Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die tatrichterlichen Ausführungen, wenn der Betroffene anhand eines von dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes identifiziert werden soll.
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Entscheidung vom 27.10.2004) |
Tenor
1.
Die Sache wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
Dies ist eine Entscheidung des Einzelrichters des Senats.
2.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 27.10.2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.
Gründe
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 25.01.2005 Folgendes ausgeführt:
" I.
Das Amtsgericht Bielefeld hat gegen den Betroffenen durch Urteil vom 27.10.2004 wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 37 Abs. 2, 49 StVO eine Geldbuße in Höhe von 125,00 EUR festgesetzt. Ferner hat es gegen den Betroffenen ein Fahrverbot von einem Monat mit der Maßgabe angeordnet, dass dies erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet worden. Ihr ist auch in der Sache ein - zumindest vorläufiger - Erfolg nicht zu versagen.
Die Feststellungen im angefochtenen Urteil zur Täterschaft des Betroffenen, der seine Fahrereigenschaft nicht eingeräumt hat, entsprechen nicht den Anforderungen, die die obergerichtliche Rechtsprechung an die Darlegung im Urteil zur Identifizierung des Betroffenen anhand eines von dem Verkehrsverstoß gefertigten Beweisfotos stellt. Falls - wie vorliegend - eine prozessordnungsgemäße Verweisung auf das bei der Akte befindliche Beweisfoto gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG nicht erfolgt ist, so dass dem Rechtsbeschwerdegericht eine eigene Betrachtung des Fotos verwehrt bleibt, muss das Tatgericht ausführlich die Bildqualität und die charakteristischen Identifizierungsmerkmale beschreiben, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung zu ermöglichen, ob das in Augenschein genommene Lichtbild zur Identifizierung geeignet ist (zu vgl. BGH NZV 1996, 157 f, Senatsbeschluss vom 16.07.2002 - 3 Ss OWi 538/02 -; OLG Hamm, Beschluss vom 15.03.2004 - 2 Ss OWi 147/04 -).
Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Es enthält zum einen keine näheren Ausführungen zur Qualität des Radarfotos. Zum anderen werden die vom Tatgericht aufgeführten Identifizierungsmerkmale des Betroffenen (Gesichtsform, Haaransatz, Stellung von Augen, Nase und Mund) nicht konkret beschrieben und ermöglichen dem Senat daher in keiner Weise die Überprüfung, ob der Tatrichter zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Betroffene und die auf dem Lichtbild abgebildete Person identisch sind.
Eine zusätzliche Beschreibung einzelner Identifizierungsmerkmale wäre nur dann entbehrlich gewesen, wenn eine gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG prozessordnungsgemäße Verweisung auf das bei den Akten befindliche Lichtbild erfolgt wäre. Eine solche Bezugnahme auf das Lichtbild muss jedoch deutlich und zweifelsfrei sein. Demgegenüber ist es nicht ausreichend, wenn das Urteil - wie hier - nur Ausführungen dazu enthält, dass das entsprechende Lichtbild in Augenschein genommen und mit dem in der Hauptverhandlung erschienenen Betroffenen verglichen worden ist. Mit diesen Ausführungen wird nämlich nur der Beweiserhebungsvorgang, aufgrund dessen der Tatrichter sich seine Überzeugung von der Identität des Betroffenen als Fahrer gebildet hat, beschrieben. Der bloßen Mitteilung, das Lichtbild in der Hülle Bl. 31 d.A. sei in Augenschein genommen worden, lässt sich nicht entnehmen, dass das Lichtbild zum Inhalt der Urteilsurkunde gemacht worden ist.
Da bereits die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils führt, wird von Ausführungen zu der daneben erhobenen Aufklärungsrüge in Form der unzulässigen Ablehnung eines Beweisantrages abgesehen."
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an und macht sie zur Grundlage seiner Entscheidung.
Von einer Zurückverweisung der Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bielefeld hat der Senat abgesehen, da er hierfür keine Veranlassung erkennen konnte.
Fundstellen