Leitsatz (amtlich)
Bei dem Verkehrsradargerät Traffipax "speedophot" besteht wie bei allen Radarmessverfahren das Risiko von Reflektions-Fehlmessungen, wenn die Radarstrahlen von Flächen, insbesondere Metall und z.T. auch von Betonflächen, reflektiert werden.
Verfahrensgang
AG Gütersloh (Entscheidung vom 16.03.2004) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Gütersloh zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Gütersloh hat den Betroffenen wegen vorsätzlicher Begehung einer Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 41 Abs. 2 (Zeichen 274), 49 StVO, § 24 StVG zu einer Geldbuße in Höhe von 350,00 EUR verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer von zwei Monaten verhängt. Nach den zugrunde liegenden Feststellungen befuhr der Betroffene am 19.09.2003 gegen 16.13 Uhr als Führer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen BI-KI 7777 in Verl die Bielefelder Straße (L 791) in Fahrtrichtung Friedrichsdorf. In Höhe der Autobahnbrücke hielt er außerorts eine Geschwindigkeit von 134 km/h ein, obwohl an dieser Stelle die Geschwindigkeit durch Zeichen 274 des § 41 Abs. 2 StVO auf 70 km/h begrenzt war.
Der Betroffene hatte sich zur Sache nicht eingelassen. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Amtsgericht u.a. Folgendes ausgeführt:
"Die Höhe der vom Betroffenen gefahrenen Geschwindigkeit steht fest aufgrund des Messergebnisses der mobilen Überwachungsanlage des Typs Traffipax "speedophot" im Radareinsatzcontainer Typ "Speedoguard", wie es im Datenfeld des Lichtbildes Blatt 12 unten der Akte, auf dessen Einzelheiten gem. §§ 46 OWiG, 273 Abs. 1 Satz 3 StPO verwiesen wird, dokumentiert ist. Angesichts der im Messprotokoll niedergelegten Bemerkungen und der eichamtlichen Bescheinigung des Eichamtes Düsseldorf vom 04.09.2003 über die zum Vorfallszeitpunkt gültige Eichung des Geschwindigkeitsmessgerätes hat das Gericht keine Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Messung.
Deshalb brauchte auch den Beweisanträgen der Verteidigung nicht mehr nachgegangen zu werden. Dass keine Anullierungen vorhanden waren, ergibt sich bereits aus dem Messprotokoll, wo unter der Rubrik "Bemerkungen/Störungen im Einsatzverlauf" "keine" eingetragen ist. Weiterhin handelt es sich hier um ein standardisiertes Messverfahren. Sachverständiigengutachten sind bei derartigen Messungen nur erforderlich, wenn sich konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlmessung ergeben. Solche sind jedoch hier nicht ersichtlich.
Zudem sind die Beweisanträge verspätet gestellt. Es ist nicht ersichtlich, warum sie nicht bereits im Vorverfahren angekündigt worden sind, so dass im Falle ihrer Berücksichtigung eine Aussetzung der Hauptverhandlung nicht erforderlich gewesen wäre (vgl. § 77 Abs. 2 Ziff. 2 OWiG).
Von dem im Datenfeld des Lichtbildes vom Vorfall ausgewiesenen Messwert von 139 km/h wurde ein Toleranzabzug in Höhe von 5 km/h zugunsten des Betroffenen vorgenommen."
Das Amtsgericht hat es nach dem festgestellten Sachverhalt als erwiesen angesehen, dass der Betroffene vorsätzlich eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 41 Abs. 2 (Zeichen 274), 49 StVO, § 24 StVG begangen hat. In den Urteilsgründen heißt es hierzu:
"Er hat nämlich nicht nur die Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h nicht beachtet, sondern darüber hinaus die gem. § 3 Abs. 3 Ziff. 2 c StVO auf Bundesstrassen allenfalls zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 34 km/h überschritten. Eine derart hohe Differenz kann einem auch nur einigermaßen geübten Autofahrer nicht verborgen geblieben sein. Es ist davon auszugehen, dass der Betroffene allein schon visuell bemerkt hat, dass er erheblich schneller als 100 km/h fuhr."
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde. Er rügt mit näheren Ausführungen die Verletzung formellen Rechts, nämlich die rechtsfehlerhafte Ablehnung in der Hauptverhandlung gestellter Beweisanträge und die Verletzung der dem Amtsgericht obliegenden Amtsaufklärungspflicht. Ferner hat der Betroffene die Sachrüge erhoben, durch die er u.a. die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Verkehrsordnungswidrigkeit beanstandet.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache einen zumindest vorläufig Erfolg und führt auf die erhobene Verfahrensrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in vollem Umfang und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Gütersloh.
Mit Erfolg rügt die Revision die Ablehnung der im Hauptverhandlungstermin gestellten Beweisanträge der Verteidigung gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG. Die Anträge zum Beweis des Vorliegens einer fehlerhaften Messung durch Ladung und Vernehmung des Messbeamten H. und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sind durch das Amtsgericht zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt worden, dass sie zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich seien. Diese Rügen sind auch ordnungsgemäß ausge...