Leitsatz (amtlich)
1. Bei intakter Ehe scheidet ein Gesamtschuldnerausgleich zugunsten des allein verdienenden Ehegatten für Verbindlichkeiten jeder Art gegen den mit der Haushaltsführung betrauten Ehegatten aus. Dies ändert sich mit dem Scheitern der Ehe.
2. Eine anderweitige Bestimmung i.S.v. § 426 Abs. 1 BGB kann darin liegen, dass ein Ehegatte wegen der Rückzahlung der Darlehen eigene Unterhaltsansprüche gegen den zahlenden Ehegatten - ausdrücklich oder konkludent - nicht geltend macht.
3. Für die Annahme einer konkludenten anderweitigen Bestimmung bedarf es jedoch der Darlegung, dass solche Unterhaltsansprüche, und zwar ohne die Berücksichtigung der die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten mindernden Schuldentilgung, überhaupt bestanden haben. Die Darlegungs- und Beweislast hat dabei derjenige Ehegatte, der eine vom Halbteilungsgrundsatz abweichende Verteilung verlangt, also weniger als die Hälfte der Verbindlichkeiten tragen will.
Normenkette
BGB § 426
Verfahrensgang
AG Marl (Beschluss vom 14.01.2016; Aktenzeichen 36 F 329/15) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 11.02.2016 wird der den Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragstellers zurückweisende Beschluss des AG - Familiengericht - Marl vom 14.01.2016 abgeändert und dem Antragsteller ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung Rechtsanwalt M aus N beigeordnet.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um Gesamtschuldnerausgleich.
Die Beteiligten schlossen miteinander am ... 2008 die Ehe, aus der ein am ... 2008 geborenes Kind hervorgegangen ist. Die Beteiligten trennten sich Ende März 2014. Der Scheidungsantrag der Antragsgegnerin wurde den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 28.04.2015 zugestellt. Das Scheidungsverfahren 36 F 108/15 ist vor dem AG - Familiengericht - Marl noch anhängig.
Am 29.08.2013 nahmen die Beteiligten bei der U-Bank einen Ratenkredit mit einem Nettodarlehensbetrag in Höhe von 33.192,85 EUR auf; ab dem 15.09.2013 waren jeweils 83 monatliche Raten in Höhe von 560,00 EUR und eine letzte Rate in Höhe von 238,02 EUR ab dem 15.08.2020 zu zahlen. Im Jahr 2014 leistete allein der Antragsteller die Kreditraten. In diesem Zeitraum versteuerte der Antragsteller sein Einkommen nach Lohnsteuerklasse III. Ab dem 01.01.2015 versteuert der Antragsteller sein Einkommen nach der Lohnsteuerklasse I.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.05.2015 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin auf, ihn von Forderungen der U-Bank im Innenverhältnis hälftig freizustellen und die Darlehensraten hälftig zu übernehmen.
Der Antragsteller hat gemeint, die Antragsgegnerin sei ihm zum hälftigen Ausgleich der von ihm geleisteten Darlehensraten und ferner zur Tragung der hälftigen Darlehensraten verpflichtet. Unter Berücksichtigung des mittels Jugendamtsurkunde titulierten Kindesunterhaltes für das gemeinsame Kind in Höhe von monatlich 272,00 EUR sei er unterhaltsrechtlich nicht leistungsfähig, da er allein ein Einkommen unter dem Selbstbehalt erziele. Eine anderweitige Regelung im Sinne des § 426 Abs. 2 BGB bestehe nicht mehr.
Der Antragsteller hat die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den Antrag begehrt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn 2.520,00 EUR (hälftige Darlehensraten in Höhe von monatlich 280,00 EUR für Januar 2015 bis einschließlich September 2015) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen und ihn beginnend mit dem Monat Oktober 2015 von den hälftigen Kreditraten bei der U-Bank in Höhe von monatlich 280,00 EUR freizustellen.
Das AG - Familiengericht - Marl hat mit Beschluss vom 14.01.2016 den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg biete, weil der Antragsteller im Innenverhältnis allein für die Rückzahlung des Darlehens hafte. Gesamtschuldner seien im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nichts anderes bestimmt sei. Mithin komme es in erster Linie darauf an, ob im Innenverhältnis eine Regelung der Haftungsanteile getroffen worden sei. In einer Ehe ergebe sich jedoch der Ausgleichsmaßstab aus den ehelichen Lebensverhältnissen. Wenn nur ein Ehegatte eigenes Einkommen habe, während der andere den Haushalt versorge, entspreche es dem Eherecht, dass die Raten für einen gemeinsam aufgenommenen Kredit aus dem Einkommen des verdienenden Ehegatten bestritten würden. Geschehe dies einvernehmlich, könne von einer dem Gesetz entsprechenden Vereinbarung der Ehegatten ausgegangen werden. Aufgrund dieser Vereinbarung hafte allein der verdienende Ehegatte auch im Innenverhältnis. Eine solche Vereinbarung hätten die Beteiligten getroffen. Die Darlehensraten seien einvernehmlich von dem Antragsteller bezahlt worden, weil sein eigenes Einkommen deutlich höher sei als das der teilschichtig erwerbstätigen Antragsgegnerin. Mit der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft sei eine grundlegende Änderung der Verhältn...