Entscheidungsstichwort (Thema)
Gefährdung des Kindeswohls: Entziehung des väterlichen Sorgerechts bei ablehnender Haltung ggü. gebotener Fremdunterbringung der Kinder. Entbindung des Jugendamtes von der Aufgabe der Ergänzungspflegschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Entziehung des väterlichen Sorgerechts wegen Kindeswohlgefährdung bei nachhaltig ambivalenter Haltung gegenüber einer gebotenen Fremdunterbringung der Kinder.
2. Entbindung des Jugendamtes von der Aufgabe der Ergänzungspflege wegen fehlender ernsthafter Bemühungen, Empfehungen eines gerichtlich eingeholten Gutachtens nachhaltig umzusetzen.
Normenkette
BGB § 1666
Verfahrensgang
AG Ibbenbüren (Beschluss vom 08.09.2008; Aktenzeichen 41 F 315/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Ibbenbüren vom 8.9.2008 wird zurückgewiesen.
In Abänderung des Beschlusses des AG - Familiengericht - Ibbenbüren vom 8.9.2008 wird das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht, Anträge auf Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII zu stellen, im Hinblick auf die Kinder
X1 X, geboren am 16.8.1998 und
X2 X, geboren am 18.5.1996
dem Jugendamt der Stadt Ibbenbüren entzogen und Frau T, T-Str. b, ... M als Ergänzungspflegerin, die ihr Amt berufsmäßig ausübt, übertragen.
Von der Erhebung von Kosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen.
Gründe
I. Die Parteien sind die leiblichen Eltern der am 28.5.1996 geborenen X2 und des am 16.8.1998 geborenen X1 X.
Nachdem die Antragsgegnerin 1990 im Alter von 23 Jahren mit ihrer Mutter aus Vietnam nach Deutschland gekommen war, heiratete sie Herrn X. Aus dieser Ehe ist das Kind X3 X, geboren am 22.1.1992 hervorgegangen. Im Jahr 1993 lernte die Antragsgegnerin den Antragsteller kennen, der in ihrem Nachbarhaus wohnte. Der Antragsteller ist und war verheiratet mit Frau M. Die Ehe ist kinderlos geblieben.
1996 kam X2 zur Welt, wobei den Beteiligten klar war, dass X2 nicht von Herrn X, sondern von dem Antragsteller abstammte. Nach einer zwischenzeitlichen Trennung der Eheleute X fanden diese im Jahr 1997/98 wieder zueinander und erwarben gemeinsam in S ein Haus. In der Folgezeit kam es nur noch zu gelegentlichen Kontakten zwischen den Parteien. Gleichwohl wurde im Jahr 1998 aus dieser Beziehung X1 geboren. Im Jahr 2000 trennten sich die Eheleute X. Die Antragsgegnerin übernahm das Haus in S gegen Auszahlung des hälftigen Anteils an Herrn X. In der Folgezeit wurde ein Vaterschaftstest durchgeführt, der schließlich mit letzter Sicherheit ergab, dass der Antragsgegner der leibliche Vater von X2 und X1 war.
Nach der Trennung der Antragsgegnerin von Herrn X lebten alle drei Kinder zunächst in ihrer Obhut.
Im Jahr 2003 rief das Jugendamt des Kreises Steinfurt erstmalig das Familiengericht gem. § 50 KJHG zur Abwendung einer Gefahr für das Kindeswohl an. Zur Begründung wurde der Verdacht der Vernachlässigung der Aufsichtspflicht für die Kinder, eine mögliche Unterversorgung der Kinder und mögliche unangemessene Bestrafungen der Kinder wie körperliche Züchtigungen angeführt. Auch wurde der Antragsgegnerin vorgeworfen, häufig wechselnde Bekanntschaften zu Männern zu haben und hierbei keinerlei Rücksicht auf die Kinder zu nehmen. Ergebnis des Verfahrens war die Beantragung von sozialpädagogischer Familienhilfe durch die Kindesmutter.
Durch vor dem Jugendamt des Kreises Steinfurt beurkundete Erklärungen vom 15.12.2003 begründeten die Parteien für die Kinder X1 und X2 die gemeinsame elterliche Sorge (§ 1626a BGB).
Im Juni 2004 strengte der Antragsteller ein Sorgerechtsverfahren (4 F 408/04 AG Ibbenbüren) sowie ein Umgangsverfahren (4 F 409/04) gegen die Antragsgegnerin an. Beide Verfahren endeten mit einem Zwischenvergleich, mit welchem der Umgang und die Mitbetreuung der Kinder durch den Antragsteller regelte.
Anfang 2005 lernte die Antragsgegnerin einen Herrn T3 kennen, welchen sie im Dezember 2005 ehelichte. Die Trennung erfolgte im August 2006.
Im Sommer 2007 nahm die Antragsgegnerin eine Beziehung zu einem Herrn K auf und plante einen Umzug an seinen Wohnort C.
Am 18.8.2007 erlitt die Ehefrau des Antragstellers bei einem Ausflug, den sie gemeinsam mit dem Antragsteller und den Kindern X1 und X2 unternahm, einen schweren Unfall, welcher vorübergehend zu einer Querschnittslähmung und einer Beatmungspflicht führte. Auch in der Folgezeit war die Ehefrau des Antragstellers noch schwer pflegebedürftig und hat sich bis heute von den Folgen des Unfalls nicht gänzlich erholt.
Am 25.8.2007 kam es zu einer streitigen Auseinandersetzung der Antragsgegnerin mit den Kindern X1 und X2, anlässlich derer es auch zu einem Polizeieinsatz kam.
Mit Schriftsatz vom 26.9.2007 hat daraufhin der Antragsteller im vorliegenden Verfahren die Übertragung der elterlichen Sorge für die Kinder X1 und X2 auf sich allein beantragt. Darüber hinaus hat er beantragt, durch einstweilige Anordnung ohne mündliche Verhandlung ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder zu übertragen. Nach Anhörung von X1 und X2 am 27.9.2007 hat das AG Ibbenbüren i...