Leitsatz (amtlich)
Im Fall der Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung gem. § 25 VersAusglG findet in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 1 und Abs. 2 VersAusglG eine Saldierung der beiderseitigen Anrechte der früheren Ehegatten statt. § 18 VersAusglG ist auf die einzelnen in die Gesamtbilanz einzustellenden Anrechte nicht anwendbar. Vielmehr sind nach dem Halbteilungsgrundsatz auch geringwertige Anrechte auszugleichen, weil sie lediglich Rechnungsposten in der Gesamtbilanz darstellen, ohne dass sie selbst zum Ausgleich herangezogen werden.
Normenkette
VersAusglG §§ 18, 25, 31 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
AG Hamm (Aktenzeichen 30 F 209/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 20.12.2021 erlassene Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hamm teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin als Hinterbliebenenversorgung monatlich 229,88 EUR von Oktober 2020 bis Dezember 2020 und monatlich 237,21 EUR ab Januar 2021 zu zahlen.
Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und der frühere Arbeitnehmer der Antragsgegnerin, Herr A (im Folgenden nur: "Ehemann"), waren vom 28.10.1961 bis zum 23.11.1998 miteinander verheiratet.
Im damaligen Scheidungsverfahren (Amtsgericht Hamm - 31 F 133/98) stellte sich die Sachlage zum Versorgungsausgleich wie folgt dar: Beide Ehegatten hatten Anrechte auf eine Altersversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Der Ehemann hatte außerdem Anspruch auf eine Betriebsrente bei der (Rechtsvorgängerin der) Antragsgegnerin. Die Antragstellerin hatte Anspruch auf eine Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Im Scheidungsverfahren wurde nur eine Entscheidung zum Ausgleich der Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung getroffen. Der Ausgleich der beiderseitigen Anrechte auf betriebliche Altersversorgung blieb dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.
Mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hamm vom 15.11.2002 (31 F 367/02) wurde der Ehemann verpflichtet, an die Antragstellerin für die Zeit ab Oktober 2002 im Wege des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs (unter Berücksichtigung der Rente der Antragstellerin aus der Zusatzversorgung) monatlich 182,83 EUR zu zahlen und in dieser Höhe seinen Anspruch auf eine Betriebsrente gegen die (Rechtsvorgängerin der) Antragsgegnerin ab Februar 2003 an die Antragstellerin abzutreten. Aufgrund der erfolgten Abtretung zahlte die Antragsgegnerin an die Antragstellerin monatlich 182,83 EUR. Sie stellte ihre Zahlungen aber zum 30.06.2020 ein, weil der Ehemann am 15.06.2020 verstorben war (§ 31 Abs. 3 S.1 VersAusglG).
Im vorliegenden Verfahren macht die Antragstellerin ihren Anspruch gegen die Versorgungsträgerin auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung gem. §§ 31 Abs. 3 S.2, 25 VersAusglG geltend.
Der Anspruch des Ehemanns auf die Betriebsrente belief sich bis Dezember 2020 auf monatlich 572,00 EUR und ab Januar 2021 auf monatlich 588,50 EUR. Davon entfielen auf die Ehezeit 88,89 %, also monatlich 508,45 EUR bis Dezember 2020 und monatlich 523,12 EUR ab Januar 2021.
Die Antragstellerin bezieht aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes von den Kommunalen Versorgungskassen Westfalen-Lippe eine Betriebsrente in Höhe von 83,61 EUR. Die Antragstellerin hat dort insgesamt 17,81 Versorgungspunkte erworben. Davon entfallen 10,37 Versorgungspunkte auf die Ehezeit. Würde die Betriebsrente heute im Versorgungsausgleich bei der Scheidung gem. §§ 10 ff. VersAusglG intern geteilt, beliefe sich der Kapitalwert des Ausgleichswerts auf 2.341,36 EUR und wäre damit gering im Sinne des § 18 Abs. 3 VersAusglG.
Das Amtsgericht hat der Antragstellerin in dem angefochtenen Beschluss eine Hinterbliebenenversorgung zugesprochen, die gem. § 25 Abs. 3 S.1 VersAusglG auf den Betrag beschränkt ist, den die Antragstellerin als schuldrechtliche Ausgleichsrente verlangen könnte. Es hat diesen Anspruch mit der Hälfte des Ehezeitanteils der Betriebsrente des Ehemanns bemessen, also mit monatlich 254,23 EUR (= 508,45 EUR : 2) bis Dezember 2020 und mit monatlich 261,56 EUR (= 523,12 EUR : 2) ab Januar 2021. Das Amtsgericht hat davon abgesehen, von diesen Beträgen den Ausgleichswert der von der Antragstellerin bezogenen Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes in Abzug zu bringen, weil gem. §§ 20 Abs. 1 S.3, 18 Abs. 2 VersAusglG Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert auch vom schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ausgenommen werden sollen.
Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Sie nimmt eine eigene Berechnung des Ausgleichswerts der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes der Antragstellerin vor und kommt zu dem Ergebnis, dass dieser nicht gering im Sinne des § 18 Abs. 3 VersAusglG sei. Deshalb sei er bei der Berechnung des schuldrechtlichen Versorgungsaus...