Leitsatz (amtlich)

1. Ist eine Geschwindigkeitsüberschreitung mittels des sog. "Police-Pilot-System" festgestellt worden, ist es in der Regel ausreichend, wenn das tatrichterliche Urteil nur die Art des Messverfahrens und die nach Abzug der Messtoleranz ermittelte Geschwindigkeit mitteilt.

2. "Nässe" im Sinn der Zusatzschildes 1052-36 der StVO ist gegeben, wenn die gesamte Fahrbahn mit einem Wasserfilm überzogen ist.

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nach den §§ 41 (Zeichen 274), 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG zu einer Geldbuße von 300 DM verurteilt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Dazu hat es folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:

"Der Betroffene befuhr am 01. 01. 2000 um 14. 03 Uhr mit seinem Pkw BMW, polizeiliches Kennzeichen: WM - SL 777 in Recklinghausen die BAB A 2 in Fahrtrichtung Oberhausen. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt dort gem. § 41 (Zeichen 274) StVO mit Zusatzschild 1052-36 (Bei Nässe) 80 km/h.

Zur Tatzeit regnete es, die Fahrbahn wies eine durchgehende Wasserschicht auf. In den Spurrillen hatten sich Pfützen gebildet. Die Fahrzeuge zogen hohe Gischt. Wegen des bestehenden Regens und entsprechender Dunstbildung fuhren alle Fahrzeuge mit Licht.

Bei km 443 wurde der Betroffene mit dem Videomessverfahren ProVIDa/PPS mit einer Geschwindigkeit von 146 km/h über eine Messstrecke von 151 m gemessen. Abzüglich eines Toleranzwertes von 5% = 8 km/ ergibt das eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 138 km/h. Mithin fuhr der Betroffene 58 km/h zu schnell.

Die Messung erfolgte nach einem 100 km/h-Zeichen und dem dritten 80 km/h-Zeichen, die beidseitig deutlich sichtbar aufgestellt waren. "

Mit seiner Rechtsbeschwerde macht der Betroffene u. a. geltend, die BAB sei nicht nass gewesen. Zudem treffe ihn als selbständigen Handelsvertreter die Verhängung des Fahrverbotes schwer. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zu verwerfen.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat keinen Erfolg.

1. Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß den §§ 41 (Zeichen 274) 49 StVO, 24 StVG.

a) Der Tatrichter hat aufgrund der Bekundungen des Zeugen Becker und der Inaugenscheinnahme des von dem Verkehrsverstoß gefertigten Videos die Feststellung getroffen, dass die Geschwindigkeitsmessung mit einem Messfahrzeug unter Verwendung einer Video-Verkehrsüberwachungsanlage ProViDa (auch "Police-Pilot-System" (PPS) genannt) vorgenommen worden ist (zu deren Funktionsweise siehe Löhle/Beck DAR 1994, 465, 476; Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehr, 3. Aufl. , Rn. 410 ff. mit weiteren Nachweisen). Die Geschwindigkeitsermittlung auf der Grundlage des "Police-Pilot-System" ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung als sog. standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des BGH (BGHSt 39, 219 = DAR 1993, 474; NJW 1998, 321 = DAR 1998, 110) anerkannt (so ausdrücklich für die ProViDa-Anlage OLG Celle NZV 1997, 188 = VRS 92, 435; OLG Köln DAR 1999, 516; für das Proof Speed Messgerät BayObLG DAR 1998, 360; vgl. ferner zum "Police-Pilot-System" KG VRS 88, 473; OLG Brandenburg DAR 2000, 278; OLG Braunschweig NZV 1995, 367 = DAR 1995, 361; OLG Stuttgart DAR 1990, 392; OLG Zweibrücken DAR 2000, 225 = VRS 98, 394). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an.

Demgemäss sind die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen ausreichend. Denn bei Anwendung eines sog. standardisierten Messverfahrens genügt es in der Regel, wenn sich die Verurteilung wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf die Mitteilung des Messverfahrens und der nach Abzug der Messtoleranz ermittelten Geschwindigkeit stützt (vgl. dazu OLG Köln, a. a. O. ). Diese Angaben sind im tatrichterlichen Urteil enthalten. Weitere Einzelheiten zu den technischen Vorgängen und zu den der Messung zugrunde liegenden Daten waren entbehrlich (vgl. statt aller OLG Köln, a. a. O. )

Den Ausführungen des Amtsgerichts zur Beweiswürdigung lässt sich auch noch ausreichend deutlich entnehmen, dass die Messung durch Nachfahren aus dem Polizeifahrzeug erfolgte. Damit kann die Frage, ob und aus welchem Grund das tatrichterliche Urteil überhaupt Feststellungen dazu enthalten muß, welches der nach dem "Police-Pilot-System" möglichen Messverfahren (vgl. dazu Beck/Berr, a. a. O. ) angewendet worden ist, dahinstehen. Dahinstehen kann auch die Frage, ob ggf. ein höherer als der vom Amtsgericht zu Grunde gelegte Toleranzabzug von 5%, der allerdings dem in der obergerichtlichen Rechtsprechung weitgehend übereinstimmend abgezogenen Toleranzwert entspricht, hätte angewendet werden müssen (vgl. dazu OLG Frankfurt NJW 1990, 1308, das einen Toleranzwert von 8 % abgezogen hat). Denn selbst wenn aus Rechtsgründen ein...

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