Verfahrensgang

LG Arnsberg (Aktenzeichen IV - 2 StVK 241/14)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Arnsberg zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Der Betroffene verbüßt wegen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe in der JVA X. Am 15.02.2018 werden 15 Jahre der verhängten Strafe vollstreckt sein. Am 25.09.2014 beantragte er die Verlegung in den offenen Vollzug. Die Leiterin der JVA X lehnte dies mit Bescheid vom 28.11.2014 ab. Nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses wurde die Entscheidung, wie sich aus einer Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid ergibt, damit begründet, dass nach der gewonnenen Persönlichkeitseinschätzung die Begehung neuer Straftaten unter den gelockerten Rahmenbedingungen des offenen Vollzuges zu befürchten sei. Maßgeblich für diese Einschätzung sei der Umstand, dass der Betroffene eine inhaltliche Aufarbeitung der Anlasstat bislang nicht zugelassen habe. Auch eine Bearbeitung der kritischen Persönlichkeitsanteile habe bislang nicht erfolgen können. Nach Einschätzung des psychologischen Dienstes der JVA X könne so eine individuelle Handlungstheorie seiner Delinquenz nicht erstellt und präventiv wirkende Faktoren nicht bestimmt werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erscheine daher eine Verlegung in den offenen Vollzug nicht vertretbar. Grundlage der Entscheidung der JVA seien, so die Feststellungen des angefochtenen Beschlusses, Stellungnahmen des Betreuers, des Sozialdienstes und des psychologischen Dienstes gewesen. Der Inhalt dieser Stellungnahmen wird nicht mitgeteilt.

Den gegen diesen Bescheid eingelegten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss als unbegründet zurückgewiesen. Der Vollzugsbehörde stehe bei der Entscheidung über die Verlegung in den offenen Vollzug ein Ermessen zu. Gemäß § 10 Abs. 1 StVollzG solle ein Gefangener in den offenen Vollzug verlegt werden, wenn er geeignet und nicht zu befürchten ist, dass er sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeit des offenen Vollzuges zu Straftaten missbrauchen wird. Bei dem Begriff der Flucht- und Missbrauchsgefahr handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der zwar grundsätzlich der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliege, bei dessen Anwendung aber der Vollzugsbehörde wegen der damit zusammenhängenden Prognoseentscheidung ein eigener Beurteilungsspielraum verbleibe. Hiernach sei die Entscheidung der JVA, eine Verlegung in den offenen Vollzug abzulehnen, nicht zu beanstanden. Die JVA sei von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen und habe dabei die fehlende Tataufarbeitung und die Persönlichkeitsstruktur des Antragstellers berücksichtigt. Im Hinblick auf die bestehende Tatleugnung und Persönlichkeitsdefizite, die durch Jähzorn und leichte Erkennbarkeit geprägt seien, sei nicht einschätzbar, ob eine Missbrauchsgefahr zu befürchten ist. Dies seien Aspekte, die im Rahmen der Entscheidung über die Verlegung in den offenen Vollzug von Bedeutung seien. Die JVA habe auch den richtigen Begriff des Versagungsgrundes zu Grunde gelegt und so zu der Befürchtung der Begehung weiterer Straftaten wegen der Tataufarbeitung und der Persönlichkeitsstruktur gelangt.

Während im Originalbeschluss - zutreffend - angegeben ist, der Betroffene verbüße eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes, enthält die dem Betroffenen und seiner Verfahrensbevollmächtigten bekannt gemachte Abschrift bzw. Ausfertigung abweichend davon den Hinweis, der Betroffene verbüße eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung

Gegen den Beschluss wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde. Der Betroffene sieht den Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts als gegeben an. Grundsätzlich müsse geklärt werden, inwiefern die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes NRW bei dem Vollzug von lebenslangen Freiheitsstrafen einer besonderen Auslegung bedürfen. In der Sache meint er, § 10 StVollzG sei nicht richtig angewendet worden. Aufgrund der besonderen Belastungen der langjährigen Haft hätte die Kammer die Entscheidung der JVA detaillierter überprüfen müssen.

Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hält die Rechtsbeschwerde mangels Zulassungsgrund für unzulässig.

II.

Die - auch im Übrigen zulässige - Rechtsbeschwerde ist zuzulassen. Anerkanntermaßen ist die Rechtsbeschwerde über die Zulassungsgründe des

§ 116 StVollzG hinaus auch dann zuzulassen, wenn die tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Erwägungen der angefochtenen Entscheidung so unzureichend sind, dass das Rechtsbeschwerdegericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG nicht überprüfen kann (Senatsbeschluss vom 12.11.2013 - III - 1 Vollz(Ws) 517/13 - [...]).

So liegt der Fall hier. In dem angefochtenen Beschl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge