Leitsatz (amtlich)
Zur Annahme von Fluchtgefahr und zur Außervollzugsetzung eines Haftbefehls, wenn eine Kaution von Familienangehörigen gestellt wird.
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde wird mit folgender Maßgabe verworfen :
Der Vollzug des Haftbefehls des Landgerichts Bochum vom 9. April 2002 (21 KLs 46 Js 263/01 I 26/02 ) wird unter folgenden Auflagen außer Vollzug gesetzt :
1.
Der Angeschuldigte hat wieder in 45661 R. , Wohnung zu nehmen und jede Wohnsitzänderung dem Landgericht Bochum zu o. a. Aktenzeichen mitzuteilen.
2.
Der Angeschuldigte darf bis auf weiteres das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht verlassen. Reisen innerhalb Deutschlands, die länger als drei Tage dauern, sind vorher vom Landgericht Bochum zum o. a. Aktenzeichen anzuzeigen. Der Angeschuldigte hat seine Ausweispapiere (Personalausweis und Reisepass) dem Landgericht Bochum abzugeben und darf bis auf weiteres ggf. beantragte neue Personalpapiere nicht vom Einwohnermeldeamt in Empfang nehmen .
3.
Der Angeschuldigte hat allen Ladungen von Gerichten und Staatsanwaltschaften Folge zu leisten.
4.
Der Angeschuldigte hat sich zweimal wöchentlich, und zwar montags und donnerstags bei der für seinen Wohnsitz zuständigen Polizeidienststelle zu melden.
5.
Der Angeschuldigte hat eine Kaution von 10. 000, - Euro zu hinterlegen, die auch durch Bankbürgschaft erbracht werden kann.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft Bochum hat unter dem 18. März 2002 gegen den Angeschuldigten Anklage erhoben und zugleich den Erlass eines auf den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 3 b StPO gestützten Haftbefehls beantragt.
Ihm wird zur Last gelegt, in dem Zeitraum von 25. Januar 2001 bis zum 22. Mai 2001 durch insgesamt 26 selbständige Handlungen mit Betäubungsmitteln ( Kokain ) in nicht geringer Menge unerlaubt Handel getrieben zu haben, indem er von dem anderweitig Verurteilten A. zweimal 10 Gramm, dreimal 12 Gramm, einmal 15 Gramm, zweimal 18 Gramm, viermal 20 Gramm, viermal 25 Gramm, einmal 23 Gramm, zweimal 27 Gramm, einmal 28 Gramm, einmal 33 Gramm, einmal 35 Gramm, zweimal 40 Gramm, einmal 45 Gramm und einmal 60 Gramm erwarb, um damit Handel zu treiben.
Das Ermittlungsverfahren wurde gegen den Angeschuldigten eingeleitet, weil sich aus der Überwachung der Mobilfunkanschlüsse des anderweitig Verurteilten A. eine Vielzahl von Gesprächen zwischen diesen beiden ergab. Nach der Festnahme des A. am 29. Mai 2001 konnte mit Hilfe eines bei diesem sichergestellten Zettels und der Angaben der Zeugen H. und S. , die ebenfalls von A. Kokain bezogen hatten, der bei den telefonischen Bestellung zwischen A. und seinen Abnehmern verwandte code entschlüsselt werden. Aus der danach erfolgten Auswertung der zwischen dem Angeschuldigten und A. geführten Telefongespräche ergab sich der Verdacht, dass der Angeschuldigte die ihm in der Anklageschrift zur Last gelegten Mengen zum Zwecke des Handeltreibens erworben hat.
Anlässlich einer am 28. August 2001 in seiner Wohnung erfolgten Durchsuchung erfuhr er von dem Ermittlungsverfahren und den gegen ihn gerichteten Vorwürfen. Er gab bei dieser Gelegenheit an, mit dem Erscheinen der Polizei seit der Festnahme des A. gerechnet zu haben. Diesen kenne er nur flüchtig . Er habe lediglich mal anlässlich einer Wette mit ihm zu tun gehabt. Von BTM sei ihm nichts bekannt. Nachdem er sich zunächst zu einer Vernehmung am 31. August 2001 bereit erklärt hatte, sagte seine Verteidigerin diesen Termin ab und kündigte an, der Angeschuldigte werde sich allenfalls über sie zu dem Vorwurf äußern.
Der A. wurde, nachdem er am 21. November 2001 vom Landgericht Bochum ( 1 KLs 46 Js 202/00 ) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sieben Fällen rechtkräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden war, am 6. März 2002 in mehreren gegen als Erwerber Verdächtigte eingeleiteten Ermittlungsverfahren vernommen. Zum Angeschuldigten gab er an, diesen von Sportwetten gut zu kennen. Dieser habe bei ihm aber nie Drogen gekauft. Ihre Telefonate seien meistens um Sportwetten gegangen.
Nach Eingang der Anklageschrift vom 18. März 2002, dessen Datum sich aus den Zweitakten nicht ergibt, hat der Vorsitzende Richter der 1. Strafkammer des Landgerichts Bochum - Auswärtige Strafkammer Recklinghausen - am 28. März 2002 die Zustellung der Anklageschrift an den Angeschuldigten sowie die Übersendung einer Ausfertigung an dessen Verteidigerin verfügt. Außerdem hat er sie dem Berichterstatter mit dem Zusatz "( HB ? )" zugeschrieben. Ausweislich der Zustellungsurkunde ist der Angeschuldigte am 3. April 2002 über die Niederlegung der Sendung benachrichtigt worden.
Das Landgericht hat am 9. April 2002 gegen den Angeschuldigten wegen der ihm in der Anklageschrift zur Last gelegten Taten Haftbefehl erlassen. Als Haftgründe hat die Strafkammer Fluchtgefahr nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO und Verdunkelungsgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 3 b StPO angenommen und diese wie folgt begründet.
"Angesichts der Aussag...