Leitsatz (amtlich)
Der Parole "Unsere Ehre heißt Treue" kommt der gleiche Symbolwert zu wie der Originallosung der ehemaligen Waffen-SS "Meine Ehre heißt Treue"
Verfahrensgang
Tenor
Dem Angeklagten wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Amtsgerichts Witten vom 26. Juni 2001 gewährt.
Das Urteil des Amtsgericht Witten vom 26. Juni 2001 wird im Rechts-Folgeausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Amtsgericht Witten zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Witten wegen öffentlichen Verwendens eines Kennzeichens einer in § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB bezeichneten Vereinigung gemäß § 86 a Abs. 1 Nr. 2 StGB zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 40 DM verurteilt worden. Außerdem ist eine Bomberjacke eingezogen worden.
Das Amtsgericht hat folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:
"Am 14. 05. 2000 hielt der Angeklagte sich in der Gaststätte "K. " in Witten, R. straße, auf. Der Angeklagte trug dabei eine sogenannte Bomberjacke. Dieses Kleidungsstück trug auf der linken Brustseite einen Aufnäher. Dieser Aufnäher hatte die Form einer Flagge. Die Flagge zeigte die Farben schwarz, weiß, rot. Auf der Flagge befand sich die Aufschrift "unsere Ehre heißt Treue". Der Aufkleber hat eine Größe von ca. 12 x 9 cm. Es ist gerichtsbekannt, dass der Wahlspruch der früheren SS "Meine Ehre heißt Treue" lautet. "
Hiergegen richtet sich die Sprungrevision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sowohl formellen als auch materiellen Rechts rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft, die zunächst keinen Antrag gestellt hatte, hat nunmehr beantragt, dem Angeklagten wegen der Fristversäumung zur Begründung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.
II.
Die Revision des Angeklagten ist zulässig. Dem Angeklagten war wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Fristversäumung beruht nicht auf seinem Verschulden (§ 44 StGB), sondern auf einem Büroversehen des Verteidigers.
III.
Die Revision hat auch - vorläufig - zumindest teilweise Erfolg, da das angefochtene Urteil im Strafausspruch aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Witten zurückzuverweisen war.
1.
Die in zulässiger Weise erhobene Rüge der Verletzung formellen Rechts (§ 244 Abs. 3 StPO) dringt allerdings nicht durch. Dieser Rüge liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung folgenden Beweisantrag gestellt: "Es wird beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass der Ausspruch "Unsere Ehre heißt Treue" keine typische Losung des Nationalsozialismus ist, einen Sachverständigen zu vernehmen. " Diesen Beweisantrag hat das Amtsgericht mit folgenden Begründung zurückgewiesen: "Der Beweisantrag wird zurückgewiesen. Es ist gerichtsbekannt, daß die Aufschrift auf dem Koppelschloss der "SS" lautete: "Meine Ehre heißt Treue" ".
Dahinstehen kann, ob diese Ablehnung rechtsfehlerhaft war, da die für die Ablehnung des Beweisantrags gewählte Begründung möglicherweise nicht den vom Angeklagten gestellten Beweisantrag ausgeschöpft hat.
Auf einer ggf. fehlerhaften Ablehnung des Beweisantrages beruht das angefochtene Urteil nämlich nicht (§ 337 StPO). Insoweit kann es zunächst weiter ebenfalls dahinstehen, ob der Beweisantrag ggf. mit einer anderen Begründung hätte abgelehnt werden können. Dem Senat ist es nämlich verwehrt, diesen Umstand bei der Beantwortung der Beruhensfrage heranzuziehen, da eine Auswechslung der Ablehnungsgründe durch das Revisionsgericht grundsätzlich nicht möglich ist (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Auf. , § 244 Rn. 86).
Auf dem dargestellten möglichen Verfahrensverstoß beruht das angefochtene Urteil aber jedenfalls deswegen nicht, weil sich der Tatrichter bei seiner Entscheidung an das mit dem Beweisantrag erstrebte Ziel gehalten hat. Mit der beantragten Vernehmung des Sachverständigen sollte erkennbar der Beweis geführt werden, dass die Losung "Unsere Ehre heißt Treue" keine Parole des Nationalsozialismus ist und deshalb die Voraussetzungen des § 86 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB nicht vorliegen. Ziel des Beweisantrages war es also, festzustellen und für die rechtliche Würdigung festzuschreiben, dass die Losung der ehemaligen "SS" lautet: "Meine Ehre heißt Treue". Von dieser Losung ist das Amtsgericht bei seiner Entscheidung aber ausgegangen. Es hat ausdrücklich formuliert: "Dem steht nicht entgegen, dass die Parole der SS in nationalsozialistischer Zeit "Meine Ehre heißt Treue" lautet. " Und weiter: "Der Unterschied zwischen "Meine Ehre heißt Treu" und "Unsere Ehre heißt Treue" ist geringfügig". Damit beruht das Urteil auf der Ablehnung des Beweisantrages nicht und h...