Leitsatz (amtlich)
Die Vorlage des Sendeberichts über den Versand eines Faxschreibens genügt nicht für die Glaubhaftmachung zur Wiedereinsetzung.
Verfahrensgang
AG Borken (Entscheidung vom 05.05.2006) |
Tenor
Das Wiedereinsetzungsgesuch wird als unzulässig verworfen.
Die Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene.
Gründe
I.
Durch Urteil vom 5. Mai 2006 ist der Betroffene wegen Durchführens von Pflasterarbeiten, die dem Straßenbauerhandwerk zuzuordnen sind, vom Amtsgericht Borken zu einer Geldbuße in Höhe von 26.660,- Euro verurteilt worden. Der Betroffene hat gegen dieses in seiner Abwesenheit, aber in Anwesenheit seines schriftlich bevollmächtigten Verteidigers, der durch Beschluss des Amtsgerichts Borken vom 5. Mai 2006 als Verteidiger zugelassen worden war, verkündete Urteil mit Schreiben vom 9. Mai 2006, das bei dem Amtsgericht Borken am 16. Mai 2006 als Telefax eingegangen ist, Rechtsbeschwerde eingelegt. Am 23. Mai 2006 ist dem Betroffenen das Urteil zugestellt worden und die Rechtsbeschwerde ist mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14. Juni 2006, eingegangen beim Amtsgericht Borken am selben Tage, begründet worden. Das Amtsgericht hat mit Schreiben vom 11. Juli 2006, welches der Verteidigerin am 12. Juli 2006 zugestellt worden ist, auf die verspätete Einlegung der Rechtsbeschwerde hingewiesen. Mit Telefax vom 13. Juli 2006, welches am selben Tage beim Amtsgericht Borken eingegangen ist, hat der Betroffene unter Vorlage eines Sendeberichts vorgetragen, das Fax vom 9. Mai 2006 sei um 15.45 Uhr abgegangen und der Eingang müsse im amtsgerichtlichen Faxeingangs-Journal verzeichnet sein. Mit Schreiben seiner Verteidigerin vom 24. Juli 2006 hat er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde beantragt.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt,
dem Wiedereinsetzungsgesuch stattzugeben, das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Borken zurückzuverweisen.
II.
Das Wiedereinsetzungsgesuch ist unzulässig, da der Betroffene nicht glaubhaft gemacht hat, die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde unverschuldet versäumt zu haben (§§ 44, 45 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG).
Gemäß § 45 Abs. 2 S. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG sind die Tatsachen zur Begründung des Antrags bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung ist Zulässigkeitsvoraussetzung für den Wiedereinsetzungsantrag (BGH, NStZ 1991, 294). Glaubhaftmachung bedeutet, dass die behaupteten Tatsachen so weit bewiesen werden müssen, dass das Gericht sie für wahrscheinlich hält und es in die Lage versetzt wird, ohne verzögernde weitere Ermittlungen zu entscheiden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 45 Rdnr. 10 und § 26 Rdnr. 7 m.w.N.). Dabei unterliegt die Glaubhaftmachung nicht den Regeln des Strengbeweises, es kommen vielmehr alle Mittel in Betracht, die geeignet sind, die Wahrscheinlichkeit des Vorbringens darzutun. Eidesstattliche Versicherungen des Betroffenen sind indessen nicht zugelassen, sie haben nur den Wert einer eigenen schlichten Erklärung (Meyer-Goßner, a.a.O., § 45 Rdnr. 8). Diesen Anforderungen wird das Wiedereinsetzungsgesuch des Betroffenen nicht gerecht. Zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens, er habe per Telefax am 9. Mai 2006 die Rechtsbeschwerde rechtzeitig bei dem Amtsgericht Borken eingelegt, wird lediglich auf seine eigene Erklärung sowie die Vorlage eines Sendeberichts und eines Fax-Journals gestützt. Aus dem Fax-Journal des Betroffenen ergibt sich, dass am 9. Mai 2006 ein Telefax zu dem Faxanschluss des Amtsgerichts Borken um 15.45 Uhr übermittelt sein soll, die Übertragungsdauer für zwei Seiten 1 Minute und 2 Sekunden betragen haben und die Übertragung "OK" gewesen sein soll. Das Fax-Journal des Amtsgerichts Borken weist für den 9. Mai 2006 um 15.45 Uhr den Eingang eines Telefax auf, welches von einem anderen Teilnehmer als dem Betroffenen stammt. Die Nummer des Telefax-Anschlusses des Betroffenen ist bei den eingegangenen Telekopien vom 9. Mai 2006 nicht aufgeführt. Der mit dem "OK-Vermerk" versehene Sendebericht und das Fax-Journal reichen für die Glaubhaftmachung des Zugangs des Telefaxes beim Amtsgericht Borken nicht aus. Die Vorlage des Sendeberichts kann als alleiniges Mittel der Glaubhaftmachung nur dann ausreichend sein, wenn er zumindest fälschungssicher und nicht im Nachhinein erstellt werden könnte. Eine solche Fälschungssicherheit des Sendeberichts - gleiches gilt für das Fax-Journal - ist jedoch nicht gegeben, da ein Telefax-Sendeprotokoll verhältnismäßig einfach zu fälschen oder zu verändern ist. So kann der Sendebericht im Nachhinein erstellt und ausgedruckt werden. Es ist auch möglich, einen Sendevorgang zu simulieren, ohne dass er tatsächlich stattfindet. Dennoch kann nachfolgend ein Sendeprotokoll ausgedruckt werden, aus dem nicht ersichtlich ist, ...