Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss des Auskunftsrechts eines Elternteils
Leitsatz (amtlich)
Der Ausschluss oder die Einschränkung des Auskunftsrechts nach § 1686 BGB stellt jedenfalls dann, wenn für den betroffenen Elternteil eine andere Möglichkeit, sich über die Entwicklung des gemeinsamen Kindes zu informieren nicht besteht, einen schweren Eingriff in die grundgesetzlich garantierten Rechte des Kindes und in das Elternrecht nach Art. 6 Abs. 1, 2 GG dar. Eine solche Maßnahme ist nur dann gerechtfertigt, wenn die akute Gefahr des Missbrauchs durch den Auskunftsberechtigten besteht und mildere Mittel zum Schutz des betroffenen Kindes nicht verfügbar sind.
Normenkette
BGB § 1686
Verfahrensgang
AG Essen (Beschluss vom 06.02.2009; Aktenzeichen 103 F 290/08) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Essen vom 6.2.2009 unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen in Ziff. 2 seines Tenors teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller zweimal im Jahr, jeweils zum 31.1. und 31.8. ein aktuelles Foto aller drei gemeinsamer Kinder, C (geb. 14.7.1996), C1 (geb.23.6.1999) und C2 (geb. 25.5.2001) zu übersenden.
Dem Antragsgegner wird untersagt, die ihm zugesandten Fotos dritten Personen zugänglich zu machen. Von dem Verbot ausgenommen sind die Eltern des Antragsgegners, seine Geschwister und deren Kinder.
2. Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz werden den beteiligten Kindeseltern zu je 1/2 auferlegt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die beteiligten Kindeseltern sind geschiedene Eheleute seit dem 4.6.2009. Die drei im Tenor genannten, aus der Ehe hervorgegangenen Kinder leben seit der Trennung der Parteien am 30.3.2007 bei der Antragsgegnerin unter dem Antragssteller nicht bekannter Anschrift. Umgangskontakte der Kinder mit dem Antragsteller haben seit der Trennung nicht stattgefunden.
Mit Beschluss des AG - Familiengericht - Essen vom 21.9.2007 (Az.: 103 F 184/07) ist die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder auf die Antragsgegnerin allein übertragen worden. Außerdem hat das Familiengericht das Recht des Antragstellers auf Umgang mit den Kindern bis zum 30.3.2008 ausgeschlossen. Seine Beschwerde gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller im Senatstermin vom 2.12.2008 (Az.: 2 UF 216/07) zurückgenommen, nachdem alle drei Kinder im Rahmen der Anhörung durch den Senat massive Angst vor dem Kindesvater bekundet und den Umgang mit ihm nachhaltig abgelehnt hatten.
Im vorliegenden Verfahren macht der Antragsteller von seinem Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB Gebrauch. Das Familiengericht hat seinem Antrag im Wesentlichen stattgegeben und die Antragsgegnerin verpflichtet, ihm zweimal jährlich, jeweils 2 Wochen nach Erhalt der Schulzeugnisse, Auskunft zu erteilen durch Vorlage eines schriftlichen Berichts über den Gesundheitszustand der Kinder und über die schulischen Leistungen der Kinder durch Vorlage von Schulzeugnissen mit der Einschränkung, dass es der Antragsgegnerin gestattet hat, die Anschrift der Schule und die Namen der Lehrer unkenntlich zu machen. Außerdem hat es der Antragsgegnerin aufgegeben, dem Antragsteller zweimal jährlich jeweils 2 Wochen nach Erhalt der Schulzeugnisse aktuelle Fotografien der Kinder zu übersenden.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Verpflichtung zur Übersendung der Fotografien von den Kindern. Sie äußert die Befürchtung, der Antragsteller könne die Fotos der Kinder dazu missbrauchen, ihre Anschrift zu ermitteln, um Kontakt mit den Kindern aufzunehmen. Sie weist darauf hin, dass sich der Antragsteller - was zwischen den beteiligten Kindeseltern unstreitig ist - im Herbst 2007 telefonisch bei einer türkischen Fernsehshow gemeldet habe. In der Sendung habe er die Zuschauer aufgefordert, sich bei ihm zu melden, wenn ihnen der Aufenthaltsort der Antragsgegnerin und der Kinder bekannt sei. Sie ist der Ansicht, dass eine durch den Vater erzwungene Kontaktaufnahme derzeit dem Wohl der Kinder widerspreche.
Die Antragsgegnerin beantragt, abändernd den Antrag des Antragstellers auf Übersendung aktueller Fotografien von den Kindern zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Er weist darauf hin, dass er derzeit keine andere Möglichkeit habe, sich über die Entwicklung der Kinder zu informieren und dass der älteste Sohn C im Rahmen seiner Anhörung im Senatstermin vom 2.12.2008 im Verfahren 2 UF 216/07 ggü. dem Senat geäußert habe, dem Antragsteller ein paar Fotos von ihm übersenden zu wollen.
Der Senat hat die beteiligten Kindeseltern und die betroffenen Kinder im Termin am 10.11.2009 persönlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Inhalt des Berichterstattervermerks vom 10.11.2009 und wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten auf den Inhalt der gewechselten Schrif...