Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Überlagerung des Sondernutzungsrechts durch schuldrechtliche Gebrauchsregelung

 

Leitsatz (amtlich)

1.

Ein in der Teilungserklärung vereinbartes, im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht eines Wohnungseigentümers an einer Gartenfläche bedarf zur Aufhebung oder Übertragung der materiellrechtlichen Einigung aller Wohnungseigentümer und der Zustimmung der betroffenen dinglich Berechtigten.

2.

Eine schuldrechtliche, formfreie Vereinbarung aller Wohnungseigentümer über die gemeinsame Benutzung des Gartens kann zu einer Einschränkung des Sondernutzungsrechts führen und Abwehransprüche des Sondernutzungsberechtigten nach § 1004 BGB ausschließen.

3.

Die schuldrechtliche,das verdinglichte Sondernutzungsrecht überlagernde Gebrauchsregelung kann nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer geändert und als Dauerschuldverhältnis allenfalls aus wichtigem Grund gekündigt werden.

 

Beteiligte

Rechtsanwälte Dr. Fi und Dr. Fl

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde – an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 10.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1–5 sind die Miteigentümer der eingangs genannten Wohnungseigentumsanlage, die Beteiligte zu 5) aufgrund Auflassung ihres geschiedenen Ehemannes vom 23.12.1981 und Eintragung im Grundbuch vom 02.03.1983. Der Beteiligte zu 6) ist der Verwalter der Anlage. Teilender Eigentümer war der geschiedene Ehemann der Beteiligten zu 5), der sich u. a. das Sondereigentum an der Wohnung im Erdgeschoß rechts (Nr. 1 des Aufteilungsplanes) vorbehielt. Das Wohnungseigentum ist am 16.01.1978 in das Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch eingetragen worden. Wegen des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums ist in dem Eintragungsvermerk auf die Eintragungsbewilligung vom 10. August/29. September 1977 Bezug genommen worden. In der die Teilungserklärung mitenthaltenden Eintragungsbewilligung vom 10.08.1977 heißt in § 5 Ziffer 2 wörtlich:

„Die Nutzung des unter § 3 (1) c genannten gemeinschaftlichen Eigentums wird hinsichtlich der im Lageplan grün umrandeten Garten- und Nutzfläche in der Weise eingeschränkt, daß sie ausschließlich dem oder den jeweiligen Eigentümer(n) der Wohnung Nr. 1 zur alleinigen Nutzung zur Verfügung steht.”

Zu der im Lageplan grün umrandeten Fläche gehört eine hinter den im Hof der Wohnungseigentumsanlage befindlichen Garagen gelegene Grünfläche und ein den Hof rechts begrenzender Grünstreifen. Um das Nutzungsrecht an diesen Flächen streiten die Beteiligten im vorliegenden Verfahren.

Am 31.03.1980 fand eine Eigentümerversammlung statt, an der alle Wohnungseigentümer teilnahmen, wobei die Beteiligte zu 5) für ihren damaligen Ehemann, von dem sie bereits getrennt lebte, erschienen war. In dem Protokoll zu dieser Versammlung heißt es zum Tagesordnungspunkt 10 wörtlich:

„Garten

Die Teilungserklärung § 5 Abs. 2 sieht vor, daß die im Lageplan grün umrandete Garten- und Nutzfläche ausschließlich den Eigentümern der Wohnung Nr. 1 zur alleinigen Nutzung zur Verfügung steht.

Frau … erklärte, daß sie die Instandsetzung und Arbeit des Gartens neben dem Hof und hinter den Garagen nicht alleine bewältigen könne, und diesen Teil der Nutzfläche gerne der Gemeinschaft überlassen würde.

Da die rechtliche Umschreibung durch Notar nur Geld kosten würde, wurde beschlossen, dieses nur in diesem Protokoll festzuhalten und sofort mit den erforderlichen Maßnahmen (Aufräumen, Umgraben, vorbereiten fürs Einsäen) durch alle zu beginnen.”

In der Folgezeit wurde die Gartenfläche hinter den Garagen und der Gründstreifen rechts von diesem von allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich gepflegt und genutzt. Im Jahre 1993 kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten über die Art der Nutzung dieser Fläche, in deren Verlauf die Beteiligte zu 5) sich wieder auf ihr Sondernutzungsrecht berief. Die Beteiligte zu 5) hatte zuvor auf dem Grünstreifen rechts von den Garagen ein Lattengerüst aufgestellt und auf der Gartenfläche hinter den Garagen Obstbäume gepflanzt und einen Komposter aufgestellt. Anläßlich einer Eigentümerversammlung vom 22.09.1993 wurden diesbezüglich unter anderem zu den Tagesordnungspunkten 2 Ziffer 1 und 5 folgende Beschlüsse gefaßt:

„Herr … stellt nun den Antrag, die aufgestellte Lattenbegrenzung zu entfernen, sowie die gepflanzten Obstbäume, damit das der Gemeinschaft gemäß TOP 10 des Protokolls vom 31.3.1980 übertragene Nutzungsrecht nunmehr wieder aufgeübt und das Grundstück in Ordnung gebracht werden kann.

Abstimmungsergebnis: 658,34 tausendstel stimmten für diesen Antrag; 341,66 tausendstel stimmten dagegen.

Somit ist der Antrag abgenommen.”

Zum TOP 2 Ziffer 5 wurde mit gleicher Stimmenmehrheit beschlossen, daß die Beteiligte zu 5) einen im hinteren Gartenbereich aufgestellten Komposter z...

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