Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 05.03.1992; Aktenzeichen 7 T 171/91) |
AG Essen (Aktenzeichen 86 VI 1607/89) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde – an das Landgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Gegenstandes der weiteren Beschwerde wird auf 80.000,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Erblasser war in erster Ehe mit Frau … geborene … verheiratet. Aus dieser Ehe ist die Beteiligte zu 1) als einziges Kind hervorgegangen.
Die Eheleute errichteten am 13. Oktober 1967 ein gemeinschaftliches notarielles Testament …, das vom Amtsgericht am … sowie (… – eröffnet worden ist. Der Erblasser war im Zeitpunkt der Testamentserrichtung … Jahre alt, seine Ehefrau … Jahre alt. Das Testament hat folgenden Wortlaut:
§ 1
Wir setzen uns gegenseitig zu Vorerben unseres beiderseitigen gesamten Vermögens ein.
§ 2
Zu unserem Nacherben berufen wir unser gemeinsames Kind …, geboren …
§ 3
Der Vorerbe von uns soll die Stellung eines beschränkten Vorerben erhalten.
§ 4
Sollte der Überlebende, bzw. Vorerbe von uns wieder heiraten, soll die Nacherbfolge sofort eintreten.
Das Vermögen der Eheleute … bestand im wesentlichen aus einem in den Jahren 1949 bis 1953 auf einem Erbbaugrundstück gebauten Haus, das ihnen je zur ideellen Hälfte gehörte.
Am … verstarb die erste Ehefrau des Erblassers.
Am … 1989 heiratete der Erblasser die Beteiligte zu 2), mit der er seit 1979 zusammenlebte. Am … verstarb der Erblasser.
Mit dem am 29.11.1989 notariell beurkundeten, … beim Nachlaßgericht eingereichten Antrag begehrte die Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ihres Vaters ausweist. Sie leitete diese Erbfolge aus dem gemeinschaftlichen Testament vom 13. Oktober 1967 her. Sie habe nach dem Willen ihrer Eltern den Grundbesitz als einziges nennenswertes Vermögen erhalten sollen. Dies habe ihr die Mutter gesagt. Im Hinblick hierauf habe sie auch Hypothekenschulden für das Haus, das nach dem Tod der Mutter umgebaut worden sei, übernommen. Ihr Vater habe sowohl vor dem Tod seiner ersten Ehefrau als auch nach deren Tod gesagt, daß sie seine Alleinerbin werden solle.
Das Amtsgericht hörte die Beteiligten an und erhob Beweis zu der Frage, der Erblasser habe seine Tochter … als Erbin einsetzen wollen, durch Vernehmung des Notars … des Ehemannes der Beteiligten zu 1), Herrn … der Schwiegermutter der Beteiligten zu 1), Frau …, Herrn … und der Frau … als Zeugen. Mit Beschluß vom 29. Januar 1991 wies es den Erbscheinsantrag zurück. Zur Begründung führte es aus, der Erblasser und seine Ehefrau hätten in dem Testament nur den Fall des Todes des Erstversterbenden geregelt, nicht aber die Erbfolge nach dem Tod des Letztversterbenden; aber auch wenn man annähme, die Ehegatten hätten die Tochter auch als Erbin des Letztversterbenden einsetzen wollen, sei durch die Wiederverheiratung des Erblassers die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) auf den Nachlaß des überlebenden gegenstandslos geworden.
Gegen diesen Beschluß legte die Beteiligte zu 1) Beschwerde ein, mit der sie zusätzlich geltend machte, ihr Vater sei im Zeitpunkt der Eheschließung mit der Beteiligten zu 2) geschäftsunfähig gewesen, da seine Gehirnfunktion durch Tumore stark beeinträchtigt gewesen sei. Die Beteiligte zu 2) ist diesem Vorbringen entgegengetreten. Unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen hat sie ihre unter Beweis gestellte Behauptung wiederholt, es sei der Wille des Erblassers gewesen, daß die Beteiligte zu 1) nicht dessen Alleinerbin sein solle und die mit seiner ersten Ehefrau getroffene letztwillige Verfügung durch die Wiederverheiratung gegenstandslos wurde.
Das Landgericht holte von den von der Antragstellerin benannten Zeugen … und … aus … eine schriftliche Auskunft ein.
Mit Beschluß vom 5. März 1992 hat das Landgericht die angefochtene Entscheidung aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, von seinen Bedenken gegen die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) in dem Testament vom 13. Oktober 1967 Abstand zu nehmen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 2) mit ihrer durch Anwaltsschriftsätze vom 22. und 23. April 1992 eingelegten weiteren Beschwerde. Sie rügt insbesondere, das Landgericht habe nicht beachtet, daß bei einer Wiederverheiratungsklausel in der Regel von einer Gegenstandslosigkeit der in dem gemeinschaftlichen Testament getroffenen Verfügungen auszugehen sei und dies nur bei Vorliegen besonderer Umstände nicht gelte. Die Beteiligte zu 2) ist dem Rechtsmittel entgegengetreten und hat vorsorglich das Testament nach § 2079 BGB wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten angefochten.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist statthaft, formgerecht eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 27, 29 FGG). Ihre Beschwerdebefugnis ergibt sich daraus, daß das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts zu ihren Ungunsten abgeändert hat (Keidel/Kuntze, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 13. Aufl., § 27 FGG Rdnr. 1...