Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestellung eines Liquidators für eine Kommanditgesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Verfahren auf Bestellung eines Liquidators für eine Kommanditgesellschaft erstreckt sich die sachliche Prüfungskompetenz des Gerichts nicht auf die Frage, ob die Gesellschaft durch wirksame Kündigungserklärung eines Gesellschafters in das Liquidationsstadium eingetreten ist, wenn darüber zwischen den Gesellschaftern Streit besteht.

2. Eine Streitentscheidung darüber kann nur im Zivilprozess herbeigeführt werden.

 

Normenkette

HGB § 143 Abs. 1, § 146 Abs. 2; FGG § 145

 

Verfahrensgang

LG Essen (Beschluss vom 29.01.2007; Aktenzeichen 45 T 2/06)

AG Gelsenkirchen (Aktenzeichen 11 II 20/06)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die sofortige erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des AG vom 9.5.2006 wird zurückgewiesen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der sofortigen ersten und weiteren Beschwerde findet nicht statt.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) begehren die gerichtliche Ernennung eines Liquidators für die betroffene Gesellschaft (fortan: M KG).

Die Beteiligte zu 1) (eingetragen im Handelsregister des AG Charlottenburg zu HRB 101221) ist die Komplementärin der M KG, Kommanditisten dieser Gesellschaft sind die Beteiligten zu 2) bis 4). Die Beteiligte zu 2) war als Konzernobergesellschaft Alleingesellschafterin der Beteiligten zu 1). Die Wirksamkeit einer von dem Beteiligten zu 3) im April 2006 vorgenommenen Übertragung der Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH von der Beteiligten zu 2) auf sich selbst ist zwischen den Beteiligten umstritten. Gesellschafter der Beteiligten zu 2) sind Herr y 75 % und der Beteiligte zu 4) zu 25 %. Das Verhältnis zwischen den Beteiligten zu 3) und 4) und Herrn y ist zerrüttet; die Beteiligten fechten ihre Streitpunkte in einer Vielzahl von Zivilprozessen vor den Berliner Gerichten aus.

Der Beteiligte zu 4) war im Jahre 2005 alleiniger Geschäftsführer der Beteiligten zu 2). In dieser Funktion wurde er durch Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen vom 03. und 21.11.2005 sowie erneut vom 22.2.2006 abberufen. Die Wirksamkeit dieser Beschlüsse ist Gegenstand einer von dem Beteiligten zu 4) erhobenen Anfechtungsklage, die erstinstanzlich überwiegend ohne Erfolg geblieben ist: Durch nicht rechtkräftiges Urteil vom 17.1.2007 (105 O 141/05) hat das LG Berlin der Klage nur hinsichtlich des Beschlusses vom 3.11.2005 stattgegeben, sie jedoch im Übrigen abgewiesen.

Die Beteiligten zu 3) und 4) waren ferner Geschäftsführer der Beteiligten zu 1). In dieser Eigenschaft wurden sie durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 16.2.2006 aus wichtigem Grund abberufen, ferner wurde Herr y als neuer Geschäftsführer bestellt. Auch die Wirksamkeit dieser Beschlussfassung ist zwischen den Beteiligten streitig.

In seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) und 2) bevollmächtigte Herr y den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) und 2), den Gesellschaftsvertrag der M KG aus wichtigem Grund zu kündigen. Diese Kündigung erfolgte mit anwaltlichem Schreiben vom 17.2.2006 sowie mit Schreiben des Herrn y vom 7.3.2006 und wird u.a. damit begründet, dass der Beteiligte zu 4) als Geschäftsführer eines anderen Tochterunternehmens der Beteiligten zu 2) (der C Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft mbH) unberechtigte Entnahmen von mindestens 63.539,88 EUR vorgenommen bzw. zu verantworten habe und die Beteiligten zu 3) und 4) ferner der Beteiligten zu 2) durch die Erteilung und Verwendung einer mit dem Datum vom 31.8.2005 versehenen Sicherungsvollmacht erheblichen Schaden zugefügt hätten.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind der Ansicht, dass sie aus den genannten Gründen zu einer außerordentlichen Kündigung des Gesellschaftsvertrags berechtigt gewesen seien, die M KG durch die wirksam erfolgte Kündigung vom 17.2.2006 aufgelöst worden und durch Liquidation abzuwickeln sei. Gemäß § 146 Abs. 2 HGB seien die Liquidatoren durch das Gericht zu bestimmen, da die Gesellschafter der M GmbH bzw. die beteiligten Personen zerstritten seien.

Dementsprechend haben sie am 18.4.2006 beantragt, gem. § 146 Abs. 2 S. 1 HGB einen Liquidator, hilfsweise analog § 29 BGB einen Notgeschäftsführer für die M KG zu bestellen.

Die Beteiligten zu 3) und 4) treten den Anträgen entgegen. Sie sind der Auffassung, eine Kündigung und Auflösung der M KG aus wichtigem Grund könne nur durch eine gerichtliche Entscheidung erfolgen. Erst dadurch werde die Gesellschaft aufgelöst. Bereits insoweit lägen aber die Voraussetzungen nicht vor.

Sie bestreiten die Wirksamkeit der Kündigung vom 17.2.2006 bzw. 7.3.2006 und behaupten, sie seien als Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) am 16.2.2006 nicht wirksam abberufen worden, da ihnen die Abberufung nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden sei. Die durch Herrn y an die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligte...

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