Leitsatz (amtlich)
1) Die einer GmbH, deren Geschäft den Handel mit Immobilien zum Gegenstand hat, in einer notariellen Urkunde erteilte Vollmacht zur Veräußerung von Grundstücken umfasst im Zweifel auch die Befugnis, im Wege der Untervollmacht einem Prokuristen der Gesellschaft den Abschluss des Rechtsgeschäfts zu übertragen.
2) Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass § 49 Abs. 2 HGB dahin auszulegen ist, dass die Beschränkung der Vertretungsmacht des Prokuristen nur die Veräußerung und Belastung von Grundstücken des Kaufmanns betrifft, den der Prokurist vertritt.
Normenkette
BGB § 164; HGB § 49 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Dortmund (Beschluss vom 11.01.2011; Aktenzeichen 9 T 434/09) |
AG Dortmund (Aktenzeichen D-77609-10) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und die Zwischenverfügung des Grundbuchamts werden aufgehoben.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) ist als Eigentümerin der in dem eingangs genannten Grundbuch verzeichneten Grundstücke eingetragen. Sie darf über die Grundstücke nur mit Zustimmung des nach § 70 VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) bestellten Treuhänders I oder dessen Stellvertreters verfügen.
Durch notariellen Vertrag vom 19.12.2008 (Urkunde Nr. 1907/2008 des Notars Dr. Q2 in N) brachte die Beteiligte zu 1), die Q AG (abgekürzt Q), mit Zustimmung des im Grundbuch eingetragenen Treuhänders die Grundstücke mit Wirkung vom 31.12.2008 in die damals noch in Gründung befindliche Beteiligte zu 2), die Q Grundstücksverwaltungs GmbH & Co KG, ein und erklärte die Auflassung. Die Gründung der Beteiligten zu 2) wurde unter dem 19.12.2008 zum Handelsregister angemeldet, die Registereintragung erfolgte am 5.1.2009.
Bei Vertragsschluss wurde die Beteiligte zu 1) aufgrund der Vollmacht vom 12.11.2007 von der W3 GmbH (im Folgendem: W3 GmbH) und diese wiederum von ihren Prokuristen I2 und S vertreten. Die unterschriftsbeglaubigte Vollmachtserteilung der Beteiligten zu 1) an die W3 GmbH (Urkunde Nr. 1444/2007 des Notars Dr. Q in N) lautet auszugsweise:
"Mit Funktionsausgliederungs- und Dienstleistungsvertrag vom 13.12.2006 hat die Q einen Teil ihrer Vermögensverwaltung auf die W3 übertragen.
Gemäß § 7 Abs. 1 des Funktionsausgliederungs- und Dienstleistungsvertrags erteilt die Q der W3 Vollmacht, sie im Rahmen der Vermögensverwaltung in vollem Umfang, auch gegenüber Behörden und Gerichten, zu vertreten. Der Vertretungsbereich erstreckt sich auf das gesamte Vermögen der Q mit Ausnahme folgender Anlageformen:
- strategische Beteiligungen
- Darlehen (inkl. Nachrangdarlehen und stille Beteiligungen) an verbundene Unternehmen
Die Vollmacht erstreckt sich des Weiteren auf sämtliche Geschäfte und Rechtshandlungen, die zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Q in dem genannten Bereich erforderlich oder zweckmäßig sind, insbesondere auf
- ...
- den Erwerb und die Veräußerung von Anteilen an Grundstücks(beteiligungs)-gesellschaften sowie die Wahrnehmung der mitgliedschaftsrechtlichen Rechte der Q in und gegenüber diesen Gesellschaften
- den Erwerb und die Veräußerung von bebauten und unbebauten Grundstü-cken sowie grundstücksgleichen Rechten
- ...
Die Beteiligte zu 2) wurde von dem Geschäftsführer ihrer Komplementärin, der W Verwaltungs GmbH, I3 vertreten. Einzige Kommanditistin der Beteiligten zu 2) ist die Beteiligte zu 1). Der Gesellschaftszweck der Beteiligten zu 2) beschränkt sich auf die Verwaltung des eigenen Grundvermögens.
Mit Schreiben vom 7.7.2009 übersandte der Urkundsnotar den Vertrag vom 19.12.2008 an das Grundbuchamt mit dem Antrag, die Umschreibung des Eigentums und die vom Treuhänder bewilligte Löschung des Treuhändersperrvermerks im Grundbuch zu vollziehen.
Mit Zwischenverfügung vom 13.7.2009 wies das Grundbuchamt darauf hin, der Eintragung stehe u.a. entgegen, dass die Veräußerungsgenehmigung der Beteiligten zu 1) nebst Nachweis der Vertretungsbefugnis der dabei für sie handelnden Organe fehle. Die Vollmachtserteilung vom 12.11.2007 nehme nämlich "strategische Beteiligungen" vom Umfang der Vertretungsmacht aus und es sei nicht auszumachen, ob hier eine solche vorliege; außerdem seine die Prokuristen nicht nach § 49 Abs. 2 HGB zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken besonders befugt. Zwar veräußerten sie vorliegend keine eigenen Grundstücke der W3 GmbH, der Vollmachtgeber müsse aber davon ausgehen, dass bei Veräußerung seiner Grundstücke die gleichen Maßstäbe angelegt werden wie bei dem Grundeigentum der Bevollmächtigten selbst. Zur "Veräußerung von Grundstücken" zähle auch die Einbringung von Grundstücken in eine Gesellschaft.
Hiergegen legte die Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom 20.7.2009 Beschwerde ein (die weitere Beanstandung ist nicht Gegenstand der Beschwerde und weiteren Beschwerde), der das Grundbuchamt nicht abhalf und die das LG mit Beschluss vom 11.1.2011 zurückwies. Gegen die Entscheidung des LG richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2).
II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 78, 80 GBO, Art 111 FG-ReformG statthaft und auch sonst zulässig. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) fo...