Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 20 O 3/22) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Erstattung einer Einigungsgebühr.
Der Kläger nahm die Beklagte auf Räumung und Herausgabe von Gewerbeflächen in Anspruch. Die Parteien beendeten das Verfahren durch einen außergerichtlich vereinbarten, nach § 278 VI ZPO von der Kammer festgestellten Vergleich, in dem sie hinsichtlich der Kosten regelten,
"Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits".
Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger seine außergerichtlichen Kosten zunächst mit insgesamt 2.897,00 EUR angemeldet und dabei eine 1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG berücksichtigt (vgl. Bl. I 85 d.eA.). Auf den Hinweis der Rechtspflegerin, dass die Einigungsgebühr nicht festsetzbar sei, weil die Parteien im Vergleich nichts über die Kosten des Vergleichs vereinbart hätten, diese damit als gegeneinander aufgehoben anzusehen seien (§ 98 ZPO), hat der Kläger diesen Kostenfestsetzungsantrag "berichtigt" und seine außergerichtlichen Kosten ohne die Einigungsgebühr mit nur noch 2.075,00 EUR beziffert (Bl. I 99 d.eA).
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.06.2022 hat die Rechtspflegerin angeordnet, dass die Beklagte dem Kläger insgesamt 3.279,00 EUR nebst Zinsen zu erstatten habe. Dabei hat sie - neben Gerichtskosten in Höhe von 382,00 EUR - die ursprünglich vom Kläger angemeldeten außergerichtlichen Kosten insgesamt angesetzt.
Dagegen hat die Beklagte unter Hinweis auf den korrigierten Kostenfestsetzungsantrag des Klägers sofortige Beschwerde eingelegt. Die Parteien hätten sich darauf verständigt, die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufzuheben.
Der Kläger hat daraufhin gemeint, die Korrektur sei nur irrtümlich erfolgt; der ursprüngliche, nunmehr erneut "berichtigend" gestellte Antrag sei zutreffend, weil nach gefestigter Rechtsprechung eine in einem gerichtlichen Vergleich getroffene Kostenregelung, nach welcher eine Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, regelmäßig auch die infolge des Vergleichsabschlusses entstandene Einigungsgebühr erfasse. Die Kosten eines Prozessvergleichs gehörten regelmäßig zu den Kosten des Rechtsstreits, weil beides von den Parteien gewöhnlich als Einheit angesehen werde.
Mit Beschluss vom 23.02.2023 hat die Rechtspflegerin der sofortigen Beschwerde der Beklagten abgeholfen und den vorgenannten Kostenfestsetzungsbeschluss dahingehend abgeändert, dass die Beklagte an den Kläger lediglich 2.457,00 EUR nebst Zinsen zu erstatten habe. Die Einigungsgebühr sei nicht zu berücksichtigen, weil die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs gem. § 98 S. 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen seien, wenn die Parteien nicht ein anderes vereinbart haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelte § 98 S. 1 ZPO grundsätzlich auch dann, wenn die Parteien einen gerichtlichen Vergleich abschließen. Auch hier sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich zwischen den Kosten des Rechtsstreits und den Kosten des Vergleichs zu unterscheiden.
Gegen diese Entscheidung wendet sich nunmehr der Kläger unter Hinweis auf seine bisherigen Ausführungen.
Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen und die Sache dem zuständigen Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Nachdem der Senat die Parteien darauf hingewiesen hatte, dass die Beklagte ausdrücklich vorgetragen habe, die Parteien hätten sich darauf verständigt, die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufzuheben, weshalb der Kläger seinen ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrag auch entsprechend korrigiert habe, und der Kläger dem nicht entgegengetreten sei, hat der Kläger einen bis dato nicht bei der Akte befindlichen Schriftsatz vom 23.08.2022 vorgelegt, in dem er vorgetragen hatte, eine Verständigung der Parteien darüber, dass die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufzuheben wären, sei weder mündlich noch schriftlich erfolgt.
Die Beklagte hat daraufhin erklärt, die Parteien hätten keine Vereinbarung über die Vergleichskosten getroffen. Damit gälten diese als aufgehoben.
Unter dem 16.05.2023 hat der Senat die Parteien nach Vorberatung auf Folgendes hingewiesen:
Nach inzwischen unstreitigem Vortrag der Parteien haben diese keine konkrete Vereinbarung darüber getroffen, wer die Kosten des Vergleichs zu tragen habe. Soweit ersichtlich, ist hierüber zwischen ihnen auch nicht gesprochen oder verhandelt worden.
Danach bestehen aus Sicht des Senats keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die von den Parteien getroffene Regelung zu den "Kosten des Rechtsstreits" die Kosten des Vergleichs mit umfassen sollte. Einziger Grund für diese Annahme wäre, dass die Parteien den betreffenden Vergleich durch einen deklaratorischen Prozessbeschluss nach § 278 VI ZPO geschlossen haben. Das allein genügt aber nach Vorberatung - wohl entgegen der Auffassung des BGH in NJW 2009,...