Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurkundung einer Vorsorgevollmacht

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Umfang der Belehrungspflicht des Notars bei einer Beurkundung, die neben einer Vorsorgevollmacht unter Familienangehörigen auch das schuldrechtliche Innenverhältnis der Beteiligten zum Gegenstand hat und deshalb zum Ansatz einer Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO führt.

 

Normenkette

KostO §§ 16, 141

 

Verfahrensgang

LG Münster (Beschluss vom 29.11.2007; Aktenzeichen 5 T 544/07)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das weitere Beschwerdeverfahren wird auf 424,56 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Am 17.8.2005 beurkundete die Beteiligte zu 1) als amtlich bestellte Vertreterin des Notars W zu dessen UR - Nr. .../2005 eine Vorsorgevollmacht für rechtsgeschäftliche und persönliche Angelegenheiten sowie eine Patienten- und Betreuungsverfügung des Beteiligten zu 2), in der er die Beteiligte zu 3), seine Ehefrau, sowie ersatzweise seine beiden Töchter (Beteilige zu 4) und 5)) als Bevollmächtigte bestimmte.

Unter I der Urkunde heißt es u.a.:

§ 1 Generalvollmacht

Hiermit erteile ich meiner Ehefrau ... sowie ersatzweise meinen Töchtern ... soweit gesetzlich zulässig, Generalvollmacht, mich in allen Angelegenheiten, insbesondere Vermögensangelegenheiten, gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten, umfassend und ohne jede Einschränkung, in denen eine Vertretung durch Bevollmächtigte rechtlich zulässig ist.

§ 2 Vollmacht in persönlichen Angelegenheiten

Ich ... erteile hiermit meiner Ehefrau sowie ersatzweise für den Fall, dass die Genannte die Aufgaben der Vollmacht nicht annehmen oder durchführen kann oder will meinen Töchtern ... inhaltlich unbeschränkte Vollmacht, mich in eben derselben Weise in allen persönlichen Angelegenheiten und sonstigen Nichtvermögensangelegenheiten zu vertreten ..."

Unter II. und III. der Urkunde sind eine Patienten - und Betreuungsverfügung geregelt.

Ziff. IV der Urkunde enthält unter der Überschrift "Innenverhältnis zum Bevollmächtigten" folgende weitere Regelungen:

"Die Erschienenen zu 1), 2a-c) (Beteiligte zu 2-5) erklärten:

Ohne dass hierdurch die Berechtigung des Bevollmächtigten nach außen im Verhältnis zu dritten Personen oder Institutionen eingeschränkt werden soll, bestimme ich:

1. Der Bevollmächtigte soll von der Vollmacht auf meine ausdrückliche Anweisung oder dann Gebrauch machen, wenn ich im Sinne der vorstehenden Bestimmungen dieser Urkunde meine Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann.

2. Im Innenverhältnis soll für die Rechtsstellung des Bevollmächtigten das gem. § 1901 BGB für den Betreuer geltende Recht entsprechend gelten, soweit nichts anderes gesetzlich vorgeschrieben ist.

3. Für den Widerruf der Vollmacht gelten die allgemeinen Vorschriften. Die Notarvertreterin hat darauf hingewiesen, dass im Falle des Widerrufs die dem Bevollmächtigten erteilte Ausfertigung der Vollmacht zurückgefordert werden muss.

Die Erschienenen zu 2a-c) (das sind die Beteiligten zu 3) bis 5) des vorliegenden Verfahrens) erklärten:

Wir sind mit der Vollmachterteilung und der Beauftragung mit den zugrunde liegenden Tätigkeiten nach Maßgabe der obigen Bestimmungen einverstanden."

Die Beteiligte zu 1) setzte in ihrer Eigenschaft als amtlich bestellte Vertreterin des Notars W mit Kostenberechnung vom 22.8.2005 für diesen Beurkundungsvorgang Gebühren und Auslagen i.H.v. insgesamt 624,59 EUR an. Die Kostenberechnung enthält folgende Positionen:

Geschäftswert:

100.000 EUR

20/10 Beurkundungsgebühr gem. §§ 32, 141, 145 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 2 KostO (Gebühr für Entwurf und Beurkundung wechselseitiger Erklärungen)

414 EUR

5/10 Gebühr gem. §§ 32, 141, 145 Abs. 1 Satz 1, 38 Abs. 2 Satz 4 KostO (Gebühr für Entwurf und Beurkundung der Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung und Betreuungsverfügung)

103,50 EUR

Post- und Telekommunikationsentgelte gem. § 152 Abs. 2 KostO

0,94 EUR

Dokumentenpauschale gem. §§ 136 Abs. 1 - 4, 152 Abs. 1 KostO (40 Kopien)

20 EUR

16 % Umsatzsteuer gem. § 151a KostO

86,15 EUR

Gesamt:

624,59 EUR

Der Bezirksrevisor beanstandete im Rahmen der ordentlichen Geschäftsprüfung diese Kostenberechnung, soweit die Beteiligte zu 1) eine 20/10 Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO aus einem Geschäftswert von 100.000 EUR für die Beurkundung wechselseitiger Erklärungen angesetzt hat. Er vertrat die Ansicht, dass für die Beurkundung der Betreuungs- und Patientenverfügung eine 10/10 Gebühr nach § 36 Abs. 1 KostO entstanden sei. Die Beurkundung der Vorsorgevollmacht sei mit der 5/10 Gebühr gem. § 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO nach einem Geschäftswert von 100.000 EUR abgegolten. Die erklärte Zustimmung der Beteiligten zu 3) bis 5) zu dieser Vollmacht führe nicht dazu, dass neben der Vollmacht ein beiderseitiger Vertrag beurkundet worden sei, der gebührenrechtlich nach § 36 Abs. 2 KostO zu behandeln wäre. Jedenfalls seien diese Kosten niederzuschlagen (§ 16 Abs. 1 KostO), da die Beteiligte zu 1) nicht über die überflüssigen Mehrkosten belehrt habe.

Der Präsident des LG hat sich dieser Ansicht angeschlossen und die Beteiligt...

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