Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafvollzug. Methadonsubstitution als Maßnahme des Vollzugs gemäß §§ 109 ff. StVollzG

 

Leitsatz (amtlich)

1.

Die Entscheidung der Vollzugseinrichtung über die Aufnahme oder Beendigung einer Methadon-Substitution in der Haft stellt keine rein ärztliche, sondern eine zwar durch medizinische Gesichtspunkte geprägte, aber auch an den Resozialisierungs- und Behandlungsaufgaben und Erfordernissen des Vollzugs orientierte Maßnahme des Vollzugs im Sinne des § 109 StVollzG dar.

2. Der von einer Strafgefangenen gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der darauf gerichtet ist, die bereits eingeleitete Abdosierung ihrer Methadon-Substitution zu stoppen, kann als auf eine Wiederaufnahme dieser Substitution gerichteter Verpflichtungsantrag auszulegen sein, wenn die Substitution im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits abgeschlossen ist. Denn nach einer vollständig "ausgeschlichenen" Substitutionsbehandlung kann vom Gericht möglicherweise nicht umstandslos auf deren Wiederaufnahme erkannt werden, sondern muss ggf. von der Vollzugsanstalt auch unter medizinischen Gesichtspunkten erneut geprüft und entschieden werden, ob und in welcher Form eine erneute Substitutionsbehandlung zu beginnen ist.

 

Normenkette

StVollzG § 109 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Aktenzeichen 22 StVK 184/17)

LG Krefeld (Aktenzeichen 22 StVK 185/17)

 

Tenor

Soweit mit dem angefochtenen Beschluss der Antrag der Betroffenen, die Antragsgegnerin zur Behandlung der Betroffenen im Methadonprogramm zu verpflichten, als unzulässig zurückgewiesen wurde, wird die Rechtsbeschwerde zugelassen und der angefochtene Beschluss aufgehoben. In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Krefeld verwiesen.

Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.

Dem Betroffenen wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt N in F ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren bewilligt, soweit sich die Betroffene gegen die Bescheidung des vorgenannten Verpflichtungsantrags wendet. Im Übrigen wird der Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwalt N in F sowie auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Krefeld die Antragsgegnerin zur Bescheidung eines Antrags zur Prüfung einer Ausführung verpflichtet und weitere Anträge der Betroffenen zur Fortsetzung einer im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens aber bereits vollständig beendeten Methadonsubstitution der Betroffenen - insofern als unzulässig - sowie auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer zwischenzeitlich aufgehobenen Trennscheibenanordnung - insofern als unzulässig und unbegründet - zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich im Umfang der Zurückweisung ihrer Anträge auf gerichtliche Entscheidung die rechtzeitige Rechtsbeschwerde der Betroffenen, für die sie zudem Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten beantragt.

Das Ministerium der Justiz Nordrhein-Westfalen hat beantragt, die Rechtsbeschwerde mangels Zulassungsgrundes als unzulässig zu verwerfen.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat zum Teil zumindest vorläufig Erfolg; im Übrigen ist sie unzulässig.

1. Hinsichtlich des Feststellungsantrags erweist sich die Rechtsbeschwerde als unzulässig, weil es nicht geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§§ 116 Abs. 1, 119 Abs. 3 StVollzG).

Insbesondere sind die Anforderungen an die Anordnung einer Trennscheibe bei Besuchen in der Rechtsprechung ausreichend geklärt, so dass die Zulassung nicht zur Fortbildung des Rechts geboten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 16.08.2016, III-1 Vollz (Ws) 341/16; Beschluss vom 13.08.2015 - III-1 Vollz (Ws) 341/15 -; KG, NStZ-RR 2009, 388, jew. m.w.N.). Offensichtlich nichts anderes folgt aus der insofern eindeutigen und - wie auch den die o.g. Entscheidung des KG ausdrücklich zitierenden Gesetzgebungsmaterialien zu entnehmen ist (vgl. LT-Drs. 16/5413, S. 104) - die bereits zuvor allgemein anerkannten Grundsätze ausdrücklich normierenden Regelung des § 20 Abs. 2 S. 2 StVollzG NRW, nach der im Einzelfall die Verwendung von Trennscheiben oder sonstigen Trennvorrichtungen angeordnet werden kann, soweit dies zum Schutz von Personen oder zur Verhinderung einer Übergabe von Gegenständen erforderlich ist.

Auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung scheidet insofern aus. Das Landgericht hat die nach den angeführten Entscheidungen maßgeblichen Anforderungen zutreffend berücksichtigt.

2. Zumindest vorläufigen Erfolg hat die Rechtsbeschwerde hingegen, soweit die Strafvollstreckungskammer den Antrag hinsichtlich des Begehrens der Betroffenen, "die eingeleitete Abdosierung zu stoppen", mit der Begründung als unzulässig behandelt hat, dass diese Abdosierung mittlerweile abg...

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