Leitsatz (amtlich)
Soll mit der Revision gegen ein gemäß § 329 Abs. 1 StPO ergangenes Verwerfungsurteil geltend gemacht werden, dieses gehe zu Unrecht davon aus, der Angeklagte sei nicht genügend entschuldigt gewesen, setzt die Überprüfung der vom Landgericht vorgenommenen Wertung die Erhebung einer der Vorschrift des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Verfahrensrüge voraus.
Tenor
Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht x hat den Angeklagten am 31. August 2012 wegen Diebstahls in zwei Fällen und wegen Beförderungserschleichung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Die Ladung zur Hauptverhandlung über die Berufung des Angeklagten war allerdings nicht unter der Anschrift möglich, unter der letztmals zugestellt worden war und die der Angeklagte zuletzt angegeben hatte. Daraufhin ist durch Beschluss des Landgerichts Y vom 16. November 2012 die öffentliche Zustellung der Ladung zum Hauptverhandlungstermin am 25. Januar 2013 angeordnet worden. Die Mitteilung hierüber ist ab dem 20. November 2012 für zwei Wochen an der Gerichtstafel des Landgerichts Essen ausgehängt worden. In der Berufungshauptverhandlung am 25. Januar 2013 ist der Angeklagte nicht erschienen. Sein Verteidiger hat keine Erklärung abgegeben. Die XI. kleine Strafkammer des Landgerichts Y hat daraufhin mit Urteil vom selben Tage die Berufung des Angeklagten gemäß § 329 Abs. 1 StPO verworfen.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 28. Januar 2013 Revision eingelegt, mit der er in allgemeiner Form die Verletzung materiellen Rechts rügt. Gleichzeitig hat der Verteidiger namens des Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung beantragt. Eine Begründung des Wiedereinsetzungsantrages ist nicht erfolgt.
Mit Beschluss vom 19. Februar 2013 hat das Landgericht Y den Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, der Angeklagte habe keinen Entschuldigungsgrund für das Nichterscheinen in der Berufungshauptverhandlung vorgebracht. Dieser Beschluss ist unangefochten geblieben.
II.
Die zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingelegte Revision ist gemäß § 342 Abs. 1 StPO statthaft und auch fristgerecht eingelegt worden.
Mit der rechtskräftigen Ablehnung des Wiedereinsetzungsantrags ist die Entscheidung des Senats über die Revision veranlasst (§ 342 Abs. 2 S. 2 StPO). Die Revision kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben.
1.
Soll mit der Revision gegen ein gemäß § 329 Abs. 1 StPO ergangenes Verwerfungsurteil geltend gemacht werden, dieses gehe zu Unrecht davon aus, der Angeklagte sei nicht genügend entschuldigt gewesen, setzt die Überprüfung der vom Landgericht vorgenommenen Wertung die Erhebung einer der Vorschrift des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Verfahrensrüge voraus (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 329 Rdnr. 48 m.w.N.). An die Zulässigkeit dieser Rüge werden zwar keine strengen Anforderungen gestellt und sie kann auch in dem gleichzeitig mit der Revision geltend gemachten Wiedereinsetzungsantrag enthalten sein. Ihr muss aber jedenfalls zu entnehmen sein, dass der Angeklagte die Verletzung des § 329 StPO rügen will, dass nämlich das Berufungsgericht die Rechtsbegriffe des Ausbleibens oder der genügenden Entschuldigung verkannt hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. November 2011 - 5 RVs 89/11 - und vom 27. März 2012 - 5 RVs 26/12 -).
Einen solchen Vortrag lässt die Revision vorliegend jedoch vermissen.
Ungeachtet dessen wäre eine Verfahrensrüge aber auch in jedem Fall unbegründet. Die Strafkammer hat das Ausbleiben des Angeklagten zu Recht als unentschuldigt angesehen. Sie war auch nicht verpflichtet, weitere Nachforschungen anzustellen. Eine diesbezügliche Verpflichtung des Gerichts hätte nämlich vorausgesetzt, dass der Angeklagte vor der Hauptverhandlung schlüssig einen Sachverhalt vorträgt oder vortragen lässt, der geeignet ist, sein Ausbleiben genügend zu entschuldigen, dem Gericht somit hinreichende Anhaltspunkte für eine genügende Entschuldigung zur Kenntnis gebracht sind (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 27. März 2012 - 5 RVs 26/12 -). Vorliegend ist indes keinerlei Entschuldigung vorgetragen worden.
2.
Da das Verwerfungsurteil nach § 329 StPO als reines Prozessurteil keine Sachentscheidung in Bezug auf den Verfahrensgegenstand enthält, ist es einer Überprüfung im Hinblick auf Fehler bei der Anwendung des sachlichen Rechts nicht zugänglich. Eine Sachrüge führt nur zur Prüfung, ob im Revisionsverfahren Verfahrenshindernisse entstanden sind. Letzteres ist nicht der Fall.
III.
Die Revision war daher entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge zu verwerfen.
Fundstellen