Leitsatz (amtlich)

An die uneingeschränkte Beiordnung eines auswärtigen Anwalts durch das Gericht ist der Urkundsbeamte im Festsetzungsverfahren gebunden; in diesem Fall sind u.a. die Reisekosten des auswärtigen Anwalts zum Termin uneingeschränkt zu erstatten.

 

Normenkette

ZPO § 121 Abs. 3; FamFG § 78 Abs. 3; RVG §§ 46, 48

 

Verfahrensgang

AG Dortmund (Beschluss vom 15.12.2016; Aktenzeichen 119 F 3244/16)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 4.1.2017 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Dortmund vom 15.12.2016 (Aktenzeichen 119 F 3244/16) wird zurückgewiesen.

Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) haben in einem Unterhaltsverfahren die in Dortmund lebende Antragstellerin vertreten. Durch Beschluss des AG Dortmund vom 27.7.2016 ist der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe bewilligt und die Beteiligten zu 1), die in Bergkamen ansässig sind, sind ohne Einschränkung beigeordnet worden.

Der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens ist durch Anerkenntnisbeschluss vom 5.9.2016 antragsgemäß zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet worden. Der Verfahrenswert ist auf 9.360,00 EUR festgesetzt worden.

Mit Schriftsatz vom 6.9.2016 haben die Beteiligten zu 1) beantragt, ihre Vergütung auf 984,30 EUR festzusetzen. Neben einer 1,3 Verfahrensgebühr, einer 1,2 Terminsgebühr und der Pauschale von 20,00 EUR werden Fahrtkosten von 14,70 EUR (für 49 km) sowie ein Abwesenheitsgeld von 25,00 EUR geltend gemacht.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat am 21.9.2016 die Vergütung auf 937,13 EUR festgesetzt. Die geltend gemachten Fahrtkosten sowie das Abwesenheitsgeld sind abgesetzt worden. Diese seien nicht notwendig gewesen. Da die Mandantin in Dortmund wohnhaft sei, hätte sie einen am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt mit der Vertretung beauftragen können.

Dagegen haben die Beteiligten zu 1) Erinnerung eingelegt. Durch Beschluss des AG vom 15.12.2016 ist die Vergütung abändernd antragsgemäß auf 984,37 EUR festgesetzt worden. Die geltend gemachten Auslagen seien im vollen Umfang zu erstatten, da eine uneingeschränkte Beiordnung erfolgt sei.

Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 2) mit seiner Beschwerde. Er vertritt die Auffassung, dass die Notwendigkeit der Fahrtkosten im Rahmen des Festsetzungsverfahrens nach § 55 RVG zu prüfen sei. Die in Dortmund lebende Antragstellerin hätte einen ortsansässigen Rechtsanwalt beauftragen können.

II. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist gemäß §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 2 RVG zulässig, da sie zugelassen wurde. Das Rechtsmittel hat jedoch keinen Erfolg. Das AG hat zu Recht auf die Erinnerung des Beteiligten zu 1) die Vergütung auf insgesamt 984,37 EUR festgesetzt.

Da die Beteiligten zu 1) uneingeschränkt beigeordnet wurden, sind ihre Reisekosten grundsätzlich zu erstatten. Dagegen können die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 FamFG im Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG nicht mehr geprüft werden.

Grundsätzlich kann nach § 78 Abs. 3 FamFG ein nicht im Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn hierdurch besondere Kosten nicht entstehen. Es ist aber anerkannt, dass die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts in Ausnahmefällen erfolgen kann (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 31. Auflage 2016, § 121 Rn. 13a). Diese Prüfung muss das Gericht bereits bei der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe vornehmen. An diese vom Gericht getroffene Entscheidung ist der Urkundsbeamte im Festsetzungsverfahren gebunden. Eine doppelte Prüfung dieser Frage durch zwei verschiedene Verfahrensorgane ist systemfremd. Demgemäß geht die ganz überwiegende Auffassung, der auch der Senat folgt, davon aus, dass Reisekosten zu erstatten sind, wenn im Rahmen der Beiordnung eines Rechtsanwaltes eine Beschränkung fehlt (KG Berlin FamRZ 2011, 835; OLG Stuttgart NJOZ 2008, 2006; OLG Oldenburg FamRZ 2004, 706; Zöller-Geimer, ZPO, 31. Auflage 2016, § 121 Rn. 13; Musielak-Fischer, ZPO, 13. Auflage 2016, § 121 Rn. 18b; Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 8. Auflage 2016, Rn. 696).

Dementsprechend sind im vorliegenden Fall die Gebühren zutreffend auf 984,37 EUR festgesetzt worden. Fahrtkosten für eine Fahrtstrecke von insgesamt 49 km sind glaubhaft gemacht worden und waren für die Wahrnehmung des Termins am 5.9.2016 notwendig. Auch das Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG ist in der geltend gemachten Höhe von 25,00 EUR gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 S. 2, 3 RVG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI10956686

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