Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatzerbe. Zuwendungsverzicht
Leitsatz (amtlich)
1. Der Zuwendungsverzicht eines durch Übertragung unter Lebenden begünstigten Abkömmlings kann Anknüpfungspunkt für eine ergänzende Auslegung der Schlusserbeinsetzung in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament sein, die zum Wegfall der erfolgten Ersatzerbenberufung der Abkömmlinge des Verzichtenden führt.
2. Für die Auslegung kommt es maßgeblich darauf an, ob die Abfindung so werthaltig ist, dass sich das vom Willen der Erblasser getragene Verteilungskonzept realisiert. Eine vom Verzichtenden übernommene Rentenverpflichtung zugunsten des überlebenden Ehegatten, die er aus den Erträgnissen des lebzeitig übertragenen Vermögens tragen kann, mindert aus dieser Sicht die Vollwertigkeit der Abfindung nicht.
Normenkette
BGB §§ 2084, 2096, 2349, 2352
Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 18.09.2008; Aktenzeichen 7 T 279/08) |
AG Gelsenkirchen-Buer (Aktenzeichen 11 VI 231/04) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die der Beteiligten zu 1) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten werden dem Beteiligten zu 2) auferlegt.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 127.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Aus der Ehe der Erblasserin mit dem vorverstorbenen Herrn K G sind die Beteiligte zu 1) und ein Sohn, Herrn K G hervorgegangen. Der Beteiligte zu 2) ist der Sohn des M G.
Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten 1971 ein gemeinschaftliches notarielles Testament errichtet. In diesem setzten sie sich wechselseitig zu Alleinerben und ihre beiden Kinder zu Schlusserben zu gleichen Teilen ein. Für den Fall, dass eines ihrer Kinder "wegfallen" sollte, bestimmten sie dessen eheliche Abkömmlinge zu Ersatzerben.
Das Vermögen der Eheleute bestand schon damals zum ganz überwiegenden Teil aus zwei Grundstücken. Das Grundstück G-Straße 140/142 war und ist mit einem Mietshaus mit acht Wohneinheiten und einem gesonderten Wohnhaus bebaut, wobei auch das Wohnhaus seinerzeit u.a. zum Betrieb einer Arztpraxis vermietet war. Das Grundstück F-Straße 26 ist mit einem Zweifamilienhaus bebaut. Das Grundstück G-Straße stand im Alleineigentum des Ehemannes, das weitere Grundstück im hälftigen Miteigentum der Eheleute. Nach dem Tod des Ehemannes wurde die Erblasserin als Alleineigentümerin in beiden Grundbüchern eingetragen.
Durch notariellen Vertrag vom 21.12.1979 übertrug die Erblasserin das Eigentum an dem Grundstück G-Straße mit Zustimmung der Beteiligten zu 2) auf ihren Sohn, den Vater des Beteiligten zu 2). In dem Vertrag übernahm dieser die auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte, die nach seinem bestrittenen Vorbringen seinerzeit mit rund 42.000 EUR bzw. dem entsprechenden DM-Betrag valutierten. Weiter verpflichtete er sich, an die Erblasserin eine monatliche Rente von 1.500 DM zu zahlen. Zur Absicherung dieser Verpflichtung wurde die Eintragung einer Rentenreallast bewilligt, die auch eingetragen wurde. In § 6 des vorgenannten Vertrages verzichtete der Vater des Beteiligten zu 2) auf sämtliche Erb- und Pflichtteilsansprüche nach seiner Mutter und erklärte sich wegen Erb- und Pflichtteilsansprüchen nach seinem verstorbenen Vater und wegen seiner künftigen Erb- und Pflichtteilsansprüche nach seiner Mutter für vollständig abgefunden.
In der Folgezeit wurde der Vater des Beteiligten zu 2) als Eigentümer im Grundbuch eingetragen und zahlte der Erblasserin bis zu ihrem Tod die vereinbarte Rente.
Nach dem Tod der Erblasserin hat die Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin nach ihrer Mutter ausweist. Nachdem der Vater des Beteiligten zu 2) der Erteilung eines solchen Erbscheins zwar widersprochen, diesen Widerspruch aber nicht fristgerecht begründet hatte, hat das AG den Erbschein antragsgemäß erteilt. Hiergegen haben sukzessive M G, zwei uneheliche Kinder desselben und der Beteiligte zu 2) selbst Beschwerden mit dem Antrag erhoben, den Erbschein einzuziehen. Das AG hat den Wert der beiden Grundstücke für den Stichtag der Übertragung des Grundstücks G-Straße gutachterlich feststellen lassen. Nach den Ergebnissen des Sachverständigen betrug der Wert des Grundstücks G-Straße (ohne Belastungen) 312.000 EUR, derjenige des Grundstücks F-Straße 255.000 EUR.
Das AG hat zunächst einen Vorbescheid erlassen, den das LG auf Beschwerde der vorgenannten Rechtsmittelführer aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben hat. Daraufhin hat das AG die Beschwerde durch Beschluss vom 20.3.2008 "verworfen bzw. zurückgewiesen". Hiergegen hat der Beteiligte zu 2) Beschwerde erhoben, die das LG zurückgewiesen hat. Gegen die Zurückweisung seiner Beschwerde wendet sich der Beteiligte zu 2) mit der weiteren Beschwerde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Darstellung in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt.
Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2) ergibt sich daraus, ...