Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbrechung eines Kostenfestsetzungsverfahrens durch Insolvenz des Kostenschuldners

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Kostenfestsetzungsverfahren wird durch die Insolvenz des Kostenschuldners auch dann unterbrochen, wenn es (nur) die Kosten der ersten Instanz zum Gegenstand hat und das Insolvenzverfahren erst während der Rechtsmittelinstanz oder nach Abschluss des Prozesses eröffnet worden ist.

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 07.06.2004; Aktenzeichen 3 O 555/00)

 

Tenor

Die Beschwerde wird nach einem Gegenstandswert von 2.629,52 Euro kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Aufgrund des Urteils des LG Bielefeld vom 30.3.2001 haben die Kläger unter dem 16.5.2001 beantragt, ihre Anwaltskosten und verauslagten Gerichtskosten gegen die Beklagte festzusetzen. Weil diese gegen das Urteil Berufung eingelegt hatte, wurde die Festsetzung gemäß Zwischenverfügung vom 29.5.2001 zurückgestellt (Bl. 72b d.A.). Die Berufung hat die Beklagte im Senatstermin am 16.7.2002 zurückgenommen. Am 29.4.2003 ist über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Mit Schriftsatz vom 26.4.2004 haben die Kläger an die Kostenausgleichung für die erste Instanz erinnert. Durch den angefochtenen Beschluss hat die Rechtspflegerin die beantragte Kostenfestsetzung abgelehnt, weil gem. § 240 ZPO das Kostenfestsetzungsverfahren durch die Insolvenz der Beklagten unterbrochen sei. Dagegen wendet sich die Beschwerde der Kläger mit der Begründung, dass die Unterbrechung nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens in zweiter Instanz die Festsetzung der Kosten für die erste Instanz nicht hindern könne.

II. Der angefochtene Beschluss hält der Überprüfung stand. Die Kläger hätten sich mit der Zurückstellung der Festsetzung nicht zufrieden geben müssen und die Kostenausgleichung während des Berufungsverfahrens durchführen können. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 29.4.2003 sind sie jedoch gehindert, die Festsetzung gegen die Beklagte weiter zu betreiben.

1. Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (früher: Konkursverfahrens) über das Vermögen einer Prozesspartei ohne weiteres (auch) ein anhängiges Kostenfestsetzungsverfahren unterbricht (vgl. OLG Hamm v. 11.9.1989 - 23 W 227/89, Rpfleger 1989, 523). Dies gilt unabhängig davon, welche Erstattungsforderungen geltend gemacht werden und in welchem Stadium das Hauptsacheverfahren sich befindet. Auch wenn während einer Rechtsmittelinstanz die Kosten der ersten Instanz festgesetzt werden sollen oder wenn der Prozess bereits abgeschlossen gewesen ist, steht die Insolvenz des Gegners der Kostenfestsetzung entgegen. Entscheidend für die Unterbrechung des Kostenfestsetzungsverfahrens gem. § 240 ZPO ist allein, dass der Gegner mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen verloren hat (BGH NJW 1999, 2822). Hieraus erklärt sich auch die Regelung des § 240 S. 2 ZPO.

Zutreffend führt das KG (KG v. 18.1.2000 - 1 W 2378/99, KGReport Berlin 2000, 221 = NJW-RR 2000, 731) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung aus, dass dem Verlust der Verfügungsbefugnis durch Verlust der Prozessführungsbefugnis Rechnung getragen werde, die jedoch auch im Kostenfestsetzungsverfahren vorliegen müsse. Damit scheidet - nach allgemeiner Meinung (OLG Stuttgart v. 16.11.1998 - 8 W 621/98, ZIP 1998, 2066) - eine Fortsetzung des Verfahrens ohne Beteiligung des Insolvenzverwalters aus (s.a. OLG Brandenburg v. 29.9.2000 - 7 W 47/00, MDR 2001, 471 = OLGReport Brandenburg 2001, 222).

2. Entgegen der Beschwerdebegründung bewirkt die Unterbrechung des Verfahrens infolge Insolvenz des Gegners ausnahmslos, dass gegen diesen keine Erstattungsforderungen mehr festgesetzt werden können. Soweit die einschlägige Kommentierung unter Berufung auf einen Teil der Rechtsprechung die Auffassung vertritt, die Unterbrechung in zweiter Instanz hindere nicht die Festsetzung aus einem erstinstanzlichen Urteil (Zöller/Herget, ZPO, § 104 Rz. 21 unter "Unterbrechung"; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, vor § 103 Rz. 5), kann sie sich nicht wirklich auf entsprechende Entscheidungen stützen.

Der Beschluss des OLG Hamburg vom 7.12.1989 (OLG Hamburg v. 7.12.1989 - 8 W 419/89, MDR 1990, 349) hat den Ansatz von Gerichtskosten durch den Justizfiskus zum Gegenstand (ebenso OLG Stuttgart JurBüro 1991, 952). Der Beschluss des OLG Koblenz vom 12.3.1987 (OLG Koblenz v. 12.3.1987 - 14 W 176/87, JurBüro 1988, 885 = VersR 1988, 588) betrifft einen Erstattungsanspruch des Konkursverwalters, der Beschluss vom 22.10.1990 (OLG Koblenz v. 22.10.1990 - 14 W 668/90, Rpfleger 1991, 335) einen solchen gegen den Konkursverwalter jeweils nach Wiederaufnahme des Verfahrens. Der Beschluss des OLG München vom 14.11.1989 (OLG München v. 14.11.1989 - 11 W 1694/89, MDR 1990, 252) verhält sich über die Aussetzung eines Verfahrens (ebenso: LG Berlin JurBüro 1985, 619) und der Beschluss des OLG Naumburg (OLG Naumburg v. 9.11.1993 - 4 W ...

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