Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 16 O 263/19) |
Tenor
I. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 02.06.2020 verkündete Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
II. Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen oder mitzuteilen, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die beklagte Gemeinde wegen eines Fahrradunfalls, den sie nach ihrem Behaupten am 12.11.2018 in A im Ortsteil B beim Befahren der C Straße in Höhe der Einfahrt zum Hofgrundstück B 01 erlitten haben will, auf Zahlung eines angemessenen, sich ihrer Vorstellung nach auf 6.000,- EUR belaufenden Schmerzensgeldes sowie von 396,28 EUR Schadensersatz in Anspruch. Darüber hinaus begehrt sie die Feststellung der Ersatzverpflichtung der Beklagten für alle ihr zukünftig noch aus dem Unfallereignis entstehenden materiellen und immateriellen Schäden sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 808,13 EUR.
Bei der C Straße handelt es sich um einen nördlich der Bundesstraße ... verlaufenden, ca. 3 m breiten asphaltierten Wirtschaftsweg, der Teil des offiziellen Radwanderweges "D" ist. Der Weg weist beidseits der asphaltierten Fahrbahn einen schmalen unbefestigte Seitenstreifen auf, wobei zwischen der asphaltierten Fahrbahn und dem tiefergelegenen Seitenstreifen teilweise ein Höhenunterschied von 6 bis 8 cm besteht.
Nach ihrem Behaupten wollte die Klägerin am Abend des 12.11.2018 um 18.20 Uhr mit dem Fahrrad von ihrem Elternhaus B 02 aus über der C Straße zu ihrem Freund fahren. In Höhe der Einfahrt zu dem Hofgrundstück B 01 sei ihr ein 2 "gefühlt schnell" fahrendes Kraftfahrzeug entgegengekommen. Um keine Kollision mit diesem zu riskieren, sei sie mit ihrem Fahrrad nach rechts auf dem unbefestigten Seitenstreifen ausgewichen. Bei ihrem anschließenden Versuch, wieder mit dem Fahrrad auf die Fahrbahn zurückzukehren, sei sie quasi in Parallelfahrt gegen die Kante der asphaltierten Straßenfläche gekommen und nach vorne links gestürzt. Dabei habe sie sich eine Fraktur an beiden Ellenbogen sowie Hautabschürfungen im Bereich beider Daumenballen zugezogen. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte ihr wegen des Unfallgeschehens aus dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflichtverletzung auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz hafte. Da sich ein Höhenversatz von 5 bis 8 cm für Radfahrer deutlich gefährlicher auswirke als für Kraftfahrer, hätte die Beklagte für ein einigermaßen gleichförmiges Niveau zwischen dem Radweg und dem Seitenstreifen sorgen oder zumindest auf den vorhandenen Höhenversatz hinweisen müssen, zumal die C Straße so schmal sei, dass selbst bei einem Begegnen von Kraftfahrzeugen und Radfahrern ein Ausweichen auf den Seitenstreifen geboten sei. Auch herrsche auf der C Straße unter anderem wegen der an ihm gelegenen Firma E ein "relativ hohes" Verkehrsaufkommen. Aufgrund der Ausweisung der C Straße als offizielle Radroute sei es für die Beklagte vorhersehbar gewesen, dass die Straße regelmäßig von Radfahrern befahren werde und dabei von diesen der Seitenstreifen entsprechend § 2 Abs. 4 S. 5 StVO mitbenutzt werde. Dass die Radfahrer bei entgegenkommenden Kraftfahrzeugen von ihrem Fahrrad absteigen, dieses auf den Seitenstreifen und anschließend wieder auf die Fahrbahn schieben würden, sei realitätsfremd und habe von der Beklagten nicht erwartet werden können.
Die Beklagte hat den von der Klägerin behaupteten Unfall nach Hergang, Ursache und Folgen mit Nichtwissen bestritten und die Ansicht vertreten, dass ein Höhenunterschied von 6 bis 8 cm zwischen der asphaltierten Fahrbahn und dem unbefestigten Seitenstreifen jedenfalls auf solchen Wirtschaftswegen, aber auch auf sonstigen Straßen nicht zu beanstanden sei, weshalb ihr kein Vorwurf der Verkehrssicherungspflichtverletzung zu machen sei. Seitenstreifen müssten nicht genauso beschaffen sein wie die Fahrbahn selbst und seien daher allenfalls mit besonderer Vorsicht zu befahren. Unabhängig davon habe die Klägerin beim Verlassen der befestigten Fahrbahn den Höhenunterschied zum unbefestigten Seitenstreifen bemerken müssen, weshalb der von ihr als fehlend gerügte Hinweis auf den Höhenschied jedenfalls für den behaupteten Unfall nicht kausal geworden sei. Dieser sei vielmehr auf das Eigenverschulden der ohnehin ortskundigen Klägerin zurückzuführen.
Das Landgericht hat die Klägerin am 02.06.2020 persönlich angehört und anschließend mit Urteil vom gleichen Tage die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Haftung der Beklagten für den behaupteten Unfall nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG und § 9 a StrWG NRW schon mangels einer dieser zur Last fallenden Verkehrssicherungspflichtverletzung nicht in Betracht komme. Die vorhandenen Abkantungen hätten ...