Leitsatz (amtlich)
1. Voraussetzung für den Umgang des Kindes mit einer anderen Bezugsperson - hier Verlobter der Kindesmutter - ist u.a., dass diese Person mit dem Kind in einer gewachsenen sozialen Familienbeziehung gelebt hat. Dafür ist nicht erforderlich, dass die Kindesmutter mit ihrem Verlobten in einer häuslichen Gemeinschaft zusammengelebt hat.
2. Bloße Umgangskontakte des Verlobten der Kindesmutter mit dem Kind in der Vergangenheit reichen jedoch für die Annahme einer sozial-familiären Beziehung nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass zwischen der Umgang begehrenden Bezugsperson und dem Kind eine persönlich-vertraute Beziehung besteht oder bestanden hat, an die wieder angeknüpft werden kann.
3. Umgangskontakte des Verlobten der Kindesmutter dienen dem Kindeswohl nicht, sofern das Kind infolge des Wechsels in eine Pflegefamilie noch Anpassungsleistungen zu erbringen hat und durch die Umgangskontakte mit den leiblichen Eltern zusätzliche Belastungen für das Kind bestehen.
Normenkette
BGB § 1685 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Warburg (Beschluss vom 28.01.2016; Aktenzeichen 11 F 189/15) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 12.01.2016 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Warburg vom 28.01.2016 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Das am ... 2012 geborene Kind T (im Folgenden: das Kind) ist die leibliche Tochter des Kindesvaters und der Kindesmutter. Die Kindesmutter war allein sorgeberechtigt. Sie befand sich in der Zeit vom 18.12.2012 bis Ende Februar 2015 mit dem Kind in einer Mutter-Kind-Einrichtung. Die Kindeseltern trennten sich Ende Januar 2013. Die Kindesmutter nahm sodann im Frühjahr 2013 eine Beziehung zum Antragsteller auf; der Antragsteller und die Kindesmutter sind miteinander verlobt.
Der Kindesvater nahm am 08.03.2013 einen Umgangskontakt mit dem Kind wahr. In der Folgezeit fand zunächst kein Umgang mehr statt. Anfang April 2014 habe der Kindesvater nach eigener Erklärung Umgang mit dem Kind angestrebt, sich aber von dem Antragsteller und dessen Aggressivität beeindrucken lassen und von Umgangskontakten vorerst abgesehen. Ab dem 21.10.2015 sollten Umgangskontakte zwischen dem Kindesvater und dem Kind zweiwöchentlich für jeweils eine Stunde stattfinden.
Das Jugendamt des Kreises I nahm das Kind am 28.05.2015 in Obhut.
Mit am 02.07.2015 erlassenen Beschluss entzog das AG - Familiengericht - Warburg, 11 F 82/15, der Kindesmutter im Wege der einstweiligen Anordnung die elterliche Sorge für das Kind, ordnete Vormundschaft an und bestellte das Jugendamt des Kreises I zum Vormund. Mit am 25.01.2016 erlassenen Beschluss entzog das AG - Familiengericht - Warburg, 11 F 65/15, der Kindesmutter im Hauptsacheverfahren die elterliche Sorge für das Kind, ordnete Vormundschaft an und bestellte das Jugendamt des Kreises I zum Vormund.
Mit E-Mail vom 04.12.2015 bat der Antragsteller das Jugendamt des Kreises I um Mitteilung, wann Umgangskontakte der Kindesmutter mit dem Kind stattfänden, damit er auch an diesen teilnehmen könne. Mit Schreiben vom 07.12.2015 teilte das Jugendamt des Kreises I als Vormund mit, dass Umgangskontakte zwischen der Kindesmutter und dem Kind im zweiwöchentlichen Rhythmus stattfänden und Umgangskontakte zwischen dem Kindesvater und dem Kind angebahnt würden und dann in einem Rhythmus von zwei Wochen stattfänden. Um eine stabile Vater-Kind-Beziehung entstehen zu lassen, sei es zwingend erforderlich, Verunsicherungen des Kindes zu vermeiden. Kontakte zwischen dem Kind und dem Antragsteller lösten in der derzeitigen Phase eine erhebliche Verunsicherung aus, so dass die Festigung der Vater-Kind-Beziehung zwischen dem Kindesvater und dem Kind gefährdet würde, so dass derzeit keine Umgangskontakte zwischen dem Kind und dem Antragsteller zuzulassen seien.
Der Antragsteller hat behauptet, er habe die Kindesmutter in der Zeit kennen gelernt als sie sich in der Mutter-Kind-Einrichtung befunden habe. Er habe seit Frühjahr 2013 regelmäßigen Umgang mit dem Kind gehabt. Die Umgangskontakte hätten dem Kind gut getan. Er habe in der Zeit von Februar 2015 bis Oktober 2015 eine Haftstrafe antreten müssen; gleichwohl hätten Umgangskontakte stattgefunden. Die Kindesmutter habe ihn gemeinsam mit dem Kind in der Haftanstalt besucht. Nachdem er entlassen worden sei, habe er das Kind für wenige Minuten sehen können, als er mit der Kindesmutter Umgangskontakte wahrgenommen habe. Das Kind habe ihn sofort erkannt und gleich mit "Papa" angesprochen. Soweit das Jugendamt des Kreises I auf eine mögliche Störung der Vater-Kind-Beziehung verweise, sei bereits fragwürdig, ob überhaupt im Rahmen eines zweiwöchigen Kontakts für jeweils eine Stunde eine stabile Vater-Kind-Beziehung entstehen könne. Eine tragfähige Vater-Kind-Beziehung entstehe nur dann, wenn - so wie das Kind und er - durch den Alltag gingen. Zudem sei die Fremdunterbringung nur vorübergehender Art und eine Rückführung des Kindes zu Kindesmutter werde angestrebt. Überdies sei beachtlich, dass sich der Kindesvater zweieinhalb Jahre lang nicht u...