällen zu Geldbußen von insgesamt 14.000,– DM verurteilt und dazu im wesentlichen festgestellt:
Der Betroffene war bis zum Jahre 1976 u.a. alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der inzwischen in Konkurs geratenen Firma … GmbH in … In den Jahren 1974 und 1975 beschäftigte das Unternehmen etwa 220 Mitarbeiter, darunter auch ausländische Arbeitnehmer. Die Personalakten sämtlicher Mitarbeiter wurden in der zur damaligen Zeit vom Zeugen … geleiteten Personalabteilung geführt. Die den ausländischen Arbeitnehmern vom Arbeitsamt erteilten Arbeitserlaubnisse und deren Dauer wurden in zusätzlichen Fristenlisten erfaßt. Der Betroffene führte stichprobenartige Kontrollen dieser Listen durch. Er war im März 1973 aus gegebenem Anlaß auf das Verbot der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern ohne Arbeitserlaubnis hingewiesen worden. Er war durch einen seit dem 18.1.1975 rechtskräftigen Bußgeldbescheid vom 8.1.1975 wegen Verstoßes gegen diese Bestimmungen in drei Fällen mit einem Bußgeld in Höhe von insgesamt 3.000,– DM belegt worden.
Innerhalb des Zeitraums vom 4.3.1975 bis zum 21.7.1975 waren bei der GmbH sechs ausländische Arbeitnehmer zeitweilig, und zwar zwischen 9 Tagen und 4 1/2 Monaten, ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt, weil sie nach Ablauf der ihnen erteilten befristeten Arbeitserlaubnisse erst verspätet einen neuen Antrag gestellt hatten. In einem Fall war die vorhandene Arbeitserlaubnis auf ein anderes Unternehmen beschränkt.
Zur Verantwortung des Betroffenen für diese Verstöße ist im angefochtenen Urteil im wesentlichen ausgeführt: Die Verantwortung sei durch deren Übertragung auf den mit der Führung der Personalabteilung beauftragten Zeugen … nicht gänzlich beseitigt, sondern nur gemindert worden. Die beim Betroffenen verbliebene Überwachungspflicht habe dieser zumindest fahrlässig dadurch verletzt, daß er entweder überhaupt keine regelmäßige Überprüfung der Fristenliste vorgenommen oder die vorgenommenen Prüfungen nicht mit ausreichender Sorgfalt durchgeführt und dadurch vorwerfbar die festgestellten Verstöße gegen das AFG nicht verhindert habe, wozu er bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt in der Lage gewesen wäre.
Abweichend von der dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Beurteilung war dem Betroffenen im Bußgeldbescheid des Arbeitsamtes Dortmund über 50.000,– DM zur Last gelegt worden, als der für die Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern allein zuständige Geschäftsführer der GmbH und damit als der i.S. des § 10 OWiG (gemeint: § 9 OWiG) verantwortlich Handelnde auf Grund eines von vornherein gefaßten Gesamtvorsatzes durch eine fortgesetzte Handlung vorsätzlich den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 229 Abs. 1 Nr. 2 AFG erfüllt zu haben.
Die Rechtsbeschwerde rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie geht davon aus, daß der Betroffene abweichend von der dem Bußgeldbescheid zugrunde liegenden Beurteilung wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht auf der Grundlage des § 130 OWiG verurteilt worden sei. Mit der Verfahrensrüge beanstandet sie, daß der nach ihrer Auffassung deswegen gemäß § 71 OWiG i.Verb.m. § 265 Abs. 1 StPO erforderliche Hinweis auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes unterblieben sei.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
1.) Zu Unrecht beanstandet die Rechtsbeschwerde allerdings den unterbliebenen Hinweis auf § 130 OWiG. Richtig ist zwar, daß der Betroffene auf Grund einer anderen als der im Bußgeldbescheid angeführten Vorschrift zur Rechenschaft gezogen worden wäre, wenn der Schuldspruch aus § 130 OWiG erfolgt wäre; denn § 130 OWiG ist ein selbständiger Ordnungswidrigkeitstatbestand, bei dem eine nach anderen Vorschriften bußgeldbedrohte Pflichtverletzung – hier nach § 229 Abs. 1 Nr. 2 AFG – lediglich als Bedingung der Ahndung der Aufsichtspflichtverletzung vorausgesetzt wird (Göhler, OWiG, 5. Aufl. Anm. 5 u. 6 zu § 130). Einzuräumen ist der Rechtsbeschwerde ferner, daß im angefochtenen Urteil der auf § 229 Abs. 1 Nr. 2 AFG bezogene Fahrlässigkeitsvorwurf entscheidend aus den Erwägungen, die § 130 OWiG zugrunde liegen, hergeleitet worden ist. Das alles ändert jedoch nichts daran, daß der Schuldspruch nach dem insoweit maßgeblichen Urteilsausspruch wegen sechs rechtlich selbständiger Zuwiderhandlungen nach § 229 Abs. 1 Nr. 2 AFG und nicht aus § 130 OWiG erfolgt ist. Insoweit bedurfte es deswegen vom Standpunkt des Amtsgerichts aus eines ...