Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 10 WEG, § 15 WEG, § 133 BGB, § 157 BGB, § 873 BGB, § 876 BGB, § 877 BGB
Kommentar
1. Ein in der Teilungserklärung vereinbartes und im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht eines Eigentümers an einer Gartenfläche bedarf zur Aufhebung oder Übertragung (an die Gemeinschaft) der materiell-rechtlichen Einigung aller Wohnungseigentümer und der Zustimmung der betroffenen dinglich Berechtigten. Ein solches unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung beschriebenes und im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht ist Inhalt des Sondereigentums des begünstigten Eigentümers und - wenn auch kein eigentliches dingliches Recht - so doch durch die Grundbucheintragung verdinglicht worden (h. M.).
2. Im vorliegenden Fall bot die sondernutzungsberechtigte Eigentümerin der Gemeinschaft einen Teil ihrer Gartenfläche zur gemeinschaftlichen Nutzung an, da sie die erforderlichen Gartenarbeiten nicht mehr allein bewältigen konnte; eine notarielle Umschreibung sollte jedoch aus Kostengründen vermieden werden. Diese Regelung wurde 1980 allstimmig beschlossen (vereinbart). 13 Jahre lang nutzte und pflegte nun die Gemeinschaft die besagte Gartenfläche, bis sich die Sondernutzungsberechtigte 1993 wieder auf ihr Recht berief und streitige Auseinandersetzungen folgten.
3. Eine schuldrechtliche, formfreie Vereinbarung aller Wohnungseigentümer über die gemeinsame Benutzung eines Gartens (hier: von 1980) kann zu einer Einschränkung eines verdinglichten Sondernutzungsrechtes führen und spätere Abwehransprüche einer sondernutzungsberechtigten Eigentümerin nach § 1004 BGB ausschließen.
Eine schuldrechtliche, das verdinglichte Sondernutzungsrecht überlagernde Gebrauchsregelung kann hier nur mit Zustimmung aller Eigentümer geändert und als Dauerschuldverhältnis allenfalls aus wichtigem Grund gekündigt werden.
Vorliegend ist zwar durch die Beschlussfassung von 1980 ("Vereinbarung") das Sondernutzungsrecht nicht "aufgegeben" und auf die Gemeinschaft "übertragen" worden. Hierzu hätte es - wie eingangs erwähnt - der materiell-rechtlichen Einigung aller Wohnungseigentümer und der Zustimmung nachteilig betroffener dinglich Berechtigter bedurft (vgl. § 873 BGB, § 876 BGB, § 877 BGB; BGHZ 91, 343, 346). Ein einseitiger Verzicht der Berechtigten auf die mit dem Sondernutzungsrecht verbundenen quasi dinglichen Rechte und Pflichten genügt nicht (vgl. auch Weitnauer, § 15 Rn. 37 und 38; OLG Düsseldorf, ZMR 95, 491).
Allerdings kann sich auch aus einer schuldrechtlichen Vereinbarung der Wohnungseigentümer eine Duldungspflicht ergeben, welche (spätere) Abwehrrechte gegenüber den an einer solchen Vereinbarung Beteiligten ausschließt; dies führt zu entsprechenden (nicht verdinglichten) Gegenansprüchen der Duldungsberechtigten. Eine gem. § 15 Abs. 1 WEG formfreie Einigung aller Eigentümer über die gemeinsame Benutzung der verfahrensgegenständlichen Gartenfläche durch sie kann daher dazu führen, dass eine einstimmige Gebrauchsregelung über den betreffenden Teil der Gemeinschaftsfläche getroffen worden sei und auch die sondernutzungsberechtigte Eigentümerin insoweit schuldrechtlich eine Einschränkung ihres Sondernutzungsrechtes hingenommen habe (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 7. 6. 1984).
Als schuldrechtlicher Kollektivvertrag bedürfe eine solche Vereinbarung über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander keiner besonderen Form und könne auch konkludent zustande kommen (BayObLG, WE 95, 157). In richtiger Auslegung (§ 133 BGB, § 157 BGB) hätten alle übrigen Eigentümer 1980 als Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte die Erklärung der Sondernutzungsberechtigten so verstehen dürfen, dass sie eine einstimmige Gebrauchsregelung herbeiführen und insoweit schuldrechtlich eine Einschränkung ihres Sondernutzungsrechtes hinnehmen wollte. Dieses Angebot sei auch von allen restlichen Eigentümern damals konkludent angenommen worden. Alle Beteiligten seien deshalb von einer Gebrauchs-Dauerregelung ausgegangen (ohne zeitliche Vorbehalte). Als Gegenleistung hätte die Gemeinschaft Pflegekostenbelastungen übernommen. Somit habe die schuldrechtliche Vereinbarung das verdinglichte Sondernutzungsrecht überlagert und sei als Vereinbarung im Sinne der § 10 Abs. 2 WEG, § 15 Abs. 1 WEG anzusehen, die nachträglich wirksam nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer hätte wieder geändert werden können (vgl. BayObLGZ 73, 83 und NJW-RR 89,720, 721; Augustin, WEG, § 10 Rn. 21).
Die Gebrauchsregelung sei hier auch als Dauerschuldvereinbarung zu werten, die allenfalls aus wichtigem Grund kündbar gewesen wäre (insoweit erfolgte im vorliegenden Fall kein Vortrag).
Greift ein Sondernutzungsberechtigter eigenmächtig wieder in ein solches vereinbartes Schuldverhältnis ein, begeht er eine positive Vertragsverletzung mit Schadenersatzfolgen in Richtung einer Naturalrestitution.
4. Um über den Umfang der Schadenersatzpflicht der sondernutzungsberechtigten Eigentümer abschließend entscheiden zu können, wurde die Sache zu Zwecken we...