Leitsatz (amtlich)

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 2010 (1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08 und 1 BvR 586/08) steht einer Verwertung von aufgrund von §§ 100g StPO, 113a TKG erhobenen Telekommunikationsdaten nicht entgegen, wenn diese Daten vor Erlass der Hauptsacheentscheidung in Übereinstimmung mit den Vorgaben der einstweiligen Anordnungen vom 11. März 2008 und 28.10.2008 (jeweils 1 BvR 256/08) gewonnen worden sind.

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Entscheidung vom 08.07.2009; Aktenzeichen 2 KLs 16/09)

 

Tenor

Die Haftbeschwerde wird auf Kosten des Angeklagten als

unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Der Angeklagte befindet sich im hiesigen Verfahren seit dem 02.02.2009 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bielefeld vom selben Tage (9 Gs 487/09) in Gestalt der abändernden Fassung des Haftbefehls des Landgerichts Bielefeld vom 08.07.2009 (2 KLs 16/09) in Untersuchungshaft.

Mit dem Haftbefehl - der der zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 25.05.2009 nach Maßgabe des Eröffnungsbeschlusses des Landgerichts Bielefeld vom 08.07.2009 entspricht - wird dem bereits einschlägig vorbestraften Angeklagten schwerer Bandendiebstahl in zwölf Fällen - dabei in drei Fällen als versuchte Tat - ein Urkundsvergehen sowie die unerlaubte Einreise in das Bundesgebiet unter Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz vorgeworfen.

Der Angeklagte sowie 6 weitere Mitangeklagte sollen als Mitglieder einer europaweit agierenden Bande bzw. eines Netzwerks von Einbrechern kosovarischer Herkunft seit einigen Jahren fortlaufend in wechselnder Beteiligung und arbeitsteiligem Zusammenwirken im gesamten Bundesgebiet sowie im angrenzenden europäischen Ausland Einbruchsdiebstähle begangen haben, um dauerhaft den eigenen sowie den Lebensunterhalt ihrer teilweise im Kosovo verbliebenen Familien zu bestreiten. Als bevorzugte Tatobjekte sollen Geschäftsgebäude im Hinblick auf dort vorhandene Tresore mit erheblichem Bargeldbestand und ausgewählte Wohnstätten mit hoher Beuteerwartung ins Auge gefasst worden sein.

Im Einzelnen soll der Angeklagte in der Zeit vom 20.06.2008 bis zum 30.11.2008 an verschiedenen Orten im Bundesgebiet mittäterschaftlich an zwölf, dabei drei versuchten, schweren Bandendiebstählen mitgewirkt haben, wobei zum Teil Bargeldbeträge im hohen fünfstelligen Bereich erbeutet worden waren. Wegen der Einzelheiten der dem Angeklagten zur Last gelegten Taten wird auf den Haftbefehl des Landgerichts Bielefeld vom 08.07.2009 sowie die sich zu diesen Taten verhaltende Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 25.05.2009 Bezug genommen.

Zum Gang der Ermittlungen lässt sich festhalten, dass die Ermittlungsbehörden aus Anlass der haftbefehlsgegenständlichen Tat (4) vom 20./21.08.2008, bei dem die Verladung eines zunächst aus einer Postfiliale entwendeten 1 x 2 m großen Tresors mit einem Bargeldbestand i.H.v. 52.000,- Euro auf ein zuvor entwendetes Transportfahrzeug fehlgeschlagen war, aufgrund des modus operandi von einem bandenmäßigen Vorgehen ausgingen. Zur weiteren Erkenntnisgewinnung erließ das Amtsgericht Bielefeld am 04.09.2008 (9 Gs 4545/08) auf Antrag der Ermittler einen Beschluss, wonach im Einzelnen benannte Mobilfunkbetreiber gem. § 100g StPO verpflichtet wurden, der abrufenden Behörde Auskunft zu erteilen, welche Mobiltelefone in einem eingegrenzten Tatzeitraum in der entsprechenden Funkzelle eingeloggt waren bzw. dort telefoniert haben.

Der Beschluss enthielt den ausdrücklichen Hinweis, dass die Maßnahme nicht auf § 100a Abs. 2 StPO gestützt werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diesen sowie die nachfolgend genannten Beschlüsse Bezug genommen.

Aufgrund dieses sowie weiterer Beschlüsse vom 27.09.2008 (9 Gs 4907/08), 06.11.2008 (9 Gs 5655/08) und 17.11.2008 (9 Gs 5860/08), mit denen das Amtsgericht Bielefeld gem. §§ 100a, 100g StPO nunmehr unter Zugrundelegung einer bandenmäßigen Vorgehensweise u.a. die Ermittlung und Herausgabe der retrograden Verkehrsgeodaten sowie die Überwachung und Aufzeichnung des Fernmeldeverkehrs betreffend bestimmter Anschlüsse anordnete, ließen sich dem Angeklagten die IMEI-Nummer #### (Taten (1) - (7)) sowie die Ruf-Nrn. ####1 (Taten (4) - (7)) und ####2 (Taten (1) - (3)) zuordnen. Weitere Beschlüsse vom 16. (9 Gs 6368/08) und 22.12.2008 (9 Gs 6457/08) ermöglichten die Zuordnung der Rufnummer ####4 sowie eines weiteren bei den Taten (10) - (12) verwendeten Mobiltelefons mit der IMEI-Nummer ####3.

Am 17.07.2009 hat die Hauptverhandlung begonnen.

Bereits im August 2009 haben die Verteidiger des Angeklagten der Verwertung sämtlicher Ergebnisse aus der durchgeführten Mobilfunk- und Telekommunikationsüberwachung, insbesondere der Erkenntnisse aus der Funkzellenüberwachung, widersprochen. Diese Beanstandungen hat die Kammer mit Beschluss vom 21.08.2009 - auf den Bezug genommen wird - zurückgewiesen und die angegriffenen ermittlungsrichterlichen Beschlüsse in der Zeit vom 04.09.2008 - 17.11.2008 für rechtmäßig befunden .

Unter dem 02. und 03.03.2010 haben die Verteidiger der...

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