Leitsatz (amtlich)
1. Will der Geschädigte eines Verkehrsunfalls auf Basis des Wiederbeschaffungsaufwandes abrechnen, muss er den Wiederbeschaffungswert hinreichend darlegen, woran es - wie hier - fehlen kann, wenn Vorschäden des Fahrzeugs ungewiss sind und die Laufleistung des Fahrzeugs unklar ist.
2. Im Fall einer unschlüssigen Darlegung des Wiederbeschaffungsaufwandes ist ferner von vornherein kein Raum für die Zuerkennung der weiteren Schadenspositionen (Sachverständigenkosten, Ab- und Anmeldekosten sowie Unkostenpauschale).
Normenkette
BGB § 249; StVG § 7
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 12 O 118/21) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe
Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die zulässige Berufung des Klägers offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Das Urteil des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere für den Kläger günstigere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch weder aus § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 VVG, § 1 PflVG noch aus anderem Grund zu.
Im Einzelnen:
a) Für den hier in Rede stehenden Ersatzanspruch müsste zunächst der äußere Tatbestand einer Rechtsgutsverletzung, d.h. der äußere Schadenshergang feststehen. Die Darlegungslast und im Bestreitensfalle auch die Beweislast für dieses äußere Schadensereignis liegt beim Kläger. Dieser muss daher substantiiert und schlüssig dartun und beweisen, dass die Beklagte zu 1) mit dem bei der Beklagten zu 2) versicherten Pkw Skoda auf eine bestimmte Art und Weise den Schaden am klägerischen Kfz verursacht hat (vgl. OLG Hamm Urt. v. 16.8.2019 - I-9 U 143/18, juris Rn. 14). Dabei dürfen im Hinblick darauf, dass der Kläger beim Unfall selbst nicht zugegen war, zwar hinsichtlich des Herganges selbst keine zu hohen Anforderungen an die Hergangsdarlegung gestellt werden. Da die Beklagten aber jegliche Beschädigung des klägerischen Pkw bestreiten, obliegt es dem Kläger, zumindest über die Darlegung der Schadensbereiche eine Beschädigung seines Eigentums infolge der Zaunkollision näher darzulegen. Daran fehlt es bislang. Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, da die Klage unabhängig davon, ob der klägerische Pkw letztlich anlässlich des Vorfalls beschädigt worden ist oder nicht, bereits deshalb keinen Erfolg haben kann, weil es an einer hinreichenden Darlegung des ersatzfähigen Fahrzeugschadens - und damit auch der Ersatzfähigkeit aller sonstigen geltend gemachten Schadenspositionen - erstinstanzlich fehlte und auch weiterhin in der Berufungsinstanz fehlt.
b) Der Kläger hat einen erstattungsfähigen Fahrzeugschaden nicht schlüssig dargelegt.
aa) Zunächst kann er nicht - wie begehrt - fiktiv auf Reparaturkostenbasis abrechnen.
Da der Kläger das Unfallfahrzeug bereits am 25.05.2018 - zehn Tage nach dem Unfall - unrepariert veräußert hat, kann er nur dann fiktiv auf Reparaturkostenbasis abrechnen, wenn dabei der Wiederbeschaffungsaufwand (= Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert) nicht überschritten wird (vgl. OLG Hamm Urt. v. 16.8.2019 - I-9 U 143/18, juris Rn. 19). Das ist hier nicht der Fall; denn der Reparaturaufwand (= Bruttoreparaturkosten + Minderwert; hier 6.104,49 EUR) übersteigt den Wiederbeschaffungsaufwand (= Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert; hier 5.400 EUR) und liegt damit zwischen diesem und dem Wiederbeschaffungswert (hier 6.600 EUR) im sog. 100 % Bereich. In diesem Bereich ist eine fiktive Abrechnung auf Netto-Reparaturkostenbasis aber nur unter der zusätzlichen Voraussetzung möglich, dass der Geschädigte das Kfz 6 Monate (repariert oder unrepariert) weiterbenutzt (BGH Urt. v. 29.4.2008 - VI ZR 220/07, juris Rn. 9; Grüneberg in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 249 Rn. 24). Das hat der Kläger gerade nicht getan. Wie er im Termin am 12.04.2022 mitgeteilt hat, hat er den Pkw bereits am 25.05.2018 und damit nur 10 Tage nach dem behaupteten Vorfall weiterveräußert.
bb) Folglich ist ein ersatzfähiger Schaden auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt.
Insoweit obliegt es dem Kläger, den Wiederbeschaffungsaufwand - dabei insbesondere die von den Beklagten substantiiert bestrittene Höhe des Wiederbeschaffungswerts - konkret und nachvollziehbar darzulegen. Dies ist ihm jedoch auch unter Berücksichtigung seines Berufungsvortrags nicht gelungen.
Bei dem Wiederbeschaffungswert handelt es sich um den Preis, den der Geschädigte beim Kauf an einen seriösen Händler für ein gleichwertiges Fahrzeug unter Berücksichtigung aller wertbildenden Faktoren nach gründlicher technischer Überprüfung (u.U. mit Werkstattgarantie) zu zahlen hat (Händlerverkaufspreis) (Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB Rn. 88 (Stand: 13.10.2022).
Die wertbild...