Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwaltungsbefugnis des Erbteiltestamentsvollstreckers
Leitsatz (amtlich)
1) Hat der Erblasser Erbteilstestamentsvollstreckung für seine Enkelkinder bis zur jeweiligen Vollendung ihres 21. Lebensjahres angeordnet, so beschränkt sich die Verwaltungsbefugnis des für einen einzelnen Miterben berufenen Testamentsvollstreckers auf die Ausübung der Mitverwaltungsrechte des beschwerten Miterben in der Erbengemeinschaft.
2) Eine ergänzende Anordnung des Erblassers, der Testamentsvollstrecker dürfe auch Verbindlichkeiten für den Nachlass eingehen, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Normenkette
BGB §§ 2207, 2209 S. 2, § 2368 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Lemgo (Beschluss vom 19.07.2010; Aktenzeichen 12 VI 71/10) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beteiligten zu 1) auferlegt.
Der Geschäftswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 2) und 3) sowie ihre am 5.3.1998 geborene Schwester B sind die Enkelkinder der Erblasserin und von dieser in ihrem notariellen Testament vom 15.1.1998 zu ihren Erben eingesetzt worden.
Unter Nr. 3 Abs. 1 des Testaments ordnete die Erblasserin Testamentsvollstreckung an; der Testamentsvollstrecker sollte durch das Nachlassgericht bestimmt werden. Nach Nr. 3 Abs. 2 sollte der Testamentsvollstrecker von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sein. Unter Nr. 4 ist geregelt, dass die Verwaltung dem Testamentsvollstrecker obliegen und die Testamentsvollstreckung "jeweils mit der Vollendung des 21. Lebensjahres des betreffenden Enkelkindes" enden solle.
Mit Einverständnis der übrigen Beteiligten ernannte das Nachlassgericht die Beteiligte zu 1) mit Beschluss vom 18.3.2010 zur Testamentsvollstreckerin; die Bestellung beschränkte es mit Beschluss vom 31.5.2010 im Hinblick darauf, dass die Beteiligten zu 2) und 3) bereits das 21. Lebensjahr überschritten haben, auf den Erbteil der Enkelin B der Erblasserin, und befristete sie zeitlich bis zum 4.3.2019.
Der Nachlass ist bislang nicht geteilt. Er besteht im Wesentlichen aus Immobilienbesitz.
In notarieller Urkunde vom 29.6.2010 beantragte die Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses mit dem Inhalt, dass sie bis zum 4.3.2019 alleinige Testamentsvollstreckerin hinsichtlich des Erbteils der minderjährigen Enkelin der Erblasserin sei, Verbindlichkeiten für den Nachlass eingehen könne und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sei.
Diesen Antrag wies das Nachlassgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurück. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1), der das Nachlassgericht mit Beschluss vom 31.8.2010 nicht abhalf und dem Senat zur Entscheidung vorlegte.
II. Die nach § 58 FamFG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Die Beteiligte zu 1) ist beschwerdebefugt. Als Testamentsvollstreckerin hat sie ein subjektives Recht auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, das ihre Verfügungsbefugnis richtig wiedergibt. Dieses Recht folgt aus ihrer Antragsbefugnis gem. § 2368 Abs. 1 S. 1 BGB im Hinblick auf die Erteilung des Zeugnisses. Wenn die Beteiligte zu 1) hier mit ihrer Beschwerde geltend gemacht hat, das Zeugnis sei im Hinblick auf das Fehlen des von ihr beantragten Zusatzes unrichtig, so handelt es sich um eine Begründung, die gleichermaßen für die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels wie auch für seine Begründetheit von Bedeutung ist. Im Hinblick auf solche sog. doppeltrelevanten Sachentscheidungsvoraussetzungen gilt nach gefestigter Rechtsprechung der Grundsatz, dass diese keines Nachweises bedürfen, soweit sie mit den Voraussetzungen der Sachprüfung identisch sind. Insoweit genügt bereits die Möglichkeit einer Rechtsbeeinträchtigung zur Bejahung der erforderlichen Beschwerdebefugnis (OLG Hamm NJW-RR 2004, 1448 = FGPrax 2004, 241; BayObLG NJW-RR 2002, 873; KG FGPrax 2001, 24).
Die demnach zulässige Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Nach § 2368 Abs. 1 S. 2 BGB ist im Zeugnis anzugeben, ob der Testamentsvollstrecker in der Verwaltung des Nachlasses beschränkt ist. Aus dieser Bestimmung folgt der allgemeine Grundsatz, dass alle vom Erblasser angeordneten Abweichungen von den in den §§ 2203 ff. BGB niedergelegten Befugnissen des Testamentsvollstreckers, die für den rechtsgeschäftlichen Verkehr mit Dritten bedeutsam sind, im Zeugnis vermerkt werden müssen. Dies gilt insbesondere für Abweichungen von der gesetzlich eingeräumten Verfügungsbefugnis (Senat, a.a.O.; BayObLG FamRZ 1990, 913 und 1999, 474).
Zutreffend ist das Nachlassgericht davon ausgegangen, dass nach dem Wortlaut des Testaments die Testamentsvollstreckung hinsichtlich der Erbteile beschränkt ist, sobald eines der eingesetzten Enkelkinder das 21. Lebensjahr vollendet hat. Eine solche Anordnung der Testamentsvollstreckung für den Erbteil eines Erben ist zulässig. Denn der Erblasser kann die Rechte des Testamentsvollstreckers gem. § 2208 BGB beschränken und es ist anerkannt, ...