Leitsatz (amtlich)
Nach § 4 StrReinG NRW kann eine Gemeinde die Verpflichtung zur Reinigung und Winterwartung der Fahrbahnen und Gehwege nur bei einer dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straße auf die Anlieger übertragen.
Normenkette
StrReinG NW § 1; StrReinG NW § 4
Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 2 O 501/19) |
Tenor
I. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 27.10.2020 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
II. Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen oder mitzuteilen, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten aus Anlass eines von ihr am 20.01.2016 erlittenen Glätteunfalls aus dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflichtverletzung auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Außerdem begehrt sie die Feststellung der Ersatzverpflichtung der Beklagten für alle ihr zukünftig noch aus dem Unfall entstehenden immateriellen und materiellen Schäden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.
Die Beklagten sind zu je 1/2 Miteigentümer des Grundstücks A-Weg ## in B. Das Haus war zum Unfallzeitpunkt bereits errichtet, der vor dem Hausgrundstück verlaufende A-Weg selbst aber noch nicht ausgebaut. Er bestand zu diesem Zeitpunkt aus einem asphaltierten Mittelstreifen und sich daran an beiden Seiten bis zu den angrenzenden Grundstücken anschließendem geschotterten Seitenstreifen. Ein links von dem Grundstück der Beklagten verlaufender kombinierter Geh-/Radweg bestand zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nur aus einer geschotterten Fläche.
Nach ihrem erstinstanzlichen Vortrag will die Klägerin auf dem vor dem Grundstück der Beklagten geschotterten Seitenstreifen in Höhe der Mitte der Einmündung des kombinierten Geh-/Radweges wegen einer dort vereisten Pfütze zu Fall gekommen sein und sich dabei erheblich verletzt haben. Die Klägerin hat insoweit die Ansicht vertreten, dass es sich bei dem geschotterten Bereich um den Gehweg gehandelt habe und die Beklagten für diesen aufgrund der seinerzeit gültigen Straßenreinigungs- und Gebührensatzung der Stadt B verkehrssicherungspflichtig und dabei insbesondere zur Beseitigung der vorhandenen Glättestelle verpflichtet gewesen seien.
Das Landgericht hat nach Einholung einer amtlichen Auskunft der Stadt B die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass es schon an einer wirksamen Übertragung des Winterdienstes von der Stadt B auf die Beklagten fehle, weshalb letztlich dahinstehen könne, wo sich der Sturz der Klägerin genau ereignet habe. Denn nach § 1 Ziffer 1 und 2 der Straßenreinigungs- und Gebührensatzung der Stadt B finde die Winterwartung nur im Bereich der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wege und Plätze (öffentlichen Straßen) statt. Öffentliche Straßen seien nach § 2 Abs. 1 S. 1 StrWG NRW aber nur die dem öffentlichen Verkehr "gewidmeten" Flächen. Die Legaldefinition des § 2 StrWG NRW gelte auch für den Begriff der öffentlichen Straße im Sinne von § 1 StrReinG NRW. Vorliegend sei aber eine Widmung nach § 6 StrWG NW nicht erfolgt, so dass keine öffentliche Straße im Sinne des Straßengesetzes vorliege. Bei nicht gewidmeten Flächen, die durch Entscheidung des Eigentümers der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, obliege diesem die Verkehrssicherungspflicht nach dem BGB.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhalts einschließlich der erstinstanzlichen Anträge, der vom Landgericht getroffenen Feststellungen sowie der Urteilsbegründung wird auf das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts vom 27.10.2020 Bezug genommen.
Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiter. Sie vertritt die Ansicht, dass das Landgericht rechtsirrig davon ausgegangen sei, dass die Stadt B ihre Verkehrssicherungspflicht nicht auf die Beklagten übertragen habe. Die Stadt B habe mit § 2 Abs. 2 der Straßenreinigungs- und Gebührensatzung von der ihr mit § 4 Abs. 1 S. 1 StrReinG NRW eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, die Reinigungspflicht für die Gehwege auf die Anlieger zu übertragen. Hierfür habe es einer Widmung der Straße bzw. der Gehwege nicht bedurft. Entgegen der Ansicht des Landgerichts gelte die Legaldefinition des § 2 Abs. 1 StrWG NRW nicht für den Begriff der öffentlichen Straße im Sinne des Straßenreinigungsgesetzes NRW. § 2 Abs. 1 StrWG NRW spreche explizit von Straßen "im Sinne dieses Gesetzes". Diese Angaben fehle im StrReinG NRW, weshalb sich dieses nicht lediglich auf gewidmete, sondern auf alle öffentlich zugänglichen Straßen beziehen. Insoweit sei der Terminus "öffentliche Straße" im Sinne des StrReinG NRW untechnisch zu verstehen. Ebenso sei unschädlich, dass der A-Weg seinerze...