Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Rechtmäßigekeit der Anordnung der Vorführung eines vorläufig Untergebrachten zu Hauptverhandlung im Wege des Sammeltransports.

 

Verfahrensgang

LG Münster (Entscheidung vom 14.12.2004)

 

Tenor

Es wird festgestellt, daß die Anordnung des Vorsitzenden der 2. großen Strafkammer, den Beschuldigten zu den Hauptverhandlungsterminen im Wege des Sammeltransportes vorzuführen, und deren Durchführung rechtswidrig waren.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Beschuldigten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

 

Gründe

I.

Der Beschuldigte hat sich ursprünglich mit seiner Beschwerde gegen die Anordnung des Vorsitzenden der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Münster gewandt, durch die seine Vorführung zu den Hauptverhandlungsterminen im Wege des Sammeltransportes angeordnet worden ist. Nachdem gegen ihn am 28. Januar 2005 ein Urteil ergangen ist, begehrt er nunmehr die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Anordnung.

Dem liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:

Der Beschuldigte ist am 17. Mai 2004 wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdelikts vorläufig festgenommen und nach Erlaß eines Haftbefehls durch das Amtsgerichts Coesfeld vom 18. Mai 2004 - 3 b GS 172/04 - in Untersuchungshaft genommen worden. Der Sachverständige Dr. R., der die Begutachtung des Beschuldigten auf seine strafrechtliche Verantwortlichkeit vorzunehmen hatte, ist in seinem vorläufigen Gutachten vom 7. Juni 2004 zu dem Ergebnis gekommen, daß der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Tat wahrscheinlich im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen habe. Bei ihm liege ein gemischt epileptisches Anfallsleiden vor mit generalisierten und komplex-fokalen Anfällen. Trotz einer seit 1998 erfolgenden auch medikamentösen Behandlung sei der Beschuldigte nicht anfallsfrei. Der Beschuldigte habe ihm gegenüber über mehrstündige Abwesenheitszustände berichtet, die als komplex-fokale Anfälle zu deuten seien. Im übrigen liege bei ihm eine epileptische Wesensänderung vor, die in erster Linie durch erhebliche Merkfähigkeitsstörungen, Ratlosigkeit und auch einen gewissen Initiativverlust geprägt sei. Es sei davon auszugehen, daß der Beschuldigte schon häufiger im Rahmen seiner Erkrankung und der diesbezüglichen komplex-fokalen Anfälle, die auch als Dämmerattacken bezeichnet würden, in aggressive Auseinandersetzungen geraten sei. Es sei davon auszugehen, daß die Unrechtseinsichtsfähigkeit des Beschuldigten zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Handlung aufgehoben gewesen sei. Allerdings bestehe insoweit eine deutliche Rückfallgefahr, die medikamentös nicht ausreichend begrenzt werden könne. Deshalb schlage er die vorläufige Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus vor.

Das Amtsgericht hat daraufhin am 24. Juni 2004 den Haftbefehl in einen Unterbringungsbefehl nach § 126 a StPO umgewandelt. Die Aufnahme des Beschuldigten im Westfälischen Zentrum für Forensische Psychiatrie in Lippstadt-Eickelborn ist am 25. Juni 2004 erfolgt.

Mit der Antragsschrift im Sicherungsverfahren der Staatsanwaltschaft Münster vom 29. Juni 2004 ist dem Beschuldigten zur Last gelegt worden, am 17. Mai 2004 im Zustand der Schuldunfähigkeit tateinheitlich versucht zu haben, einen anderen Mensch heimtückisch zu töten und eine andere Person mittels eines gefährlichen Werkzeugs sowie mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung körperlich mißhandelt und an der Gesundheit beschädigt zu haben.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 26. November 2004 hat der Beschuldigte beantragt, ihn im Wege des Einzeltransportes zu den geplanten Hauptverhandlungsterminen vorführen zu lassen. Der Beschuldigte habe Rückenprobleme, ausreichender Schlaf sei bei Verwendung der in der Justizvollzugsanstalt Münster üblicherweise verwendeten Betten, wie der Beschuldigte aus der Zeit der dort vollzogenen Untersuchungshaft wisse, nicht gewährleistet.

Der Vorsitzende des Schwurgerichts Münster hat unter dem 3. Dezember 2004 Hauptverhandlungstermin auf den 12. Januar 2005, 9.00 Uhr, mit Fortsetzungen am 14., 21., 26. und 28. Januar 2005 jeweils 9.00 Uhr festgesetzt. Er hat die Übersendung einer Terminsnachricht an die Westfälische Klinik für Forensische Psychiatrie verfügt und ein Vorführersuchen - Einzeltransport - an die Justizvollzugsanstalt Hamm gerichtet.

Am 14. Dezember 2004 hat die Justizvollzugsanstalt Hamm dem Vorsitzenden des Schwurgerichts mitgeteilt, ein Einzeltransport sei aus Personalgründen nicht durchführbar. Es ist seitens der Justizvollzugsanstalt eine Vorführung im Wege des Sammeltransportes vorgeschlagen worden, bei dem der Beschuldigte zwischen den Terminen wieder nach Eickelborn zurückgebracht werde. Der Vorsitzende des Schwurgerichts hat sich mit dieser Vorgehensweise vorbehaltlich der Notwendigkeit eines Einzeltransportes aus medizinischen Gründen einverstanden erklärt. Auf eine entsprechende Anfrage des Vorsitzenden des Schwurgerichts hat das Westfälische Zentrum für Forensische Psychiatrie mit Schreiben vom 22. Deze...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge