Leitsatz (amtlich)
Restschuldversicherung:
Ob die Ausschlussklausel einer Restschuldversicherung für bekannte ernstliche Erkrankungen wirksam ist, ist sehr zweifelhaft (und kann im Prozeskostenhilfeverfahren jedenfalls nicht bejaht werden).
Verfahrensgang
LG Münster (Beschluss vom 10.06.2008; Aktenzeichen 15 O 97/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss der 15. Zivilkammer des LG Münster vom 10.6.2008 aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung an das LG Münster - 15. Zivilkammer - zurückverwiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Das gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Rechtsmittel ist begründet. Das LG hat über den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats - erneut zu entscheiden. Dem Kläger kann nach derzeitigem Erkenntnisstand Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung, ein möglicher Anspruch des Klägers (der hier aus §§ 280 Abs. 1, 281 bs. 1 Satz 1 BGB in Betracht kommt) sei nach § 6 der Bedingungen für die Restschuldversicherung ausgeschlossen, versagt werden.
I. Entgegen der im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung bestehen erhebliche Bedenken daran, ob § 6 der Bedingungen für die Restschuldversicherung (Bl. 10b d.A.) wirksam ist (vgl. BGH VersR 1996, 486; OLG Saarbrücken NJW-RR 2008, 280; OLG Brandenburg VersR 2007, 1071; OLGReport Saarbrücken 2004, 183; OLG Frankfurt VersR 2000, 1135; Senat r+s 1999, 294; Knappmann VersR 2006, 495 ff.).
Allerdings haben die OLG Koblenz (VersR 2008, 383) Dresden (VersR 2006, 61), Schleswig (OLGReport Schleswig 2006, 395) und Düsseldorf (VersR 2000, 1093) die Auffassung vertreten, dass ein Abweichen von dem System der §§ 16 ff. VVG (a.F.) zulässig sei. Es aber zweifelhaft, ob dem (insbesondere auch unter Berücksichtigung der vorgenannten BGH-Entscheidung) zu folgen ist. Zudem weist der Streitfall die Besonderheit auf, dass § 6 der Bedingungen möglicherweise intransparent ist (Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB), weil "ernstliche Erkrankungen" in Abs. 1 und "ernstliche Gesundheitsstörungen" in Abs. 2 unterschiedlich definiert werden und weil für den Versicherungsnehmer nicht erkennbar ist, nach welchen Maßstäben die Beurteilung gem. Abs. 2 erfolgen soll.
Da das Prozesskostenhilfeverfahren nicht dem Zweck dient, über streitige und höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfragen abschließend vorweg zu entscheiden (BVerfG NJW-RR 2005, 500; BGH FamRZ 2005, 1477), kann die - relevante - Frage nach der Wirksamkeit der Klausel jedenfalls nicht im Prozesskostenhilfeverfahren beantwortet werden.
II. Da das LG sich zu den (weiteren) Erfolgsaussichten des Klageantrages
(insb. zur Höhe) sowie zu den wirtschaftlichen Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bisher nicht geäußert hat und es der Senat nicht als sachgerecht ansieht, diese Prüfungen erstmals in der Beschwerdeinstanz vorzunehmen, war die Sache zur abschließenden Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers zur Prüfung der noch offenen Voraussetzungen an das LG zurückzuverweisen (§ 572 Abs. 3 ZPO).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2192614 |
VersR 2009, 1482 |
VK 2009, 177 |
r+s 2010, 252 |
OLGR-Mitte 2009, 585 |